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Wirtschaft: „Mindestlöhne vernichten keine Jobs“

Gewerkschafts-Studie empfiehlt Einführung auch in Deutschland

Berlin - Die Einführung eines Mindestlohns würde in Deutschland zu steigenden Preisen und sinkenden Unternehmensgewinnen führen. Das sagte am Dienstag in Berlin Claus Schäfer vom gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) bei der Vorstellung einer Studie zu Mindestlöhnen in Europa. Dennoch, Arbeitsplätze würde die Einführung einer Lohnuntergrenze nicht kosten – das hätten die Beispiele von Großbritannien oder Irland gezeigt, wo es Mindestlöhne seit Ende der 90er Jahre gebe.

Mindestlöhne gibt es laut WSI aktuell in 18 von 25 EU-Staaten, außerdem in den USA. In Großbritannien, Irland, Frankreich und den Benelux-Staaten liegen sie zwischen 7,36 und 8,69 Euro pro Stunde. In den südeuropäischen Ländern variieren die Löhne zwischen 2,62 und 3,86 Euro, während sie in den mittel- und osteuropäischen Ländern zwischen 0,67 und 1,58 Euro betragen. Die Bundesregierung streitet derzeit darum, ob auch in Deutschland eine solche Untergrenze eingeführt werden soll. Derzeit gibt es tarifliche Mindestlöhne nur am Bau, im Dachdecker- sowie im Maler- und Lackierhandwerk. Die Wirtschaft und einige Forscher fürchten aber, dass Mindestlöhne für alle Branchen bestehende gering bezahlte Arbeitsplätze vernichten könnten.

„Mindestlöhne würden die Betriebe vor Sozialdumping schützen. Zudem würde sich die Lage der drei Millionen Geringverdiener verbessern – dann müsste der Staat Armut nicht durch Sozialtransfers ausgleichen und würde viel Geld sparen“, erklärte Schäfer. Einen Mindeststundenlohn von 7,50 bis neun Euro, über einen Zeitraum von drei Jahren eingeführt, nannte er „vernünftig“.

In sechs der sieben EU-Länder ohne Mindestlohn sorgten die Tarifvertragsparteien wirkungsvoll für faire Untergrenzen bei der Bezahlung. Nur hier zu Lande funktioniere das nicht. „In Deutschland nimmt die Zahl tarifgebundener Arbeitnehmer seit Jahren ab“, urteilte Schäfer. Das schwäche die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften. Die Bundesrepublik habe mittlerweile den am wenigsten regulierten und gesicherten Niedriglohnsektor aller Industrieländer.

In Großbritannien sei der Mindestlohn 1999 eingeführt worden und seither um 40 Prozent gestiegen – im selben Zeitraum sei die Arbeitslosigkeit um ein Viertel gesunken. Allerdings räumte das WSI auch ein, dass sich die britische Wirtschaft damals zugleich in einer langen Wachstumsphase befunden habe. In den meisten anderen Ländern seien Mindestlöhne zum Teil schon vor Jahrzehnten eingeführt worden, die Wirkung auf die Beschäftigung sei daher nicht mehr festzustellen.

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