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Teilweise sind die IC-Züge der Bahn 40 Jahre alt und müssen deshalb modernisiert werden.

© dpa

Modernisierung und Lieferprobleme: Die Bahn fährt "ohne Reserve"

Im Fernverkehr hat die Bahn ein echtes Problem. Die Nachfrage steigt, das Platzangebot sinkt. Die Ursachen sind vielfältig - die Lösung weit enfernt.

Extremes Wetter ist das eine, doch auch ein einfacher technischer Defekt kann die Verantwortlichen der Deutschen Bahn (DB) ins Schwitzen bringen. „Wir fahren ohne Reserve. Jeder Zugausfall geht direkt in den Markt“, sagte Ulrich Homburg, für den Personenverkehr zuständiger Bahn-Vorstand, am Dienstag bei der Vorstellung der aktuellen Situation der DB-Fahrzeugflotte.

Die Deutsche Bahn ist seit geraumer Zeit in einem doppelten Dilemma: Die Nachfrage im Fernverkehr wächst stetig – um elf Prozent seit 2006. Doch gleichzeitig ist das Platzangebot in den Zügen um vier Prozent zurückgegangen. Die Gründe hierfür liegen zum einen in den laufenden Instandhaltungsmaßnahmen. So stehen von den 770 IC-Wagen momentan bis zu 130 wegen Modernisierungsmaßnahmen in der Werkstatt. Die Überarbeitung betrifft vor allem die Klimasysteme der 40 Jahre alten Züge. 250 der IC-Züge sind mittlerweile aufgerüstet worden sowie 42 der 44 ICE-2-Züge. Ein Hitzechaos wie 2010, als reihenweise Klimaanlagen bei Überlastung abschalteten, scheint dieses Jahr unwahrscheinlich.

Ein weiteres Ereignis aus der Vergangenheit hängt der  Bahn noch nach. 2008 war in Köln bei einem ICE die Radsatzwelle gebrochen. Einige Monate später wurde ein Riss in einer ICE-Achse entdeckt. Die Folge: Kürzere Wartungsintervalle. Das sogenannte Ultraschallinspektions-Intervall wurde durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) von zunächst 300 000 auf 30 000 Kilometer reduziert. Durchschnittlich zwölf ICEs fehlen deshalb heute wegen dieser aufwendigen Untersuchung permanent im Fernverkehr.

Die Bahn reagierte und bestellte neue Achsen. Doch die 1200 fertig produzierten Bauteile liegen ungenutzt auf Lager, weil die Genehmigung durch das EBA fehlt. Mit einer Entspannung der Lage rechnet die Bahn nicht vor 2014. Auch Lieferverzögerungen bereiten dem Konzern weiter erhebliche Probleme. Schon 2011 sollten 16 neue ICE 3 die Fahrt aufnehmen, doch der Hersteller Siemens konnte bis heute nicht liefern. Wechselnde Anforderungen des EBA und Probleme bei der Steuerungstechnik gelten als Gründe der Verzögerung.

Die Ankündigung von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), die Bahn könne 2013 bis zu vier neue ICEs in Betrieb nehmen, kommentierte Homburg skeptisch: „Wir haben bis jetzt keine verlässliche Lieferzusage von Siemens erhalten.“ Erst Ende 2014 ist eine Entlastung im Fernverkehr in Sicht. Andernfalls seien Einschränkungen des Personenverkehrs und Kundenabwanderungen nicht länger vermeidbar.

Luca Spinelli

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