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Wirtschaft: „Mit einem Kaufpreis von 500 Millionen wären wir zufrieden“

Der Chef der Bundesdruckerei, Ulrich Hamann, über Verkaufspläne, die Kosten eines Reisepasses und die neue Gesundheitskarte

Herr Hamann, warum dauert es vier Wochen, bis man einen Reisepass bekommt?

Ein Reisepass ist schon lange kein einfaches Druckprodukt mehr. Im elektronischen Pass steckt jede Menge Sicherheitstechnik. Wir brauchen für die Herstellung zehn Tage.

Und die übrige Zeit?

Das sind Laufzeiten außerhalb der Bundesdruckerei, die wir nicht beeinflussen können.

Bei Ihnen gibt es also keinen Stau wegen der neuen Pässe mit Chip?

Nein, im Gegenteil. Es gab eine sehr große Nachfrage nach den alten Reisepässen, bevor wir im November mit der Herstellung der elektronischen Pässe begonnen haben. Im Moment sind die Bestellzahlen geringer als üblich.

Weil die Pässe stolze 59 Euro kosten?

Der Preis mag ein Grund sein. Der elektronische Pass ist teurer, weil wir höhere Material- und Produktionskosten haben. Wir haben dafür nennenswerte Beträge in neue Produktionsmaschinen investiert. Diese Maschinen sind eine Eigenentwicklung von uns. Eine Verwaltungsgebühr ist auch noch dabei. Aber im internationalen Vergleich liegen wir mit unserem Preis an der Untergrenze.

Wie wichtig ist das Geschäft mit Ausweispapieren für die Bundesdruckerei?

Wir machen bereits 77 Prozent unseres Umsatzes im ID-Geschäft, also mit Identifikations-Dokumenten und -Systemen. Das ist für uns das Zukunftsgeschäft. Wir werden es weiter ausbauen und uns immer mehr von einem Produktanbieter zu einem Lieferanten von kompletten Lösungen entwickeln. Das heißt: Wir liefern nicht nur die Pässe, sondern vollständige Identifikationssysteme von der Meldestelle bis zur Grenzkontrolle. Dennoch werden wir auch weiter Banknoten und Briefmarken drucken.

Kann man mit dem Namen Bundesdruckerei im Ausland Geschäfte machen?

Auch ich hatte vor zwei Jahren den Eindruck, wir sollten lieber anders heißen. Vielleicht wie unsere Muttergesellschaft Authentos. Aber die Bundesdruckerei hat weltweit einen guten Ruf und ist in punkto Sicherheitsstandards international in führender Position. Wir haben uns gerade in zehn Ländern für Regierungsaufträge beworben. Ich bin zuversichtlich, dass wir da in den kommenden Wochen Erfolge melden können.

Seit der Privatisierung lasten enorme Schulden auf dem Unternehmen. Wie hoch sind die Verbindlichkeiten noch?

Die Bankverbindlichkeiten der Muttergesellschaft Authentos liegen bei rund 500 Millionen Euro.

Der Plan der Gesellschafter war, die Bundesdruckerei im nächsten Jahr zu verkaufen. Wer kauft eine Firma mit so hohen Schulden?

Die Gesellschafter werden dann verkaufen, wenn ein interessantes Angebot auf dem Tisch liegt. Mit einem Kaufpreis in der Größenordnung von 500 Millionen Euro wäre man wohl zufrieden. Ich glaube aber, da ist mehr drin. Aber wir stehen nicht unter Druck. Wir sind ein ertragreiches Unternehmen. Die Bundesdruckerei hat noch nie rote Zahlen geschrieben. Wir haben uns vorgenommen, das Thema Verkauf in den kommenden zwei bis drei Jahren anzugehen.

2000 hat der Bund die Bundesdruckerei für etwa eine Milliarde Euro verkauft. Heute ist sie noch 500 Millionen wert?

Inzwischen wurde ein Teil des Konzerns, die Orga Kartensysteme, verkauft.

Werden Sie sich an der Gesundheitskarte beteiligen, die bald die Krankenversichertenkarte ablösen soll?

Die Ausschreibungen laufen bereits. Wir haben uns bei der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) beworben und wir werden uns weiter bewerben. Wir sind der ideale Partner, da wir bereits über ein Trust Center verfügen. Das ist ein elektronischer Notar. Die sensiblen Daten auf der Karte werden durch die elektronische Signatur abgesichert. Dafür ist ein Trust Center erforderlich.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

2009 wollen wir 760 Millionen Euro umsetzen. Wir wollen damit stärker wachsen als der Weltmarkt, der pro Jahr um etwa 19 Prozent zulegen wird. Bei Identifikationssystemen wollen wir sogar um 27 Prozent pro Jahr zulegen und bis 2009 unseren weltweiten Marktanteil von jetzt 18 Prozent auf dann 19 Prozent steigern.

Werden dabei Arbeitsplätze entstehen?

Zunächst einmal gilt, dass die Arbeitsplätze bei der Bundesdruckerei nach langer Zeit nun wieder sicher sind. Wir hatten einmal mehr als 4000 Mitarbeiter, jetzt ist die Zahl bei 1200 stabil. Wir haben 2005 sogar mehr als 100 Mitarbeiter eingestellt, darunter etwa 100 Ingenieure. Da wir 2006 vor allem im internationalen Geschäft wachsen wollen, werden wir in diesem Bereich neue Arbeitsplätze aufbauen. Wir beschäftigen zwar immer noch Buchdrucker und bilden sogar junge Menschen in dem Beruf aus. Aber neue Arbeitsplätze werden in der Produktion wohl nicht entstehen.

Wie sicher ist der Standort Berlin?

Die Bundesdruckerei profitiert auf jedem Fall von der Nähe zur Politik. Mit der Bundesdruckerei, den Universitäten und den Fraunhofer-Instituten ist Berlin prädestiniert, sich zu einem Zentrum für Hochsicherheitstechnik zu entwickeln. Wir sind in guten Gesprächen mit der TU Berlin, hier einen eigenen Lehrstuhl aufzubauen. So ein Lehrstuhl könnte ein richtiger Knaller für Berlin werden.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

TECHNIKER

Ulrich Hamann (50) hat an der Universität Hannover Elektrotechnik studiert. Anschließend war er jahrelang bei Siemens in München tätig, zuletzt als Leiter des Geschäftszweigs Chipkarten-ICs. 1999 wechselte Hamann zum Chiphersteller Infineon und stieg dort zum Leiter des Geschäftsbereichs Secure Mobile Solutions auf.

MANAGER

Seit Februar 2004 ist Hamann Mitglied der Geschäftsführung der Bundesdruckerei in Berlin. Im September 2004 wurde er Sprecher der Geschäftsführung.

FAMILIENMENSCH

Hamann ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er sagt über sich selbst, er sei „ein Familienmensch und ein begeisterter Heimwerker“. Tsp

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