zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Mit Riesen-Lastwagen gegen den Dauerstau

Handel: Brummis sollen länger und schwerer werden, das Sonntagsfahrverbot soll weg. Politiker reagieren empört auf den Vorstoß

Berlin - Die Forderung des Bundesverbands des Deutschen Groß-und Außenhandels (BGA) nach Abschaffung des Sonntagsfahrverbots und der Zulassung von 60 Tonnen schweren Lkw-Gespannen stößt auf massive Kritik. Vorschläge zur Bewältigung des wachsenden Güterverkehrs dürften sich nicht nur auf die Straße beschränken, kritisierte ein Sprecher des Bundesverkehrsministers Manfred Stolpe (SPD).

Erst im Juni dieses Jahres hatte Stolpe auf europäischer Ebene durchgesetzt, dass das deutsche Sonntagsfahrverbot für Lkw unangetastet bleibt. Nun fordert Gerhard Riemann, Vorsitzender des BGA, dass Lkw auch an Sonn- und Feiertagen auf deutschen Straßen fahren dürfen. „Kann die deutsche Wirtschaft wirklich auf einen solchen Tag verzichten?" fragt BGA-Sprecher André Schwarz. Die Bundesregierung verweigere ausreichende Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Wo doch das Verkehrsaufkommen rasant steige: 2,5 Milliarden Tonnen sollen es bis 2015 sein.

Albert Schmidt, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, hat Zweifel an diesen Zahlen. „Was da betrieben wird ist Kaffeesatzleserei“, sagte Schmidt dem Tagesspiegel. Die Abschaffung des Sonntagsfahrverbots „würde ein Verkehrschaos provozieren". Es gebe in Deutschland einen parteiübergreifenden Konsens, an der geltenden Regelung festzuhalten. Auch andere europäische Länder überlegten, das Fahrverbot einzuführen. So nutzten Italien und Österreich diese Sommerferienzeit für eine Probephase. Auch der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Klaus Lippold, ist „ausdrücklich gegen die Abschaffung des Sonntagsfahrverbots“. Unterstützung kommt vom ADAC. Die Regelung solle „unbedingt beibehalten werden“, sagt Sprecher Maximilian Maurer.

Auch mit seiner Forderung, Super-Lkw mit bis zu 60 Tonnen Gesamtgewicht und mit bis zu 25 Meter Länge zuzulassen, steht der BGA recht alleine da. Bis jetzt sind 40 Tonnen und 18,5 Meter Länge erlaubt. „Das wäre Wahnsinn“, sagt Schmidt von den Grünen. „Das kann man in Skandinavien auf schnurgeraden Fahrbahnen zum Holztransport machen, hier ist das undenkbar.“

Der Bundesverband Güterkraftverkehr und Logistik (BGL) hält ebenfalls nichts davon. Solche „Dinosaurier“ stünden gegen den Trend, dass die Einzelladungen immer kleiner würden. Auch seien 25 Meter lange „Lkw-Gespanne ohnehin nur für Langstrecken geeignet, wo stur geradeaus gefahren werden kann“, sagte der stellvertretende BGL-Hauptgeschäftsführer Adolf Zobel dem Tagesspiegel. Überall an den Autobahnen müssten dann Stationen eingerichtet werden, um die zusätzlichen Anhänger abzukoppeln und mit anderen Zugmaschinen weiterzutransportieren. Das hält Zobel für wenig praktikabel. Nach Meinung des Spediteursverbands wäre auch der gesellschaftliche Widerstand gegen Super-Lkw unüberwindlich. Das habe schon die Debatte in den 80er Jahren gezeigt, als das zulässige Gesamtgewicht für Lastwagen in Deutschland von 38 auf 40 Tonnen angehoben worden sei.

Im Bundesverkehrsministerium wird darauf verwiesen, dass die Infrastruktur Deutschlands für solche langen und schweren Lkw völlig ungeeignet sei. Zwei Drittel der bundesweit 37 000 Brücken sei älter als 25 Jahre und zumeist nicht für solche Lasten ausgelegt. Hinzu kämen hohe Fahrbahnschäden, sagte ein Ministeriumssprecher. Nach den Vereinbarungen in der EU sind im grenzüberschreitenden Verkehr nur Lkw bis 40 Tonnen zugelassen. Die einzelnen Länder können aber im Inland höhere Gewichte genehmigen.

Davon hat beispielsweise Holland Gebrauch gemacht, vor allem aber Schweden und Finnland, wo die Lkw-Gespanne bis zu 20 Tonnen mehr wiegen und länger als in Deutschland sein dürfen. Noch im Mai dieses Jahres habe die Kommission eine Anhörung zu diesem Thema gemacht, berichtet das Verkehrsministerium. Die meisten Mitgliedstaaten einschließlich Deutschland zeigten aber wenig Interesse an solchen Konzepten, weil die vorhandene Infrastruktur dafür nicht geeignet sei.

Dieter Fockenbrock, Fritz Niemann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false