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Wirtschaft: Montblanc steigt in die Luxusliga auf

Der deutsche Schreibgerätehersteller gibt sich schweizerisch und verkauft auch teure Armbanduhren

Hamburg - Fast ein Jahrhundert lang definierte sich der deutsche Schreibgerätehersteller Montblanc nur über sein Flaggschiff: Den handgefertigten Edel-Füllfederhalter „Meisterstück“ mit Platinfeder. Als dann Unternehmenschef Norbert Platt 1997 mit den ersten Armbanduhren aus der Montblanc-Produktion auf dem Treffen der Uhrenindustrie in Genf eintraf, scherzte die Fachwelt noch. „Wo füllt man denn hier die Tinte hinein?“ spottete ein Skeptiker. Doch aus dem belächelten Experiment ist nun ein mutiger Strategiewechsel geworden, mit dem das Hamburger Unternehmen zum globalen Luxusgüterhersteller aufsteigen will.

Nach dem Vorbild anderer europäischer Luxusmarken wie Gucci, Burberry und LVMH Moët Hennessy Luis Vuitton verlässt das Unternehmen das angestammte Terrain und stößt in neue Produktmärkte vor. Der Montblanc-Stern ziert neben den Schreibgeräten inzwischen Luxusgüter aller Art, angefangen von Parfümen und Taschenmessern bis hin zu Manschettenknöpfen und Sonnenbrillen. Doch das Herzstück der Neuausrichtung liegt in den Edel-Armbanduhren. „Die Uhren sind unser Wachstumsmarkt“, sagt Jan-Patrick Schmitz, Chef des Unternehmensbereiches USA, dem größten Absatzmarkt von Montblanc. Schon in fünf bis acht Jahren sollen die Uhrenverkäufe die Umsätze bei den Schreibgeräten überholt haben.

Dass Montblanc aus dem Nichts in eine Spezialbranche vorstoßen kann, sagt viel über den Luxusartikelmarkt. Wer bislang mechanische Uhren baute, musste eigene Uhrwerke entwerfen – ein kostspieliger Prozess. Montblanc macht es sich einfacher: Die Uhrwerke werden von der Swatch-Gruppe bezogen und in eigene Gehäuse montiert. Die Armbanduhren für 600 bis 1900 Euro rangieren im unteren Preissegment der Luxusklasse.

Als Neueinsteiger auf dem von alt-ehrwürdigen Marken geprägten Uhrengeschäft erzielte Montblanc schon erste Erfolge. Den größten Anteil am zwölf Milliarden Euro teuren Markt mit Edel-Zeitmessern sichert sich immer noch der Schweizer Rolex-Konzern, mit einem jährlichen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro. Montblanc verkauft nur einen Bruchteil davon, aber immerhin schon mehr als andere Luxusmarken wie Louis Vuitton, Chanel und Tiffany.

Trotz des eher modernen Erscheinungsbildes vieler Montblanc-Uhren will man die Käufer vor allem von den handwerklichen Qualitäten überzeugen. Dass Montblanc keine Tradition im Uhrenbau hat, soll die Kundschaft vergessen: Das Unternehmen siedelte das Hauptquartier der Sparte in einer Jugendstil-Villa in Le Locle an, dem Zentrum der schweizerischen Uhrenfabrikation. Die Villa sticht im Werbematerial des Unternehmens hervor und drängt die deutsche Herkunft in den Hintergrund.

Selbst die Unternehmensführung gibt zu, dass der Sparte ein schweizerischer oder französischer Anstrich gegeben wird. „Genauso, wie man keine guten Tangotänzer in Grönland erwartet, ist Deutschland nicht gerade für seine Luxusmarken bekannt“, sagt Platt, der seit September an der Spitze der schweizerischen Richemont steht, dem Mutterkonzern von Montblanc. Die Kunden sind dabei leichter zu überzeugen als die Börse. Analysten begrüßen zwar die Erweiterung der Luxusmarke, warnen aber vor den Risiken. Wenn sich ein etabliertes Unternehmen auch nur um „wenige Schritte“ vom Kerngeschäft entfernt, „besteht immer die Gefahr, die Marke zu verwässern“, sagt James Hurley, Analyst für die Luxusgüterbranche bei Bear Stearns.

Bereits in den frühen 80er Jahren wollte sich Montblanc neu definieren. Man versuchte sich auf dem Markt der preiswerteren Schreib-Utensilien – ein Fehlschlag, wie sich herausstellen sollte. Die Marke litt beträchtlich und das Unternehmen geriet an den Rand der Insolvenz. Erst unter der Führung von Platt erholte sich Montblanc, nicht zuletzt, weil man sich wieder auf den „Meisterstück“-Federhalter konzentrierte und seinen Verkaufspreis verdoppelte. Platt führte auch Sonder-Editionen des Schreibgeräts ein, für die bis zu 10000 Dollar gezahlt werden.

Mit jährlich fünf Prozent Wachstum im Geschäft mit Luxus-Schreibgeräten will sich Montblanc nicht abfinden. Platt hat es auf wohlhabende Käufer abgesehen. „Die Philosophie ist einfach“, sagt er: „Unsere Produkte kann man vererben.“

Übersetzt und gekürzt von Tina Specht

Matthew Karnitschnig

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