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Mitarbeiterbeteiligung: Arbeiten und teilhaben

SPD und Union wollen noch in dieser Wahlperiode die Beteiligung von Beschäftigten an ihren Betrieben ausweiten, denn in Deutschland herrscht auf diesem Feld Nachholbedarf. Arbeitsminister Scholz rechnet mit Steuerausfällen in Höhe von 300 Millionen Euro.

Die große Koalition will die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmenskapital ausbauen. Nach mehrmonatigen Beratungen legte eine Arbeitsgruppe aus SPD und Union am Montag Eckpunkte vor. Das Konzept sieht eine stärkere Förderung der direkten Beteiligung als auch die Beteiligung an Branchenfonds vor. Deutschland sei unterdurchschnittlich, was die Beteiligung der Arbeitnehmer an ihren Betrieben angehe, sagte Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD). „Das wollen wir ändern.“

Die Gesetzesänderungen sollen nach Angaben von CSU-Chef Erwin Huber noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten. „Wir wollen in absehbarer Zeit mit dem Gesetzgebungsprozess beginnen“, sagte Huber. Die Arbeitsgruppe unter Leitung von Arbeitsminister Scholz, CSU-Chef Huber und Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) beriet am Montag über die letzten Details. Die Kosten für die stärkere Förderung der Mitarbeiterbeteiligung bezifferte Scholz auf rund 300 Millionen Euro an Steuerausfällen.

Keine Belastung der betrieblichen Altersvorsorge

Die Union setzte sich vorrangig für eine stärkere steuerliche Förderung der direkten Beteiligung am Unternehmen ein. So soll der Erwerb von Kapitalanteilen künftig mit einem Steuerfreibetrag von 360 Euro im Jahr statt bisher 135 Euro gefördert werden. Vermögenswirksame Leistungen sollen mit 20 statt bislang 18 Prozent gefördert werden. Darüber hinaus sollen die Einkommensgrenzen im Vermögensbildungsgesetz auf 20 000 Euro für Ledige und 40 000 Euro für Verheiratete steigen (bisher 17 900 Euro/35 800 Euro).

Die SPD brachte hingegen eine Beteiligung der Arbeitnehmer an einem branchenspezifischen Fonds in den Kompromiss ein. So sollen Beschäftigte in einen Beteiligungsfonds investieren können, der von einem professionellen Fondsmanager unter Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) verwaltet wird. Voraussetzung ist, dass ein Rückfluss des eingebrachten Kapitals in die beteiligten Unternehmen von 75 Prozent garantiert wird. Mit dem Fonds soll das Risiko für Arbeitnehmer verringert werden: Bei einer Insolvenz des Betriebs droht ihnen nicht zusätzlich zum Verlust des Arbeitsplatzes der Verlust ihres Kapitals. Außerdem sei die direkte Beteiligung für kleine Mittelständler häufig zu kompliziert und aufwendig.

Nur zwei Prozent der Betriebe haben ein System der Kapitalbeteiligung

Die Koalitionspartner wiesen Befürchtungen zurück, dass die Förderung der Kapitalbeteiligung zulasten der betrieblichen Altersvorsorge gehe. Die Beteiligung solle „freiwillig“ sein, sagte Arbeitsminister Scholz. Außerdem solle die Beteiligung nur dann steuerlich begünstigt werden, wenn sie zusätzlich zum Arbeitslohn gezahlt werde. Entgeltumwandlungen sind damit – anders als bei Betriebsrenten – ausgeschlossen.

Hintergrund für die Initiative ist der Befund, dass die Gewinne und Kapitaleinkommen in den vergangenen Jahren deutlich stärker gestiegen sind als die Arbeitseinkommen. So stiegen die Unternehmens- und Vermögenseinkommen zwischen 2003 und 2007 um 37,6 Prozent, während die Arbeitseinkommen nur um 4,3 Prozent zulegten. Es sei „ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft, dass Beschäftigte am Ertrag der Volkswirtschaft gerecht und ausgewogen teilhaben“, heißt es in dem Konzept der Koalitionspartner. Einen wichtigen Anstoß für die Debatte hatte Bundespräsident Horst Köhler gegeben, der in einer Rede 2005 für eine stärkere Beteiligung der Mitarbeiter an ihren Betrieben geworben hatte.

In Deutschland ist die Mitarbeiterbeteiligung bislang nicht weit verbreitet. So hatten nach einer Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Jahr 2005 nur zwei Prozent der Betriebe ein System der Kapitalbeteiligung. In neun Prozent der Betriebe sind Arbeitnehmer am Gewinn beteiligt. Darunter waren deutlich mehr große Unternehmen als kleine Betriebe: So lag der Anteil der Unternehmen mit 500 und mehr Beschäftigten bei der Gewinnbeteiligung bei 34 Prozent und bei der Kapitalbeteiligung bei 7 Prozent. Die häufigste Form der Mitarbeiterbeteiligung ist dabei die Belegschaftsaktie, die 2007 von gut einer Million Beschäftigten genutzt wurde.

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