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Nur Mini. Der Einzelhandel gehört zu den Wirtschaftsbereichen, die die meisten geringfügig Beschäftigten einsetzen. Insgesamt gibt es fast 7,4 Millionen Minijobber.  Foto: D. Hecker/ddp

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Minijobs: Wenig Arbeit trotz guter Ausbildung

7,4 Millionen Minijobber gibt es in Deutschland - die meisten haben eine Ausbildung oder sogar einen akademischen Abschluss

Die Wirtschaft übersieht offenbar das Potenzial von ein paar Millionen geringfügig Beschäftigter. Jedenfalls hat der DGB in einer neuen Studie ermittelt, „dass insgesamt 2,22 Millionen Fachkräfte von 25 bis 64 Jahren mit einem Berufsabschluss und 279 612 Personen mit einem akademischen Abschluss ausschließlich in Minijobs beschäftigt sind“. Erstaunlich sind dabei die Zustände im Bereich Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung, in dem häufig über Fachkräftemangel geklagt wird. „Hier weiß man von 219 000 beruflich qualifizierten Fachkräften und 45 000 Akademikern von 25 bis 64 Jahren, dass sie ausschließlich in Minijobs arbeiten“, heißt es in der Studie, die dem Tagesspiegel vorliegt. Alles in allem hätten 51 Prozent der Minijobber in der genannten Altersspanne eine Ausbildung oder einen akademischen Abschluss.

Der DGB will die 450-Euro-Mauer abreißen

Schlussfolgerung des DGB: Minijobs in der bisherigen Form abschaffen, indem vom ersten Euro an Sozialbeiträge abzuführen sind. „Die ,450-Euro-Mauer’ wird somit überwunden und es bestehen Anreize für die Arbeitgeber, die Arbeitszeit auszudehnen“, schreibt der DGB in der Studie unter dem Titel „Minijobs: Sackgasse für qualifizierte Arbeitskräfte.“

Minijobber verdienen im Monat maximal 450 Euro. Sie sind von der Sozialversicherung (außer Rente) wie von der Einkommenssteuer freigestellt. Anders als die Arbeitnehmer müssen die Arbeitgeber für „ihre“ geringfügig Beschäftigten Beiträge zur Sozialversicherung und Steuern abführen. Nach Angaben des DGB beläuft sich die Belastung für die Arbeitgeber bei Minijobs im gewerblichen Bereich auf rund 32 Prozent des Bruttolohns und im privaten Bereich auf 15 Prozent. Im Rahmen der Hartz-Gesetze waren die Jobs vor rund zehn Jahren unter anderem mit dem Ziel eingeführt worden, Langzeitarbeitslosen und Müttern eine Brücke in reguläre Beschäftigungsverhältnisse zu bauen und Schwarzarbeit einzudämmen. „Beide Hoffnungen haben sich nicht erfüllt“, meint der DGB.

Wegen des Mindestlohns gibt es weniger Minijobber

Im August waren hierzulande knapp 7,4 Millionen Personen geringfügig beschäftigt. Das sind rund 128 000 weniger als vor einem Jahr. Hier wirkt sich der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro aus, der seit Januar gezahlt werden muss. In der Folge wurde häufiger die 450- Euro-Schwelle übersprungen und aus dem Minijobber eine Teilzeitkraft.

Die DGB-Statistiker unterscheiden zwei Arten von Minijobbern: Ausschließlich in Minijobs beschäftigt waren zuletzt 4,85 Millionen; die Zahl der Arbeitnehmer, die einen Minijob als Nebenjob haben, lag bei 2,5 Millionen. Alles in allem kommt auf vier sozialversicherungspflichtige Jobs hierzulande ein Minijob. Der ganz überwiegende Teil der geringfügig Beschäftigten ist weiblich, bei den ausschließlich Minijobbenden sind 63 Prozent Frauen. „Der hohe Frauenanteil ist Folge von gezielten staatlichen Fehlanreizen“, heißt es in der DGB-Studie. Dabei würden gerade auch die Frauen oftmals gerne mehr arbeiten.

Die Koalitionsvereinbarung wird nicht umgesetzt

Die Bundesregierung wird von den Autoren der Studie an ihre Koalitionsvereinbarung erinnert, wonach „die Übergänge aus geringfügiger in reguläre sozialversicherte Beschäftigung zu erleichtern“ sind. Der DGB schlägt dazu die Gleichbehandlung bei den Arbeitsbedingungen vor, Minijobber sollten einen Anspruch auf bezahlten Urlaub und die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bekommen. Und die Jobcenter könnten mit einer Qualifzierungsoffensive die Minijobber für reguläre Arbeit fit machen. „Hier liegen Potenziale von ca. 850 000 qualifizierten Arbeitskräften brach“, hat der Gewerkschaftsbund ausgerechnet.

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