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Wirtschaft: Mini-Orders bitte möglichst auf dem Parkett

Früher war, das weiß jeder, alles anders - auch für die Händler und Makler an der Börse.Sie gingen am späten Morgen zwei oder drei Stunden auf das Parkett, wickelten ein paar Orders ab und verschwanden danach ins Kaffee- oder Wirtshaus.

Früher war, das weiß jeder, alles anders - auch für die Händler und Makler an der Börse.Sie gingen am späten Morgen zwei oder drei Stunden auf das Parkett, wickelten ein paar Orders ab und verschwanden danach ins Kaffee- oder Wirtshaus.Dort ging dann der eigentliche Handel erst richtig los.Es wurde mit Kollegen und Spekulanten diskutiert, die neuesten Informationen und Gerüchte machten die Runde, und schnell wurde die Gelegenheit genutzt, noch ein Aktienpaket an einen Kollegen zu verschachern oder ein offenes Geschäft vom Morgen günstig zu schließen.Faktisch war das die Erfindung des außerbörslichen Handels.

Heutzutage sind die Cafés, Kneipen und Imbisse rund um die Börse gegen Mittag verwaist, denn der wachsende Wettbewerb um Anlagegelder zwingt auch die Börsen zu mehr Service.Seit Juli diesen Jahres zum Beispiel wird in Frankfurt von 8 Uhr 30 bis 17 Uhr gehandelt.Die Verlängerung gilt allerdings nur für den sogenannten variablen Handel, zu dem nur die umsatzstärksten Aktien zugelassen sind - etwa die hundert Werte aus dem Dax und MDax.

Das Besondere am variablen Handel ist, daß für jede Order ein Einzelgeschäft zu einem gesonderten Kurs - auch variabler Kurs oder variable Notierung genannt - abgeschlossen wird.Die Aneinanderreihung der fortlaufend festgestellten Notierungen am Ende eines Handelstages ergibt ein Bild über den Kurstrend einer bestimmten Aktie an einem Börsentag.

Damit sich das Ganze für Banken und Börse lohnt, müssen Orders, die im variablen Handel ausgeführt werden sollen, eine bestimmte Größe aufweisen.Sie beträgt mindestens 50 Stück oder ein Vielfaches davon bei 50-D-Mark-Aktien und 100 Stück oder ein Vielfaches davon bei 5-D-Mark-Papieren.Kleinaufträge, die weniger als 50 beziehungsweise 100 Stück umfassen, und Orders für Aktien, die nicht zum variablen Handel zugelassen sind, werden zum sogenannten Kassakurs abgewickelt.Diesen Kassakurs stellt der amtliche Börsenmakler nur einmal am Tag fest - in der Regel zwischen 12 Uhr 15 und 12 Uhr 30.Für Kleinanleger ein echter Nachteil, denn das bedeutet, daß sie ihre Aufträge meist bis 11 Uhr oder 11 Uhr 30 bei ihrer Bank abgegeben haben müssen - sonst kommen sie erst am nächsten Tag zum Zuge.

Zum Kassakurs werden auch die Bruchstücke von größeren Orders gehandelt, die nicht für den variablen Handel geeignet sind.Bei einem Verkaufsauftrag von 80 Stück zum Beispiel würden 50 Stück zum variablen Kurs und 30 Stück zum Kassakurs abgerechnet - es sei denn, der Anleger gibt seiner Bank den Auftrag, die komplette Order in den Kassahandel zu geben.

Eine Ausnahme bilden die Aktien des Neuen Marktes.Über das elektronische Handelssystem Xetra werden für sie während der ganzen Handelszeit auch Mini-Orders abgewickelt.Das soll ab 12.Oktober für alle anderen in Frankfurt gehandelten Werte ebenfalls möglich sein.Statt eines regelmäßig festgestellten Kassakurses wird es dann eine Art Auktion geben, auf der Kleinorders ausgeführt werden sollen.

Bis dahin allerdings haben Kleinanleger gegenüber den Profis das Nachsehen.Denn sie können, wenn der Annahmeschluß ihrer Bank vorbei ist, auf aktuelle Tagesereignisse nicht mehr reagieren - es sei denn, sie gehen an eine der sieben Regionalbörsen in Deutschland.Die haben nämlich die Mindestordergrößen für den variablen Handel kurzerhand abgeschafft.

Wer auch nur eine einzige Aktie kaufen oder verkaufen will, kann dies zum Beispiel in Berlin, in Düsseldorf, in Bremen oder Stuttgart bis um 17 Uhr erledigen.Der Anleger muß seiner Bank lediglich bei der Auftragserteilung mitteilen, an welcher Börse seine Order geleitet werden soll.

PETER HEIN

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