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Wirtschaft: Mit Schirm, Charme und Kompetenz

Wie man als Reiseleiter oder Tourismusfachwirt vom Besucher-Boom in der Hauptstadt profitiert

Berlin ist ein Magnet – vor allem für Touristen. Dabei ist es egal, ob die Besucher allein kommen, in kleinen oder größeren Gruppen, mit dem Flugzeug, Zug, Bus oder PKW: Die Touristen sorgen für Jobs in der Hauptstadt, und bieten auch denen eine Perspektive, die sich beruflich neu orientieren wollen. Der Umsatz in der Tourismusbranche ist in Berlin in den vergangenen Jahren stark gestiegen: Nach Angaben des Statistischen Landesamtes kamen 2009 8,3 Millionen Gäste nach Berlin – 2010 waren es bereits 9,1 Millionen. Laut der Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM) hängt derzeit das Einkommen von 232 000 Einwohnern direkt vom Tourismus ab.

Wer als Reiseleiter in die Branche einsteigen oder als Tourismusfachwirt im diesem Bereich aufsteigen will, hat dazu in Berlin viele Möglichkeiten. Vorausgesetzt, er bringt einige Fähigkeiten und Interessen mit. „Viele Bewerber erzählen mir, dass sie selbst gerne reisen“, sagt Sandra Klinder von der Schule für Tourismus (SFT). Das reiche als Qualifikation natürlich nicht aus. Neben dem Interesse an fremden Kulturen sollten angehende Reiseleiter auch eine andere wichtige Fähigkeit mitbringen: „Die meisten Reiseleiter arbeiten als Freiberufler.“ Deshalb müssten erfolgreiche Gästeführer auch dazu in der Lage sein, sich selbst um neue Jobs zu kümmern und künftige Auftraggeber von ihren Leistungen zu überzeugen.

Die Koordinatorin betont, dass es für den Einstieg in den Job keine Altersbegrenzung gibt: „Diese Tätigkeit ist auch attraktiv für Menschen mit viel Lebenserfahrung, die belesen sind und einiges über Geschichte und Kulturgeographie wissen. Redegewandtheit sei eine weitere wichtige Voraussetzung – ebenso wie Fremdsprachenkenntnisse. „Außerdem sollte man Freude daran haben, anderen etwas beizubringen, und auch einmal einen lockeren Spruch in den Vortrag mit einbauen können“, sagt Sandra Klinder. Spezialkenntnisse über unbekanntere Länder und Kulturen seien ebenfalls von Vorteil.

Die SFT bildet unter anderem Reiseleiter aus – die durch den Lehrgang eine gute Grundlage für das „Reiseleiterzertifikat des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft und der Hochschule Bremen“ bekommen. Dieses Zertifikat soll nachweisen, dass die Absolventen Fähigkeiten in der Vermittlung von Sehenswürdigkeiten, Kunst, Kultur, Geschichte, Geografie und Politik an die Gäste erworben haben. Und gleichzeitig Kompetenzen der Organisation, Qualitätssicherung, Kontrolle und Tourismuskunde vorweisen können. Das Zertifikat wurde entwickelt, um die Tätigkeit des Reiseleiters aufzuwerten und abzusichern: Denn bislang gibt es für Reiseleiter in Deutschland weder ein anerkanntes Berufsbild noch festgelegte Zugangsvoraussetzungen.

„Für angehende Reiseleiter ist es wichtig, zu entscheiden, ob sie beispielsweise als Rund- und Studien- oder Standortreiseleiter in einem bestimmten Land oder als Gästeführer in Deutschland tätig werden möchten“, empfiehlt Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband (DRV). Damit entscheide sich auch, ob gängige Fremdsprachen wie Englisch, Spanisch oder Französisch genügten oder ob beispielsweise Portugiesisch- oder Arabischkenntnisse hilfreicher seien.

Ganz gleich, ob man als Reiseleiter einsteigen oder zum Tourismusfachwirt aufsteigen will: Die Stiftung Warentest empfiehlt, bei der Kursauswahl darauf zu achten, ob der Anbieter die Ziele, Lehrmethoden, Dauer, Ort und Kosten der Weiterbildung klar benennt. „Man sollte sich vom Anbieter Auskunft über die fachlichen und didaktischen Qualifikationen der Trainer geben lassen“, empfiehlt Christina Engel, Weiterbildungsredakteurin der Stiftung Warentest. Hilfreich sei es auch, sich bei früheren Teilnehmern nach der Qualität des Kurses zu erkundigen.

Während Reiseleiter häufig erst in den Fremdenverkehrsbereich einsteigen, sollten angehende Tourismusfachwirte schon jahrelange Erfahrungen in dieser Branche gemacht haben. Tourismusfachwirte sind nach dem Ende dieser Weiterbildung fit in Betriebswirtschaft, Rechnen und Steuern, aber auch im betrieblichen Management und Tourismusmarketing. Sie haben nach ihrem Abschluss beispielsweise die Qualifikation, selbstständig ein Reisebüro oder die Filiale einer Hotelkette zu leiten. Die IHK verlangt von angehenden Tourismusfachwirten eine abgeschlossene Ausbildung zum Kaufmann für Tourismus und Freizeit oder Reiseverkehr und eine zusätzliche Berufspraxis von mindestens zwei Jahren. Alternativ möglich sind auch eine kaufmännische Ausbildung und eine zusätzliche dreijährige Berufspraxis in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Oder eine mindestens fünfjährige Berufspraxis in diesem Bereich.

„Beim Tourismusfachwirt handelt es sich um eine Aufstiegsweiterbildung, die für das Wahrnehmen von Führungsaufgaben qualifiziert“, erklärt Sibylle Zeuch vom DRV. Angehende Tourismusfachwirte sollten daher beispielsweise fähig sein, die Entwicklungen des touristischen Marktes zu erkennen, um daraus den Bedarf für neue Produkte ableiten zu können. „Dazu zählt auch das ergebnisorientierte und gezielte Anwenden von Marketinginstrumenten.“

Eine Weiterbildung zum Tourismusfachwirt bietet ab Herbst zum Beispiel die IHK an, ebenso das Forum Berufsbildung. Dort haben bereits zwei Gruppen die Fortbildung zum Tourismusfachwirt absolviert. „Wir halten danach Kontakt zu den Absolventen“, sagt die Koordinatorin Nina Schwandke. 60 bis 70 Prozent der Teilnehmer seien nach der Ausbildung in ihren Firmen geblieben. Vielen sei es durch die Fortbildung gelungen, ihren gefährdeten Arbeitsplatz zu sichern. „30 Prozent haben die Firma gewechselt oder sind aufgestiegen“, sagt die Koordinatorin. Zum Beispiel zum Projektleiter.

Als Aufstiegshelfer hat sich die Ausbildung zum Tourismusfachwirt auch für viele Absolventen der Schule für Touristmus erwiesen: "“Zwei ehemalige Teilnehmerinnen haben mir vor kurzem gemailt, dass sie ins mittlere Management aufgerückt sind“, sagt Sandra Klinder. „Ohne die Weiterbildung wäre ihnen das nicht gelungen.“

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