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Wirtschaft: Mit dem "Officer" den Plattenfirmen helfen

BERLIN .Sein Arbeitstag ist "unmenschlich", sagt Rudolf Chelbea selbst.

BERLIN .Sein Arbeitstag ist "unmenschlich", sagt Rudolf Chelbea selbst.Jeden morgen steht der 29jährige um fünf Uhr auf, sitzt bis elf Uhr am Computer und programmiert."Da habe ich meine Ruhe, um fünf ruft nämlich noch keiner an," sagt der Jungunternehmer.Den Rest des Tages ist er unterwegs, um sein Produkt zu vermarkten.Vor zwei Uhr nachts kommt er selten ins Bett.Drei Stunden später sitzt er wieder am Computer.Gemeinsam mit seinem Schulfreund Tobias Hagen (30) hat er im April die Firma Hagen & Chelbea gegründet.Beide arbeiten aber bereits seit zwei Jahren an ihrem "Officer": einer hochspezialisierten Branchen-Software, die alle Arbeitsbereiche einer Plattenfirma (neudeutsch: Record Label) in einem Programm integriert."Wenn das Programm einmal installiert ist, dann übernimmt es die ganze Verwaltungsarbeit", sagt Chelbea."Officer" hilft bei der Produktion, der Promotion, dem Verkauf und bei der Abrechnung.

Rund 3000 Labels gibt es in Deutschland schätzen Hagen und Chelbea, circa 20 große, der Rest kleine und mittlere Unternehmen."Das ist unser Markt", sagt Hagen, und Chelbea fügt hinzu: "Unser Produkt ist für alle Firmen, weil wir das Chaos in den Griff kriegen." Etwas vergleichbares gebe es in der Branche noch nicht."Die haben alle selbstgestrickte Systeme" sagt Hagen.Mit fünf mittelgroßen Unternehmen stehen sie bereits in Verhandlungen.Dort sollen ganze Netzwerke installiert werden, das Auftragsvolumen liegt bei jeweils 40 000 bis 50 000 DM.30 kleinere Einsteiger-Versionen des Officers für 2000 DM haben die beiden schon verkauft.

Hagen kümmert sich vor allem um das Marketing, für die Entwicklung des Programms ist Chelbea zuständig, vier freie Mitarbeiter unterstützen ihn beim Programmieren.Die finanzieren damit ihr Studium."Wir können Leute erst fest anstellen, wenn die Aufträge da sind und wir eine gewisse Konstanz bei den Bestellungen haben", sagt Hagen.Und es ist auch nicht einfach, die richtigen Leute zu finden."Ein Informatiker bringt mir nichts", erklärt Chelbea."Es muß jemand sein, der programmieren kann und gleichzeitig Ahnung von der Arbeit eines Labels hat."

Oft gehe es vor allem bei den kleinen Plattenfirmen chaotisch zu.Viele junge Leute arbeiten dort mit dem Kopf voll guter Ideen.Und wenn die erste Platte draußen ist und der Erfolg kommt, "dann knallts", sagt Chelbea.Denn von Organisation und Planung und von finanziellen Dingen verstehen die jungen Labels meist zu wenig."Und die Verwaltung von einem Label kann höllisch sein," sagt Hagen.Wer bekommt eine Promo-CD, wie wird mit der Gema abgerechnet, was bekommen die Künstler an Tantiemen? Antworten bietet der "Officer", ein kleines Abbild der Realität, in dem die ganze Geschäfts-Struktur nachgebaut ist."Wir geben auch bestimmte Dinge vor, zum Beispiel effiziente Verteilerlisten, die die Arbeit sehr erleichtern", sagt Chelbea."Und die Leute haben den Kopf frei für kreatives Arbeiten."

Bevor die beiden richtig loslegten, haben sie zunächst einen Business-Plan erstellt und Marktforschung betrieben."Wir sind das sehr professionell angegangen", sagt Hagen, der Wirtschaftsingenieurwesen an der TU studiert hat."Nicht aus Verlegenheit, sondern aus Überzeugung" hat er sich gegen eine Laufbahn an der Uni entschieden.Als Assistent an der TU habe er eine gewisse finanzielle Sicherheit gehabt, "hier sieht es erstmal anders aus".Zwar haben Hagen und Chelbea keine Schulden für die Firma gemacht, aber jede Mark, die reinkommt, wird gleich wieder in die Firma investiert.Trotzdem können die beiden davon leben."Dicke Autos - da stehen wir nicht drauf.Aber wir wollen Spaß an der Arbeit haben und davon gut leben können", sagt Chelbea, der Zahnarzt ist, aber in diesem Beruf nicht mehr arbeiten will."Die Perspektiven als Zahnarzt sind grausam."

Beiden ist es wichtig, flexibel zu sein und selbst entscheiden zu können, was sie tun und wie.Ihr Büro in der Veteranenstraße teilen sie mit Fotografen, Grafikern, einem Musikverlag und einem Label.So erleben sie mit, was ihre Kunden tatsächlich brauchen.Außerdem macht die Arbeit einfach mehr Spaß.Und es kommt ihnen darauf an, daß ihre Kunden von ihrem Produkt genauso begeistert sind, wie sie selbst."Aber ein super Produkt allein bringt es auch nicht", sagt Hagen."Man muß es auch verkaufen." Deshalb sind die beiden viel unterwegs in der ganzen Republik.Den Rest Europas und Japan haben sie bereits im Visier.

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