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Teurer Stoff. Die Bayern-Spieler Arjen Robben, Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm werden von Adidas bis 2020 ausgestattet – mindestens.

© Reuters

Modell Bayern München: Das Millionen-Spiel

Der FC Bayern hat die Konkurrenz längst abgehängt. Der Gewinn der Champions League könnte den Klub in neue Dimensionen bringen.

Der Mittwochabend in Barcelona hat sich gelohnt – nicht nur für den FC Bayern. Auch der unbekannte Flitzer, der sich nach dem Champions-League-Halbfinale auf den Rasen schlich, konnte zufrieden sein: Vor einem Millionenpublikum aufgefallen, mit Franck Ribery gejubelt und dessen Trikot geschenkt bekommen. Regulärer Preis: 79,95 Euro. Dass ihm Ordner beim Abführen die Arme verdrehten, dürfte er verschmerzen. Bayern-Jerseys sind begehrt. Fast 900 000 Stück kaufen die Fans in einer Saison. Das teuerste Modell liegt bei 149,95 Euro. Der Klub hat noch viel mehr zu bieten: Rotwein, Gartenzwerge, Hundenäpfe, Quietscheenten, Schultüten, Schnuller – was Platz hat für ein Bayern-Logo, wird feilgeboten. Fans können ihr Geld auf einem FC-Bayern-Konto arbeiten lassen, bei dem die Zinsen mit der Zahl der Tore steigen, oder mit FC-Bayern-Tours in den Urlaub fliegen.

Nicht nur sportlich, auch wirtschaftlich ist der FC Bayern längst das Maß der Dinge in Deutschland. Der Klub ist durchkommerzialisiert wie sonst keiner, eine Geldmaschine. Das legt die Basis für weitere Erfolge auf dem Platz – und für eine Vormachtstellung auf Jahre. Selbst wenn Uli Hoeneß, der Macher hinter den Millionen, an diesem Montag vom Aufsichtsrat signalisiert bekommen sollte, dass seine Zeit an der Klubspitze abläuft.

373 Millionen Euro haben die Bayern eingenommen

Dabei macht der Verkauf von Fanartikeln nicht einmal ein Sechstel des Gesamtumsatzes aus. 373 Millionen Euro haben die Bayern 2011/2012 eingenommen, dieses Jahr dürften sie die 400-Millionen-Grenze reißen. „Es ist davon auszugehen, dass der Klub auch in diesem Jahr in allen Kategorien Wachstum erzielen wird“, sagt Jan Kremer, Sportexperte bei der Beratungsfirma Deloitte. Borussia Dortmund, die nationale Nummer zwei, kommt nicht mal auf halb so viel Erlös. International sind die Bayern hinter Real Madrid, Barcelona und Manchester United der potenteste Klub. Die Konkurrenz resigniert. „Ein Rennen gegen die Bayern kann man nur verlieren“, heißt es in der Führungsetage eines Wettbewerbers.

Sieben Millionen Mark Schulden, zwölf Millionen Mark Umsatz, fünf Jahre ohne Meistertitel – das war die Lage, als Hoeneß 1979 Manager wurde. Heute hat der Verein so viel Eigenkapital wie weltweit kein anderer und spielt im eigenen Stadion. Knapp ein Drittel ihres Etats erwirtschaften die Bayern mit Zuschauereinnahmen und dem Spielbetrieb. Die Allianz- Arena ist stets ausverkauft, selbst wenn der Gegner Fürth oder Freiburg heißt.

Der Aufstieg hat auch mit dem Standort München und dessen Möglichkeiten zu tun: Sechs Dax-Konzerne residieren dort, die Eventkultur boomt, das Geld sitzt locker. „Das Modell Bayern München würde in einer anderen Stadt gar nicht funktionieren“, sagt ein Fußball-Manager aus dem Ruhrgebiet. Dort gibt es kaum bedeutende Firmen, ganz zu schweigen von einem großen Flughafen oder Fünf-Sterne-Hotels für VIPs.

Die Bayern nutzen das Potenzial geschickt aus.

Nur in München ist denkbar, dass betuchte Eltern dem Nachwuchs einen Kindergeburtstag in der Allianz-Arena spendieren, mit improvisierter Pressekonferenz und Besuch der Profikabinen. Kosten für zwei Stunden: 279 Euro, der Marmorkuchen (22,50 Euro) geht extra.

Die Bayern nutzen das Potenzial geschickt aus. Sie können Sponsoren ansprechen, an die andere mangels Weltläufigkeit erst gar nicht herankommen. Ihr Pool deckt fast alle Branchen ab: Telekom, Hypo-Vereinsbank, Allianz, Lufthansa, Paulaner, Siemens, Coca-Cola, der Solarhersteller Yingli und viele andere. Adidas und Audi sind sogar mit gut neun Prozent an der Profiabteilung beteiligt. Die Konzerne zahlen pro Jahr zwischen einigen hunderttausend und rund 30 Millionen Euro, wie etwa die Telekom – unterm Strich sind es 82 Millionen Euro. Dafür bekommen die Sponsoren den Glanz der Dauersieger und die breiteste Fanbasis der Republik. „Um die zehn Millionen Vereinsanhänger sind für jeden Sponsor ein gutes Argument“, sagt Philipp Kupfer von der Sport-Marktforschungsfirma Repucom.

Die Betreuung der Unterstützer gilt als extrem professionell. „Wie man als Kunde und Partner behandelt wird, ist schon außergewöhnlich“, sagt Mokhtar Benbouazza, Marketing-Chef der Textilfirma S. Oliver, auch eine der Sponsoren. „Wer einmal dabei ist, bleibt lange dabei – das ist nicht selbstverständlich in diesem Geschäft.“

Der FC Bayern vermarktet sich selbst

Den Bayern kommt zudem zugute, dass sie die Vermarktung im eigenen Haus behalten haben. Die meisten Bundesligisten haben den Verkauf von Trikots oder Tickets an Agenturen wie Sportfive abgegeben – die Bayern nicht. Sie sparen die Provision. Den Vorteil daraus taxieren sie auf 20 Prozent. Das viele Geld verwaltet die Vereinsführung konservativ, anders als Klubs in Spanien oder England. Auf Überschüsse aus Spielertransfers ist man nicht angewiesen. Die Personalkosten, 165 Millionen Euro für 27 Profis, liegen stabil bei rund 60 Prozent der Erlöse.

Um neue Rekorde in Sachen Finanzen aufstellen zu können, muss sich der FC Bayern wandeln. Die Einnahmen aus Spielbetrieb und TV-Vermarktung lassen sich kaum noch nennenswert steigern. „Es wird schwer, das Rad immer weiter zu drehen“, sagt ein Branchenkenner. Bleiben neue Märkte im Ausland. „Asien, aber auch Brasilien und ganz Amerika“ hält Sport-Marktforscher Kupfer für verlockend. Es geht um neue Sponsoren. „Der Klub ist jetzt attraktiv für große internationale Marken geworden.“ Vor allem, wenn die Bayern am 25. Mai die Champions League gewinnen sollten. Neue Anhänger müssten sich aber erst einmal gedulden: Die Heimtrikots sind für diese Saison bereits ausverkauft.

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