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Schieder

© - Foto: ddp

Möbelhersteller: Ikea-Zulieferer ist pleite

Am Ende war Schieder nicht mehr zu retten: Europas größter Möbelhersteller ist insolvent. Die 11.000 Beschäftigten des westfälischen Unternehmens gehen unsicheren Zeiten entgegen.

Europas größter Möbelhersteller Schieder ist nach einem millionenschweren Bilanzskandal pleite. Die Verhandlungen mit Banken und Investoren seien bereits am Donnerstagabend endgültig gescheitert, sagte Interim-Geschäftsführer Ulrich Wlecke im lippischen Schieder-Schwalenberg im Anschluss an eine Betriebsversammlung. Noch am Freitagnachmittag sollte beim Amtsgericht Detmold ein Antrag auf Insolvenz eingereicht werden. "Das ist für das Unternehmen ein schwerer Schlag, aber auch für die Kreditgeber ein schwerer Schlag", sagte Wlecke. Laut IG Metall sind die rund 1300 Stellen in Deutschland "in allergrößter Gefahr".

Wlecke betonte, in Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter müsse das Ziel sein, das Unternehmen fortzuführen: "Alle Gläubiger werden erhebliche Verluste zu verkraften haben, wenn das Unternehmen nicht fortgeführt wird. Wir sehen einen Gleichklang der wirtschaftlichen Interessen." Es sei nicht zwingend, das Unternehmen zu zerschlagen. Reinhard Seiler, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Detmold, bestätigte, zusammen mit dem Insolvenzverwalter müsse geklärt werden, wie die Zerschlagung zu verhindern sei.

Schieder hat europaweit rund 11.000 Beschäftigte. Die Insolvenz ist nach Seilers Worten ein "Super-Gau" für die Region Ostwestfalen-Lippe, deren Möbelindustrie "massiv gebeutelt" sei: "Für unsere Region ist das eine verheerende Situation." Rund 800 Mitarbeiter verließen das Werksgelände nach der Betriebsversammlung mit düsteren Mienen. Zuvor hatte sich Wlecke zuversichtlich geäußert, eine Einigung mit den Geldgebern herbeiführen zu können.

Bilanzfälschungen vertuschten Überschuldung

Management, Banken und Investoren hatten tagelang über die künftige Finanzierung des Möbelriesen verhandelt, der nach Bekanntwerden von massiven Bilanzfälschungen überschuldet ist. Laut Wlecke liegen die Finanzschulden bei bis zu 400 Millionen Euro, das Eigenkapital brach im März von ursprünglich 125 Millionen Euro auf minus 60 bis minus 80 Millionen Euro ein. Erst im April war Schieder, das aus 115 Gesellschaften besteht - darunter rund 80 operative -, knapp an einer Insolvenz vorbeigeschlittert.

Die Gespräche mit den Geldgebern scheiterten laut Wlecke nicht am Finanzierungskonzept, das Forderungsverzichte von 180 Millionen Euro vorsah, sondern an der Frage, welche Anteile vom Eigenkapital die Geldgeber nachrangiger Kredite erhalten sollten. "Mehrere Institute haben sich nicht genügend bewegt", sagte er. Das sei der "Todesstoß" gewesen. Erst am Freitagmorgen hatte Die DZ-Bank-Tochter DZ Equity Partner Vorwürfe zurückgewiesen, die Sanierung zu blockieren. "Es ist nicht unser Interesse, Schieder in die Insolvenz zu führen", sagte Geschäftsführer Olivier Weddrien. Allerdings hieß es in Bankenkreisen, dass Hedgefonds bei der Umwandlung der Schulden in Firmenanteile Sondervorteile für sich herausschlagen wollten.

Vier ehemalige Manager in Untersuchungshaft

In der Vergangenheit seien Verluste nicht abgestellt, sondern versteckt worden, kritisierte Wlecke das Vorgängermanagement. Sämtliche Produktionswerke in Deutschland machten Verluste. Ende Mai seien Bilanzmanipulationen festgestellt worden, vier frühere Manager sind in Untersuchungshaft. Nach Angaben des Bielefelder Oberstaatsanwalts Klaus Pollmann können die Ermittlungen - etwa gegen den 68 Jahre alte Schieder-Gründer Rolf Demuth sowie Ex- Geschäftsführer S. J. (42) - Monate dauern. Den Managern wird vorgeworfen, die Bilanzen der Geschäftsjahre 2004/2005 und 2005/2006 um jeweils 34 Millionen Euro geschönt und Kredite und Genussscheine über rund 283 Millionen Euro erschlichen zu haben.

Nach Angaben des Geschäftsführers sind die Schieder- Tochtergesellschaften in der Schweiz, in Liechtenstein, Italien und Bosnien-Herzegowina "recht gesund" und von dem Insolvenzantrag nicht betroffen.

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