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ecada sälzer

© dpa

Modewirtschaft: Escada in Rot

Der ehemalige Boss-Chef Bruno Sälzer soll das Modehaus Escada sanieren und vor der Insolvenz retten. Doch das gelingt nur mit frischem Geld – wo das herkommen soll, ist unklar.

In München hat es Tradition, dass die Unternehmen mit den höchsten Verlusten die schönsten Büros haben. So war es schon beim Medienkonzern EM.TV und so ist es heute noch beim hoch defizitären Chiphersteller Infineon. Dessen Hauptquartier mit freier Sicht auf die Alpen lässt keine Wünsche offen. Vermutlich ist dieser Zusammenhang auch dem neuen Escada-Chef Bruno Sälzer aufgegangen. Denn gleich zu Beginn der Bilanzpressekonferenz erklärt der Manager, welche Vorteile der schicke Neubau der Konzernzentrale dem schwer angeschlagenen Modekonzern biete.

Tatsächlich steht das moderne, innen und außen ganz in edlem Weiß gehaltene Gebäude im Osten von München in scharfem Kontrast zum erbärmlichen Zustand der Damenmodemarke. Escada geht es schlecht – und Sälzer soll die letzte Rettung für das Luxus-Label sein. Wenn es dem ehemaligen Boss-Chef nicht gelingt, das börsennotierte Unternehmen zügig zu sanieren, wird es untergehen.

Sälzer redet schnell an diesem Dienstagmorgen, ganz so, als wolle der 51-Jährige die Veranstaltung möglichst schnell hinter sich bringen. Angespannt wirkt der Manager, wenn die Journalisten immer wieder nach den Verhandlungen mit Geldgebern fragen. Nur wenn es um die neuesten Mode-Kollektionen geht, löst sich die Verkrampfung.

Der neue Chef hat bereits fast die gesamte Führung neu besetzt

Es hat seinen Grund, dass Sälzer so zurückhaltend auftritt. Es ist völlig offen, ob er Escada vor der Pleite bewahren kann. Unter seinen zwei Vorgängern, die sich jeweils nur kurz an der Spitze halten konnten, ging es nur bergab. Das Resultat: Der Luxuskonzern kämpft nach einem Verlust von 70 Millionen Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr ums Überleben. Es bestehe ein Finanzierungsbedarf von 30 Millionen Euro in diesem Jahr, sagt Finanzvorstand Markus Schürholz, der auf dem Podium gleich neben Sälzer sitzt und fast genauso verkrampft wirkt. Mit Banken und den Investoren würden Gespräche geführt. Größte Anteilseigner sind die Tchibo-Eigner Wolfgang und Michael Herz. Zusätzlich plant der Konzern eine Herabsetzung des Kapitals, um damit auch die Voraussetzungen für die Ausgabe neuer Aktien zu schaffen. Eine Insolvenz schließt der Vorstand nicht aus. „Es ist immer dann zu Ende, wenn kein Geld mehr da ist“, sagt Schürholz trocken.

Eine Pleite wäre ein empfindlicher Rückschlag in Sälzers Karriere. Von 2002 bis Anfang vergangenen Jahres hat der Vater von vier Söhnen die Modemarke Boss geführt. Dabei gelang es ihm, die für den Konzern neue und lange sehr verlustreiche Damenkollektion in die schwarzen Zahlen zu bringen. Als Finanzinvestoren das Kommando bei Boss in Metzingen übernahmen und sich eine hohe Dividende genehmigen wollten, ging Sälzer im Streit. Kurz darauf heuerte er bei Escada an.

Dort muss der begeisterte Langstreckenläufer jetzt auf Sprint umschalten. „Dringenden Handlungsbedarf“ in allen Bereichen der Firma hat der Träger des schwarzen Karate-Gürtels ausgemacht. Deshalb hat Sälzer gleich einmal fast das gesamte Topmanagement ausgetauscht. Sein neues Team soll jetzt vom Einkauf über die Kollektionen bis zu den eigenen Läden alles auf Vordermann bringen. Seine wichtigste Aufgabe in nächster Zeit aber ist es, frisches Geld zu beschaffen. Wenn dies nicht gelingt, gehen in den 182 Escada-Geschäften bald die Lichter aus. HB

Joachim Hofer

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