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Wirtschaft: Millionenausfälle bei Riester Kunden verschenken jedes Jahr viel Geld,

weil sie die staatlichen Zulagen nicht beantragen

Berlin - Detlef Haacker kämpft um jeden Euro. Nicht für sich, sondern für seine Kunden. Denn viele von ihnen verschenken bares Geld. Das will der AllianzMann verhindern. In den Berliner Treptowers bearbeiten er und seine 20 Kollegen die Anträge, die Riester-Sparer stellen müssen, um die staatlichen Zulagen für die private Altersvorsorge zu bekommen. Doch in jedem dritten Fall sind die Formulare gar nicht oder falsch ausgefüllt. „Besonders die Menschen, die Kinder haben oder wenig verdienen, stellen oft keinen Antrag“, berichtet Haacker, der das Riester-Team in Berlin leitet. Dabei würden gerade sie von den staatlichen Zulagen besonders profitieren.

Wer einen Riester-Vertrag bei einer Versicherung, einer Fondsgesellschaft oder einer Bank abschließt, bekommt Zuschüsse vom Bundesfinanzminister. Derzeit sind es 114 Euro im Jahr als Grundzulage für jeden Vertrag. Pro Kind gibt es noch einmal 138 Euro dazu. Ab 2008, wenn die Riester-Förderung noch einmal ausgeweitet wird, steigt die Grundförderung auf 154 Euro, die Kinderzulage auf 185 Euro. Das Problem: Das Geld gibt es nicht automatisch, die Zulagen muss man beantragen – das geht höchstens für zwei Jahre rückwirkend. In diesem Jahr kann man sich also noch die Zulagen für das Jahr 2005 sichern. Was vorher war, ist unwiderruflich weg, wenn man keinen gültigen Antrag gestellt hat.

Mit fatalen Folgen: Allein bei der Allianz entgehen den Versicherten so im Jahr rund 55 Millionen Euro, schätzt Haacker. Ab 2008 werden es – wegen der höheren Zulagen – sogar 74 Millionen sein, wenn die säumigen Kunden nicht doch noch aktiv werden. Bedenkt man, dass ein Riester-Vertrag rund 30 Jahre läuft, summieren sich die Ausfälle allein bei der Allianz auf 2,2 Milliarden Euro. Der größte deutsche Versicherer hat einen Anteil von 20 Prozent am Riester-Markt, insgesamt würden sich die Zulagenausfälle damit – rein rechnerisch – auf elf Milliarden Euro summieren. Das entlastet zwar den Bundeshaushalt, schadet aber den Verbrauchern, die so im Alter eine geringere Rente bekommen.

Um das zu verhindern, sind Haacker und seine Kollegen da. Durch ihre Hände gehen alle 1,2 Millionen Riester-Verträge der Allianz. Ist der Antrag fehlerhaft oder gibt es erst gar keinen, rufen sie an. 30 000 Kunden waren es allein im vergangenen Jahr. Doch obwohl sich die Leute über die Anrufe gefreut haben, hat nur jeder Dritte reagiert. „Nur 10 000 Leute haben ihren Antrag im vergangenen Jahr dann doch noch eingereicht“, berichtet Haacker. „Viele Leute wollen sich mit dem Thema nicht befassen“, glaubt Livia Gondos, Leiterin der Privatkundenabteilung bei der Allianz in Berlin.

Dabei ist die Antragstellung jetzt deutlich einfacher als früher. Seit 2005 gibt es den sogenannten Dauerzulagenantrag. Dabei muss der Riester-Sparer nur noch einmal das Formblatt mit seinen persönlichen Angaben ausfüllen und kann seine Versicherung, die Bank oder die Fondsgesellschaften damit beauftragen, in seinem Namen die Zulagen zu beantragen. Nur wenn sich an den persönlichen Verhältnissen etwas ändert, muss man das der Zentralen Zulagenstelle, die die Riester-Zulagenkonten verwaltet, mitteilen.

Die Zulagenkonten sind seitdem deutlich gestiegen. Das liegt aber nicht nur an der Entbürokratisierung, sondern auch am derzeitigen Riester-Boom. Über acht Millionen Verträge gab es Ende 2006. Verglichen damit hinken die Zulagenkonten hinterher. Heute verwaltet die Zulagenstelle 5,4 Millionen Konten, 2004 waren es gerade einmal 2,2 Millionen Zulagenkonten gewesen. „Der Dauerzulagenantrag hat das Verfahren deutlich vereinfacht“, sagt Stephan Gelhausen vom Versicherungsverband GDV.

Auch bei der Aachen-Münchener-Gruppe sieht man die Entwicklung positiv. „Die Zulagenquote ist von 65 Prozent im Jahr 2005 auf über 71 Prozent gestiegen“, sagt Sprecher Andreas Krosta. Das ist auch bei der Allianz so. „Mit den 70 Prozent, die einen Dauerzulagenantrag gestellt haben, haben wir keine Probleme“, sagt Haacker. Wohl aber mit denen, die das nicht getan haben.

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