zum Hauptinhalt
Ohne Portemonnaie zum Strand. Mit dem Handy soll man künftig in jeder Lebenslage bezahlen können.

© picture alliance / ZB

Mobile Payment: Wenn das Handy zahlt

Mobilfunk- und Internetfirmen wollen Kreditkarten überflüssig und Banken Konkurrenz machen. Marktforscher rechnen mit enormen Wachstumsraten beim mobilen Bezahlen. Das tun sie allerdings schon seit Jahren.

Kredit- oder Geldkarte – das war gestern. In Zukunft soll man sein Portemonnaie zu Hause lassen und mit dem Handy bezahlen können. Viele Unternehmen wie zum Beispiel Google oder auch die Telekom und Vodafone arbeiten derzeit an mobilen Geldbörsen (mobile Wallets). Sie sollen das Bezahlen bequemer und Plastik- oder Bargeld überflüssig machen. Vielerorts steckt das mobile Bezahlen – im Fachjargon „Mobile Payment“ – noch im Versuchsstadium. Der schwedische Netzwerkausrüster Ericsson wagt jetzt einen Vorstoß und hat in Deutschland und sechs anderen Ländern Europas einen neuen mobilen Gelddienst eingeführt. „Mit Ericsson Money kann man einfach und bequem Geld überweisen – und es ist in sekundenschnelle da“, sagte Adam Kerr von Ericsson Money Services dem Tagesspiegel.

Marktforscher rechnen mit enormen Wachstumsraten beim mobilen Bezahlen. So gehen etwa die Experten der Managementberatung Arthur D. Little davon aus, dass der weltweite M-Payment- Markt in den kommenden Jahren um jährlich etwa 80 Prozent zulegen wird – von einem Volumen von rund 30 Milliarden Dollar im Jahr 2010 auf mehr als 300 Milliarden Dollar in 2014. Allerdings hatten Experten schon vor vielen Jahren enorme Wachstumsraten vorhergesagt, die bis heute nicht erreicht wurden.

Das lag zum Beispiel daran, dass die nötige Technik noch nicht vorhanden oder zu kompliziert zu nutzen war, sagt Felix Bruder von Accenture. Doch nachdem dies überwunden sei, sieht auch er großes Potenzial. „Allerdings wird M- Payment nur funktionieren, wenn der Kunde einen Nutzen davon hat, sich auf eine neue Technik einzulassen“, sagt Bruder. Denkbar seien zum Beispiel Rabatte.

Heute gibt es bereits einige Länder, in denen M-Payment hervorragend funktioniert – vor allem dort, wo mobile Geräte intensiver genutzt oder kein so gut ausgebautes Geld- und Bankensystem existiert wie etwa in Deutschland. So gelten Japan und Kenia als Vorreiter, was M-Payment betrifft. Auch in anderen Ländern, wo viele Menschen gar keinen Zugang zu Banken haben, haben sich mobile Zahlungssysteme längst etabliert.

Die Frage ist, ob es auch in Deutschland funktioniert, wo Bezahlen schnell und sicher auf verschiedene Arten möglich ist. Eine Chance gebe es dort, wo das Zahlungssystem mit Werbeeinnahmen verbunden wird. „Dort sehen wir eine Möglichkeit für den Durchbruch“, sagt Bruder. Das sieht offenbar auch der Internetkonzern Google so, der sein mobile Wallet auf Basis der Funktechnik NFC gerade in den USA erprobt. Wenn ein – namentlich bekannter – Mobilfunkkunde mit seinem Google-Geldbeutel bezahlt, dann erhält Google über diesen Nutzer viel wertvollere Informationen, als wenn jemand einfach nur im Internet nach einem Produkt sucht. „Wenn Unternehmen wie Google oder Apple die Schnittstelle zum Kunden besetzen, dann werden sich die Banken ganz schön umschauen“, sagt Bruder. „Auch wenn M-Payment vielleicht nur einen kleinen Prozentsatz des gesamten Zahlungsverkehrs ausmachen sollte, ist das bei der großen Zahl der Transaktionen immer noch attraktiv.“

Auch Ericsson will später eine mobile Geldbörse auf Basis der NFC-Technik einführen. Zum Start geht es aber vor allem um das schnelle und einfache transferieren von Geldbeträgen zwischen Personen. So kann man zum Beispiel bei Freunden schnell Geld einsammeln, um den gemeinsamen Konzertbesuch zu bezahlen, oder Eltern senden Geld an ihre im Ausland studierenden Kinder. Dabei müsse sich der Kunde keine Sorgen machen, dass die Geldsendung abgefangen werde. „Die Übertragung ist verschlüsselt“, sagt Ericsson-Manager Kerr. Der Service soll sukzessive um neue Dienste erweitert werden. Und später möchte Ericsson auch das Unternehmen sein, dass die unterschiedlichen mobilen Geldbörsen auf einer Plattform integriert.

Zur Startseite