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Wieder auf Kurs. Märklin könnte in diesem Jahr den Umsatz auf bis zu 120 Millionen Euro steigern, heißt es. Foto: ddp

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Modelleisenbahnbauer: Wie Märklin die Pleite überwinden will

Totgesagte leben länger. Vor gut einem Jahr ging Europas größter Modelleisenbahnbauer Märklin in die Insolvenz. Jetzt sieht es so aus, als ob das deutsche Traditionsunternehmen ohne fremde Hilfe wieder in die Gewinnspur zurückkehrt.

Berlin - Das Erreichen der Gewinzone ist zumindest der neuste Plan des Insolvenzverwalters Michael Pluta.„Wir denken über einen Insolvenzplan nach“, sagte der Ulmer Rechtsanwalt dem Tagesspiegel. Falls die Gläubiger zustimmen, wäre der Verkauf an einen Investor zunächst vom Tisch. Märklin würde die Sanierung in Eigenregie weiterbetreiben. Auch die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft ist angedacht. „Alle wollen, dass es weitergeht“, sagt Pluta. „Die Mitarbeiter sind hochmotiviert.“ Und auch die Insolvenzgläubiger, bei denen Märklin noch rund 93 Millionen Euro Schulden hat, seien aufgeschlossen, berichtet der Insolvenzverwalter.

Schnäppchenjäger haben schlechte Karten. Wie viele Unternehmen für Märklin bieten und was sie zahlen wollen, dazu sagt Pluta nichts. In der Branche ist von über 130 Interessenten die Rede, die angeklopft haben, und 30 sollen in die nächste Runde gegangen und eine Vertraulichkeitserklärung unterschrieben haben. Doch die Ansprüche an die Interessenten sind hoch. „Wer weniger als 60 Millionen Euro bietet, nimmt am Verkaufsprozess erst gar nicht teil“, sagt Pluta. Aber auch das reicht nicht. Um Märklin vernünftig weiterzuführen, müsste der Käufer zudem ein Finanzierungsvolumen von 100 Millionen Euro auf die Beine stellen können. „Abenteurer braucht die Firma nicht“, sagt Pluta.

Tatsächlich haben das Traditionsunternehmen und die 1000 Mitarbeiter, die jetzt noch im schwäbischen Göppingen und im ungarischen Györ Lokomotiven zusammenbauen und Güterzüge montieren, eine Menge hinter sich. Weil sich Erben und Gesellschafter bekämpften statt zu kooperieren, stand der Modellbahnbauer schon 2006 vor der Pleite. Als Retter sprang der Finanzinvestor Kingsbridge ein, unterstützt von der Investmentbank Goldman Sachs. Saniert wurde wenig, stattdessen stiegen die Schulden. Geschäftsführer wurden ausgewechselt, Berater geheuert und gefeuert. 2008 machte Märklin 281 Millionen Euro Umsatz und 21 Millionen Euro Miese. Am 4. Februar 2009 landete der Liebling der Modellbahnfans in der Insolvenz.

Jetzt führt Kurt Seitzinger die Geschäfte. Der 70-Jährige war zuletzt Geschäftsführer beim Fahrzeughersteller Kässbohrer. Pluta und Seitzinger kennen sich schon lange. Der Verwalter hatte den Senior nach Göppingen geholt, und er möchte ihn halten. Die Zahlen sprechen für das neue Team. Im ersten Insolvenzgeschäftsjahr fuhr Märklin mit einem Gewinn vor Steuern und Zinsen von zwölf Millionen Euro wieder in die schwarzen Zahlen. Rechnet man die Zinsen heraus, bleiben sieben echt verdiente Millionen übrig, Steuern wird Märklin wegen der Verlustvorträge aus den vergangenen Jahren fürs erste nicht mehr zahlen. Jetzt soll auch der Umsatz steigen. 111 Millionen Euro waren es im vergangenen Jahr, „mindestens 115 Millionen Euro sollen es in diesem werden“, schrieb Seitzinger seinen Mitarbeitern, bevor er am letzten Märztag in den Osterurlaub aufbrach. Pluta ist noch optimistischer. Er hält selbst 120 Millionen Euro für möglich.

Das Geschäft will Märklin mit den erwachsenen Sammlern machen, aber auch mit den Kindern. Die Göppinger wollen beweisen, dass sie nicht zum alten Eisen gehören. „Eisenbahn und Computer schließen sich nicht aus“, sagt Pluta zu dem Vorwurf, Kinder fänden die Modellloks, die Weichen, die Gleise und die Bausätze für Bahnhöfe, Tunnels oder Dörfer heute entschieden zu langweilig.

Mit billigen Startersets sollen die Kleinen auf Kurs gebracht werden. Hinzu kommen Betriebsführungen und Tage der offenen Tür. Und für die leidenschaftlichsten Fans, die im Märklin-Club organisiert sind, gibt es jetzt ein eigenes Web- Fernsehen. Doch Pluta will weiter hinaus. Er sieht Märklin-Eisenbahnen auch in ganz weit entfernten Wohnzimmern fahren, etwa in Peking. Am Preis scheitert das nicht, glaubt er. „In Peking gibt es doch auch wohlhabende Leute“, sagt er.

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