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Wirtschaft: Mit den Kindern ins Büro

Im ersten stadtweiten Wettbewerb für familienfreundliche Unternehmen steht jetzt die Preisverleihung bevor

Familienfreundliche Personalpolitik, die Mitarbeiter motiviert, bindet und so dem Unternehmen nützt, ist gar nicht so schwer, sagen die Initiatoren des „1. Landeswettbewerbs Unternehmen für Familie – Berlin 2010“. Die vier Gewinner stehen jetzt fest und sollen andere zum Nachmachen animieren.

Chefs, die Zimmer für Kinder in der Firma einrichten, die die Betreuung des Mitarbeiternachwuchses bezuschussen und auch mal ein Auge zudrücken, wenn der oder die Kleine mit ins Büro kommt – solche Chefs sind heiße Anwärter auf den Sieg in dem neuen Landeswettbewerb. Bewerbungsschluss war Ende Mai. Danach hat sich eine siebenköpfige Jury aus Vertretern der Wirtschaft, Wissenschaft und Medien an die Auswertung gemacht. Bei der Preisverleihung mit Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) am kommenden Montag werden die Sieger ausgezeichnet.

„Wir haben uns ziemlich schwergetan mit der Entscheidung“, sagt Peter Ruhenstroth-Bauer, Vorsitzender des Berliner Beirats für Familienfragen und Jurymitglied, denn es habe sehr viele gute Bewerbungen von hoher Qualität gegeben. Der Beirat hat den Wettbewerb gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer (IHK), der Handwerkskammer Berlin und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), Bezirk Berlin-Brandenburg, gestartet. Er soll Unternehmen würdigen, in denen familienbewusste Personalpolitik gängige Praxis ist und die den Spagat zwischen Beruf und Familie möglich machen.

„Wir wollen zum einen die Öffentlichkeit für das Thema Familienfreundlichkeit in Unternehmen sensibilisieren“, betont Juror Thomas Letz von der IHK, „zum anderen sollen die teilnehmenden Unternehmen anderen Firmen als Vorbilder dienen.“ Oft sei der Wille zu familienpolitischer Personalpolitik da, sagt Letz. Doch wüssten vor allem kleinere Unternehmen oft nicht, wie sie das Thema angehen können.

Im Wettbewerb gibt es drei Kategorien: Betriebe mit drei bis 20 Mitarbeitern, mit 21 bis 100 Angestellten oder mit mehr als 100 Beschäftigten. Bewerben durften sich Firmen und Freiberufler aus Berlin, die mindestens drei Angestellte haben und sich nicht überwiegend aus öffentlichen Geldern finanzieren.

Vor allem große Unternehmen hätten seit Jahren Betriebsvereinbarungen für flexible Arbeitszeiten, Notfalllösungen oder Betreuungszuschüsse, sagt Letz. Es gibt auch Zusammenschlüsse von Betrieben, die mit einem gemeinnützigen Träger eine Kita eröffnen. Beispiele dafür sind die Fröbel-Kita am Potsdamer Platz, in der Kinder von Mitarbeitern von Sanofi-Aventis, Toll Collect, Pfizer und Daimler Financial Services betreut werden, oder die Kaengoo-Kita in Marienfelde. Dorthin bringen Eltern, die für eine Firma im Unternehmensnetzwerk Motzener Straße arbeiten, ihren Nachwuchs. Das Besondere an solchen Kitas ist, dass sie nahe am Arbeitsplatz liegen und die Öffnungszeiten auf die Kinder von Mitarbeitern abgestimmt sind. „Ein guter Ansatz, der Schule machen sollte“, findet Letz. Unter den Bewerbern beim Landeswettbewerb war auch die Fahrrad-Marketingagentur Velokonzept, die unter anderem Teil- und Gleitzeit und Heimarbeitsplätze anbietet. Kinder können in den Betrieb mitgebracht werden, für sie liegt Spielzeug bereit.

Neu ist die Auszeichnung familienfreundlicher Betriebe nicht – in Bezirken wie Charlottenburg-Wilmersdorf, Pankow und Treptow-Köpenick gab es dies bereits. Allerdings ist der neue Wettbewerb der erste landesweite. Mehr als 30 Bewerbungen gingen ein. Auf den ersten Blick erscheine dies bei mehr als 300 000 Unternehmen in Berlin wenig, sagt IHK-Experte Letz. „Doch angesichts der Tatsache, dass der Wettbewerb zum ersten Mal stattfindet und es kein Preisgeld gibt, sind 30 Bewerbungen erfreulich viel.“

Es lohne sich für Unternehmen, in gute Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu investieren, sagt Ruhenstroth-Bauer. „Nur so lassen sich gute Leute für das Unternehmen finden und halten.“ Die Gewinner bekommen eine Urkunde und den Titel „Unternehmen für Familie“ – für zwei Jahre, denn dann soll es den zweiten Landeswettbewerb geben.Anja Brandt

Die Sieger werden am 5. Juli ab 19 Uhr in der KfW-Niederlassung Berlin, Behrenstraße 33, gekürt. Kontakt und Informationen unter www.familienbeirat-berlin.de.

Anja Brandt

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