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Wirtschaft: Minister Müller zieht Fusionserlaubnis zurück Das Verfahren Eon-Ruhrgas wird neu aufgerollt

Berlin (asi/fo/hej). Erstmals in der deutschen Geschichte wird eine Ministererlaubnis für die Fusion von Unternehmen zurückgezogen.

Berlin (asi/fo/hej). Erstmals in der deutschen Geschichte wird eine Ministererlaubnis für die Fusion von Unternehmen zurückgezogen. Wie das Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag mitteilte, wird es eine neue Ministererlaubnis zur Fusion der Energiekonzerne Eon und Ruhrgas geben. Ein Sprecher des Ministeriums sagte dem Tagesspiegel, Staatssekretär Alfred Tacke werde am 5. September eine neue Anhörung der beteiligten Verbände und Unternehmen zur Fusion „persönlich“ durchführen. „Danach wird es eine neue Entscheidung geben“, sagte der Sprecher.

Der heftig umstrittene Zusammenschluss liegt derzeit auf Eis, nachdem das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf auf Betreiben von Konkurrenten Verfahrensfehler entdeckt hatte. Unter anderem fand die gesetzlich vorgeschriebe Anhörung am 29. Mai ohne Tacke statt, dem der eigentlich zuständige Wirtschaftsminister Werner Müller die Entscheidung übertragen hatte. Müller galt als befangen, weil er früher für die Eon-Vorgängerfirma Veba gearbeitet hatte. Eon sah sich gestern auf Anfrage nicht in der Lage, eine Stellungnahme abzugeben.

Staatssekretär Tacke werde über den Antrag der Konzerne Eon und Ruhrgas „unter dem Eindruck der Anhörung Anfang September“ entscheiden, erläuterte der Sprecher des Ministers am Donnerstag Abend. Damit ist nicht nur der Ausgang des Erlaubnis-Verfahrens wieder offen. Auch die Bedingungen zur Freigabe der Fusion, die Tacke bei seiner ersten Ministererlaubnis am 5. Juli formuliert hatte, werden im Falle einer erneuten Erlaubnis neu formuliert. Die Auflagen bestanden unter anderem darin, dass sich Eon und Ruhrgas von ihren Beteiligungen Bayerngas und Verbundnetz Gas aus Leipzig trennen müssen. Der Sprecher des Ministeriums wies explizit darauf hin, dass das „Ergebnis der neuen Ministererlaubnis offen“ sei.

Das Verfahren soll ab Anhörung neu aufgerolt werden. Ines Zenke, Anwältin bei der Kanzlei Becker Büttner Held, ist der Meinung, dass die geplante Nachholung der Anhörung im September nicht geeignet ist, die Verfahrensfehler zu heilen. Die Kanzlei hatte im Auftrag mehrerer Energieunternehmen Beschwerde gegen die Ministererlaubnis beim OLG Düsselorf eingelegt und damit den Vollzug der Fusion vorerst stoppen können. Es genüge auch nicht, so Zenke, das Verfahren ab öffentlicher Anhörung neu aufzurollen. Es müsse vielmehr ganz von vorne beginnen. Ines Zenke: „Ein fehlerhaft durchgeführtes Strafverfahren, dass erneut startet, beginnt auch nicht mit dem Schlusswort des Angeklagten.“

In einem neuen Verfahren müsste nach ihrer Meinung dann auch das vorgeschriebene Gutachten der Monopolkommission erneut eingeholt werden. Insgesamt dauert eine Ministererlaubnis etwa sechs Monate vom Zeitpunkt des Antrags.

Unter Kartellrechtsexperten ist umstritten, ob eine Wiederholung der Anhörung die Formfehler heilen kann. Es sei nicht zwingend nötig, das gesamte Verfahren wieder aufzurollen, meint Franz Jürgen Säcker, Direktor des Instituts für deutsches und europäisches Wirtschafts-, Wettbewerbs- und Energierecht an der Freien Universität Berlin. Jedoch müsse der zuständige Politiker entscheiden. Nach Einschätzung Säckers ist für die Prüfung der Ministererlaubnis nicht Alfred Tacke, sondern Bundesfinanzminister Eichel zuständig. Das heißt: Eine erneute Anhörung in Anwesenheit des Staatssekretärs heilt die Verfahrensfehler nicht.

Das sieht auch Hans-Peter Schwintowski, Professor für Wettbewerbsrecht an der Berliner Humboldt-Universität, so. Tacke sei für das Verfahren nicht zuständig. Anders als Säcker glaubt Schwintowski aber nicht an die Möglichkeit, Verfahrensfehler durch eine erneute Anhörung zu beseitigen. Vielmehr müsse das gesamte Verfahren noch einmal durchgeführt werden.

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