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Wirtschaft: Motorrad-Aktien auf der Überholspur

Ein kurzes Zucken am Gasgriff genügt, schon schießt die feuerrote Italienerin nach vorn. Die Rede ist von der Ducati 996 - ein Sportmotorrad, das auch auf der Rennstrecke hält, was es verspricht.

Ein kurzes Zucken am Gasgriff genügt, schon schießt die feuerrote Italienerin nach vorn. Die Rede ist von der Ducati 996 - ein Sportmotorrad, das auch auf der Rennstrecke hält, was es verspricht. Bislang diktiert Ducati-Fahrer Carl Fogarty in der laufenden Superbike-Weltmeisterschaft das Geschehen nach Belieben. Bleibt nur zu hoffen, daß auch die Anleger vom Erfolg der italienischen Traditionsmarke Ducati profitieren.

Seit zwei Monaten notiert die Aktie des Herstellers hubraumstarker Sportmotorräder an der Mailänder Börse. Der Kurs pendelt seitdem um den Emissionskurs von 2,90 Euro. Für Analyst Giovanni Bocchieri von der Banca Commerciale Italiana ist die Aktie trotzdem ein klarer Kauf: "Angesichts der erwarteten Gewinnentwicklung ist das Papier günstig bewertet. Bis Jahresende sehe ich einen Kursanstieg auf 3,00 bis 3,30 Euro." Dabei hätte noch vor drei Jahren kaum jemand eine Lira auf Ducati gewettet. Damals steckte das Unternehmen in akuten Finanznöten. Die allgemeine Nachfrage nach Motorrädern war schwach. Im September 1996 kam Hilfe aus den USA. Die Beteiligungsgesellschaft Texas Pacific Group gründete zusammen mit Cagiva die Ducati Motor Holding. Der Sanierungskurs des neuen Vorstandsvorsitzenden Frederico Minoli schlug an. Der Mailänder investierte massiv in Forschung und Entwicklung und baute die Vertriebsstruktur um. Der Umsatz hat sich seitdem mehr als verdoppelt. Dennoch wurde aufgrund der hohen Investitionen die Bilanz 1998 mit einem Verlust von 2,4 Mrd. Lire (rund 2,4 Mill. DM) abgeschlossen. "Es besteht jedoch kein Zweifel daran, daß Ducati in diesem Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben wird", ist Analyst Bocchieri überzeugt. Tatsächlich läuft der Motorradverkauf wie geschmiert.

Zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren zählt nach Meinung der Analysten das neue Vertriebssystem. Andrea Storti von Merrill Lynch prognostiziert: "Vorstandschef Minoli wird sein strategisches Ziel, den Marktanteil von Ducati im Segment ab 500 Kubik auf zehn Prozent zu erhöhen, rasch erreichen."

Ein Vergleich der Italiener mit anderen börsennotierten Motorradproduzenten fällt den Analysten schwer. Zum einen handelt es sich bei den Konkurrenten meist um Automobil- oder Mischkonzerne, bei denen der Motorradabsatz nur einen Bruchteil des Gesamtumsatzes ausmacht. Zum anderen sind viele Wettbewerber in anderen Segmenten positioniert. Am ehesten ist Ducati mit Harley-Davidson zu vergleichen. "Harley-Davidson verfügt wie Ducati über einen festen Kundenstamm und einen bekannten Markennamen", betont Soleri. Einst dienten die Maschinen freiheitsliebenden Vertretern der amerikanischen Protestbewegung als Fahrzeug. Heute parken sie überwiegend in den Garagen von Managern, Rechtsanwälten und Unternehmensberatern. Die gutverdienende Harley-Davidson-Klientel sorgt für steigende Absatzraten, was den Kurs der Aktie weiter nach oben treibt. Doch auch bei Finanzexperten steht Harley-Davidson hoch im Kurs: Allein seit Februar haben rund ein Dutzend Analysten eine Kaufempfehlungen für den Titel ausgesprochen. "Harley-Davidson verkauft nicht einfach nur Motorräder, sondern einen Lebensstil, Freiheit und Abenteuer", meint Michael Millman, Vice-President des Brokerhauses Salomon Smith Barney, New York. Die Nachfrage übersteigt bei weitem das Angebot. Das Unternehmen wird die Kapazitäten daher weiter ausbauen. In diesem Jahr sollen rund 170 000 Maschinen produziert werden, 1998 waren es noch 150 000. "Der Gewinn pro Aktie wird in den nächsten Jahren voraussichtlich um jeweils 20 Prozent wachsen", prognostiziert der Finanzexperte. Er rechnet damit, daß der Kurs in den nächsten zwölf bis 18 Monaten auf mindestens 73 Dollar anziehen wird. "Der hohe Marktanteil und das überdurchschnittliche Wachstumspotential sprechen für Harley-Davidson", bestätigt Fondsmanager Rainer Vermehren von der DWS, der Investmenttochter der Deutschen Bank.

Von der steigenden Nachfrage nach schweren Motorrädern profitiert auch BMW. Mit einem Zuwachs um fast zwölf Prozent auf rund 60 000 Stück verzeichnete die Motorradsparte - gefertigt wird nicht in München, sondern in Berlin-Spandau - 1998 das sechste Rekordjahr in Folge. In Deutschland beläuft sich der Anteil der Neuzulassungen im ersten Quartal 1999 auf 11,2 Prozent. Gestützt wird das Wachstum aber vor allem vom Export. Die USA und Italien gelten als größte Abnehmer der deutschen Motorräder. Für die Gesamtentwicklung des BMW- Konzerns haben die Motorräder mit einem Anteil von nur zwei Prozent am Umsatz jedoch so gut wie keinen Einfluß.

Ähnlich pessimistisch stufen die Analysten die Kursentwicklung der japanischen Motorradproduzenten ein. Wie bei BMW spielt bei den Asiaten das Motorradgeschäft meist nur eine Nebenrolle. "Der relativ starke Yen belastet zudem das Exportgeschäft der Japaner", gibt Christopher Richter von HSBC Securities, Tokio, zu bedenken und warnt Anleger daher vor einem Einstieg. Bei Honda-Aktien rät er ausdrücklich zum Verkauf des Bestandes. Lediglich bei Yamaha ist Stephen Usher von Jardine Fleming Securities anderer Ansicht und empfiehlt den Titel zum Kauf. "Dies liegt aber weniger am Motorradgeschäft, sondern vielmehr an der erfolgreichen Umstrukturierung im Segment Marine Products wie Jet Skis und Bootsmotoren", erklärt Usher. Seiner Einschätzung zufolge wird der Aktienkurs innerhalb eines Jahres auf 1200 Yen klettern.

SANDRA SCHUFFELEN (HB)

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