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Wirtschaft: Möbel, die mitwachsen

Kindermöbel werden immer ausgefeilter: Sie passen sich den Bedürfnissen der Kinder an und ändern im Laufe der Zeit sogar ihre Funktion

Von Alexander Visser

Tische, die sich selber decken, Stühle, die laufen, oder singende Betten kennen wir aus Grimms Märchen oder der Muppets-Show. Leider gibt es solche lebenden Möbel selbst im originellsten Einrichtungsmarkt nicht zu kaufen. Doch viele Hersteller bieten immer ausgefeiltere Kindermöbel aus edlen Materialien mit hohem Spaßfaktor. Sie teilen sogar eine wichtige Eigenschaft mit den Kindern: Sie wachsen.

„Immer mehr Eltern achten darauf, Möbel zu kaufen, die mitwachsen können“, sagt Ulrike Rausch, Sprecherin des Kindermöbel-Herstellers Paidi. „Wenn das Kind wächst, wird aus der Wickelkommode ein Nachttisch oder ein Bücherregal.“ Das Traditionsunternehmen Paidi brachte 1936 das erste seriengefertigte Gitterbett für Kleinkinder auf den Markt. Auch heute liegen die ausbaufähigen Paidi-Betten im Trend. „Aus dem Gitterbettchen lässt sich ein Kinderbett und später ein Jugendbett machen“, so Rausch.

Wer auf Mitwachs-Einrichtung setzt, muss Qualitätsware kaufen, die jahrelang durchhält. Nur dann lohnt sich die Anfangsinvestition in Möbelsysteme wie Hoch- und Spielbetten, die immer mehr kleine Kletterer begeistern. Sind diese Konstruktionen mit ihren Leitern, Kletterseilen und Rutschen überhaupt noch Betten? Sie wirken wie Hochleistungs-Trainingszentren für Nachwuchs-Alpinisten mit Schlafnische. Bei Paidi lässt sich die Hochbetten-Serie „Varietta“ nach dem Baukastenprinzip weiterentwickeln. Beim Hersteller Hülsta bietet das variable Erlebnisbett Stauraum in Regalen und einen ausziehbaren Schreibtisch. Die Kleinen lieben besonders den Höhleneffekt unter dem Bett. Beim Berliner Möbelhaus Höffner beläuft sich der Komplettpreis mit Stoffhimmel und Tisch auf rund 3500 Euro (siehe Foto rechts).

Solch ausgefeilte Erlebniswelten gab es früher nicht. Da wurden noch Billig-Werkstoffe verwendet, die heute verpönt sind, wie lackierte Spanplatten. Die sahen im Laden prima aus, doch nach ein paar Monaten Kinderzimmer-Einsatz war vom Lack nicht mehr viel zu sehen. Heute setzen die meisten Möbelbauer auf ökologisch behandeltes Naturholz mit gerundeten Ecken.

Wie beim „Profilsystem“ von Flötotto mit den drei Hauptelementen Schrank, Bett und Schreibtisch. Naturfarbenes Massivholz und farbige Flächen prägen das vielseitige, ausbaufähige System. „Das Flötotto-Profilsystem ist ein seit 27 Jahren nahezu unveränderter Klassiker“, sagt Marketing-Leiter Andreas Stolle. Ob rot, blau oder gelb: Die farbigen Flächen lassen sich austauschen, wenn sich im Laufe der Jahre der Geschmack ändert. Doch offenbar setzen Eltern ohnehin weniger auf knallige Farben als früher: „Wir haben einen Trend zu zarten Farben und Weiß festgestellt“, sagt Stolle. Schließlich sollen die Möbel auch noch gefallen, wenn aus den Kindern Jugendliche geworden sind. Weil die Flötotto-Möbel so lange halten sollen, muss man anfangs mehr ausgeben. Ab 2500 Euro muss man im Berliner Stilwerk investieren.

Günstiger kommt weg, wer auf den bayerischen Traditionshersteller Geuther vertraut. Zwar sind nicht alle Möbel aus Vollholz gefertigt, dafür wird geprüfte Sicherheit groß geschrieben. Rund 1500 Euro müssen Eltern zum Beispiel für die komplette Einrichtung im mediterranen Finca-Design ausgeben, schätzt Marketing-Leiter Heinz Scheben. Der hat festgestellt, dass die Geschmäcker bei Kindermöbeln in Europa auseinander gehen: „Für Briten und Deutsche müssen Kindermöbel aus Holz sein. In Italien und Frankreich darf es auch mal Plastik und Metall sein.“

Offenbar geht Plastik auch in Schweden. Bei Ikea freut man sich über den Erfolg der „Mammut“-Serie. Die kindgerechten Kunststoff-Stühle mit den dicken Füßen wachsen zwar nicht mit, kosten aber auch nur 14 Euro. Bei Ikea merkt man auch nichts vom Trend zu dezenten Tönen. „Wir stellen uns auf leuchtende Farben ein: Lila und grün, Pastelltöne, aber auch Knalliges“, beschreibt Silja Bräckelmann den Stil des kommenden September-Katalogs. Als neue Marketing-Idee setzt Ikea jetzt auf Themenserien. „Wir bieten zum Beispiel Möbel für Prinzessinnen und kleine Ritter“, sagt Bräckelmann. Das ist zwar noch kein Tischlein-Deck-Dich, aber auch schon ganz schön fabelhaft.

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