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Wirtschaft: Montanmitbestimmung auf dem Richtertisch

KARLSRUHE (ukn).Die Montanmitbestimmung liegt seit Dienstag auf dem Karlsruher Richtertisch.

KARLSRUHE (ukn).Die Montanmitbestimmung liegt seit Dienstag auf dem Karlsruher Richtertisch.Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat ein Gesetz der alten Bundesregierung von 1988 zu püfen, das montanmitbestimmte Konzernobergesellschaften in diesem System auch dann hält, wenn sie ihren Schwerpunkt aus der Stahlproduktion in andere Bereiche verlagert haben.Das Urteil, das frühestens im Februar kommenden Jahres erwartet wird, betrifft vor allem die Mannesmann AG.Obwohl Mannesmann nach Angaben des stellvertretenden Vorstandschefs Klaus Esser nur noch 140 Mitarbeiter im Stahlbereich beschäftigt, untersteht die gesamte AG der Montanmitbestimmung.Der im Dezember fusionierende Krupp-Thyssen-Konzern werde dagegen unter die normalen Mitbestimmungsgesetze fallen, obwohl er eine Montanquote von über vierzig Prozent haben wird und über 50 000 Mitarbeiter in diesem Bereich beschäftigt.

Die Geschichte der Montanmitbestimmung ist für dieses Ergebnis verantwortlich, wie die mündliche Verhandlung in Karlsruhe deutlich machte.Noch die Alliierten brachten die Montanmitbestimmung für die deutsche Stahlindustrie auf den Weg, um eine neue Kriegsproduktion zu verhindern.Die Bundesregierungen erweiterten die Vorschriften.Auch die Aufsichtsräte von Konzernobergesellschaften, die die Hälfte ihrer Wertschöpfung aus dem Montanbereich ziehen, werden paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzt, bei Stimmenpatt gibt ein "Neutraler" den Ausschlag.Die seit 1976 geltende Mitbestimmung sieht dagegen vor, daß bei Stimmengleichheit der Aufsichtsratschef, in der Regel ein Arbeitgebervertreter, den Stichentscheid hat.Mit dem Schrumpfen der Montanindustrie fielen jedoch immer mehr Konzerngesellschaften aus der Montanmitbestimmung heraus.1988 wurden schließlich die Quoten gesenkt.Ein ursprünglich montanmitbestimmtes Unternehmen bleibt in diesem System, wenn es noch ein Fünftel seiner Wertschöpfung im Montanbereich hat.Neu-Gesellschaften brauchen dagegen weiter fünfzig Prozent.Mannesmann blieb als Alt-Konzern montanmitbestimmt, obwohl sein Geschäftsschwerpunkt längst im Telekommunikationsbereich liegt.

Für die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz behandelt das geltende Gesetz Konzerne ohne sachlichen Grund ungleich und führt zu Wettbewerbsverzerrungen.Sie strengte deshalb vor den Zivilgerichten ein Verfahren an, das jetzt zur Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht führte.

Bundesarbeitsminister, Walter Riester (SPD), verteidigte in Karlsruhe das Gesetz.Riester rechnete vor, daß in der deutschen Stahlindustrie seit 1983 rund sechs von zehn Arbeitsplätzen verloren gingen.Daß das "relativ geräuschlos" geschah, sei auch der Montanmitbestimmung zu verdanken, so Riester.Daß inzwischen 40 Prozent deutscher Stahlunternehmen europäische Muttergesellschaften haben (im Osten sogar 90 Prozent), bewertete die Vertreterin der IG-Metall als Beweis, daß die Montanmitbestimmung ausländische Konzerne nicht davon abhalte, in Deutschland zu investieren.

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