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Auf mindestens neun Euro müsse der Mindestlohn steigen, forderte Verdi-Chef Frank Bsirske einen Tag vor der entscheidenden Sitzung der Mindestlohnkommission.

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Mindestlohn: 8,85 Euro pro Stunde? Oder sogar neun?

Arbeitgeber und Gewerkschaften ringen um einen Kompromiss beim Mindestlohn. Verdi-Chef Frank Bsirske legt jetzt nochmal nach.

Die Vorlage von Frank Bsirske ist ziemlich steil und wird von den eigenen Leuten nicht erreicht werden. Auf mindestens neun Euro müsse der Mindestlohn steigen, forderte der Verdi-Chef am Montag, einen Tag vor der entscheidenden Sitzung der Mindestlohnkommission.

Die paritätisch aus Arbeitgebern und Gewerkschaftern zusammengesetzte Kommission entscheidet erstmals über die Erhöhung der gesetzlichen Lohnuntergrenze, die vor anderthalb Jahren eingeführt wurde und bei 8,50 Euro liegt. Maßgeblich  für die Erhöhung ist der Tarifindex des statistischen Bundesamtes, in dem alle Tarifabschlüsse von Januar 2015 bis heute einfließen. Doch was tatsächlich im Index berücksichtig wird, ist schwer umstritten.

Methode mit enormer Tragweite

Die Statistiker legen nicht den Zeitpunkt des Abschlusses oder des Inkrafttretens eines Tarifvertrags zugrunde, sondern die erstmalige Auszahlung der Tariferhöhung. Die Tragweite dieser merkwürdigen Methodik ist enorm, weil danach der bereits Ende April abgeschlossene Tarif für den öffentlichen Dienst der Kommunen und beim Bund nicht berücksichtigt wird.

Nach diesem Abschluss bekommen die rund zwei Millionen Beschäftigten zwar von März an 2,4 Prozent mehr Geld. Die Lohnbuchhaltung in den Städten und Gemeinden ist aber so träge, dass das Geld frühesten im Juli ausgezahlt wird. Wenn deshalb aber dieser Tarifvertrag nicht in den statistischen Tarifindex einfließt, steigt der Mindestlohn nur um 27 und nicht um 33 Cent.

Nächste Erhöhung steht 2019 an

Die Gewerkschaften beharren aber auf 33 Cent, einer Erhöhung auf  8,83 Cent. Und die Arbeitgeber haben bereits durchblicken lassen, sich in dem Fall einer Aufrundung auf 8,85 Euro nicht verschließen zu wollen. Aber nur unter der Bedingung einer Ergänzung der Geschäftsordnung, die sich die Mindestlohnkommission selbst gegeben hat. In dieser Ergänzung will Reinhard Göhner, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände und Mitglied der Kommission, festschreiben, dass ausnahmsweise die 2,4 Prozent für den öffentlichen Dienst jetzt mitgerechnet werden dürfen.

Bei der nächsten Erhöhung des Mindestlohns, die 2019 ansteht, soll dann aber der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst nicht mehr eingehen. Die Gewerkschaftsvertreter in der Kommission wollten sich aber nicht darauf einlassen.

Was neben der Höhe umstritten ist

Kommissionspräsident Jan Zilius hat wenig Zeit, um an diesem Dienstag einen Kompromiss zu finden: Um 12 Uhr beginnt die Sitzung der Kommission, gut zwei Stunden später will der 70-jährige ehemalige RWE-Manager Zilius schon die Öffentlichkeit informieren. Nicht nur die Höhe des Mindestlohns ist zwischen den Sozialpartnern umstritten, sondern auch der erste Bericht der Kommission über die bisherigen Erfahrungen. Den Gewerkschaftern missfällt der Ton des von der hauptamtlichen Geschäftsstelle der Kommission verfassten Berichts. Sie erwägen deshalb ein abweichendes Votum.

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