zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Moskau macht Druck auf Globalisierungskritiker

Vor dem Gipfel sind auch zwei Berliner festgenommen worden / Deutschland lehnt Hilfe für Nichtregierungsorganisationen ab

Moskau/Washington - Bei fremdenfeindlichen Überfällen wagen Russlands Ordnungshüter sich oft nicht einmal zu zweit an Skinheads und andere Schläger heran. Umso niedriger liegt dafür die Hemmschwelle, wenn es gilt, Regimegegner und Globalisierungskritiker im Vorfeld des G-8-Gipfels am Wochenende in St. Petersburg unschädlich zu machen. Schon seit Wochen und mit seltener Brutalität gehen Polizei und Geheimdienste gegen Teilnehmer alternativer Veranstaltungen vor.

Gleich in mehreren Regionen Russlands gab es „präventive Verhaftungen“ von Bürgerrechtlern, Umweltschützern und Gewerkschaftern, die in St. Petersburg an einem alternativen Energie-Forum und einem Sozialforum teilnehmen wollten. Seit Sonntag sitzen auch rund 30 ausländische Globalisierungskritiker in den Arrestzellen der Polizeiwachen – darunter auch zwei Deutsche aus Berlin.

Mit ähnlichen Repressionen sahen sich auch die Teilnehmer eines Gegengipfels der russischen Opposition konfrontiert, der seit Dienstag in Moskau tagt. „Offizielle Vertreter“ des Westens hatte der Vizechef der Kreml-Administration, Igor Schuwalow, schon vergangene Woche für unerwünscht erklärt.

Auf Unterstützung der Bundesregierung, die ebenfalls an dem Treffen der wichtigsten Industrieländer teilnehmen wird, können die Globalisierungsgegner nicht zählen: Vertreter der russischen Zivilgesellschaft hatten die Bundesregierung Mitte Mai zwar per Brief gebeten, während des G-8-Gipfels einen Empfang für sie auszurichten. Doch die Bundesregierung hat auf Druck des Kremls Abstand davon genommen. Das sagte Sarah Mendelson, Expertin für die russische Demokratiebewegung am Center for Security and International Studies in Washington, dem Tagesspiegel. Von dem Empfang erhofften sich die NGOs (Nichtregierungsorganisationen) internationale Aufmerksamkeit und einen gewissen Schutz, dass sie nach dem Gipfel nicht verstärkt politisch verfolgt werden.

Die Idee des Empfangs war im Frühjahr von russischen und westlichen NGOs sowie europäischen und amerikanischen Diplomaten geboren worden. Die russischen Vertreter wünschten, dass nicht die USA den Empfang ausrichten, weil das dem Kreml zusätzlichen Vorwand geboten hätte, sie als „Spione Amerikas“ und Feinde Russlands zu diskreditieren. Die Wahl fiel schließlich auf Deutschland, weil es nach Russland den Vorsitz der G 8 übernimmt. Die Urheber hofften, eine neue Tradition zu starten: bei jedem G-8-Gipfel solle der künftige G-8-Vorsitz einen Empfang für NGOs des Gastgeberlandes ausrichten.

Doch der Kreml hat der Bundesregierung nach Angaben der Demokratie-Expertin Sarah Mendelson zu verstehen gegeben, dass er einen Empfang für Putins Kritiker als „unfreundlichen Akt“ bewerten werde – eine sehr scharfe Reaktion in der Sprache der Diplomatie. Daraufhin wurde die Idee nicht weiterverfolgt.

Zur Startseite