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Wirtschaft: Müntefering entschärft Lehrlingsumlage

Ausnahmeregeln für Krankenhäuser und Pflegeheime / Kommunen kämpfen weiter gegen Ausbildungsabgabe

Berlin (ce/HB/bag). SPDChef Franz Müntefering ist angesichts massiver Kritik an der geplanten Ausbildungsumlage zu Korrekturen am Gesetz bereit. Für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen könne es Befreiungen von der Umlage geben, sagte Müntefering am Donnerstag im Deutschlandfunk. Der Fraktionschef deutete außerdem an, dass schulische und akademische Berufsausbildungen bei der Ausbildungsleistung anerkannt würden. Müntefering nahm damit zentrale Forderungen der Grünen-Bundestagsfraktion auf.

Müntefering braucht die Unterstützung aus den eigenen Reihen, um die Ausbildungsumlage über die parlamentarischen Hürden zu bringen. Sowohl bei der SPD als auch bei den Grünen hatte es deutliche Kritik am ersten Gesetzentwurf gegeben, der als noch nicht „ausgereift“ kritisiert worden war. Zugeständnisse an die Koalitionsfraktionen könnten Müntefering zumindest die Mehrheit im Bundestag sichern. Am Wochenende will der SPD-Chef darüber hinaus in einem Gespräch mit mehreren SPD-Ministerpräsidenten um deren Zustimmung im Bundesrat werben. Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz fordern Ausnahmen für regionale Ausbildungsinitiativen. Bei diesem Punkt bleibt Müntefering bislang jedoch hart. „Das kann ich nicht bundesländerweit abgrenzen, sondern das ist eine Aufgabe, die wir in Deutschland insgesamt zu erfüllen haben“, sagte der Fraktionschef am Donnerstag.

Für eine generelle Ausnahme von der Umlage machen sich die Kommunen stark. Nach Berechnungen des Deutschen Städtetags würde die Umlage die Städte und Gemeinden in diesem Jahr mit rund 260 Millionen Euro belasten. „Das können wir nicht verkraften“, sagte Helmut Fogt, beim Städtetag für Personal und Organisation zuständig, dem Tagesspiegel. Die Folge werde sein, dass viele Kommunen weitere Lehrstellen streichen würden, sagt Vogt. Nach Berechnungen des Städtetags würde Berlin durch die Umlage zusätzlich mit 12 bis 14 Millionen Euro belastet, München mit 3,5, Leipzig mit 2 bis 3, Frankfurt am Main mit 2 und Hannover mit etwa 1,6 Millionen Euro. Vogt verweist darauf, dass die Kommunen als Träger der Berufsschulen bereits eine Milliarde Euro im Jahr für das System der dualen Berufsausbildung aufbringen würden.

Trotz der Kritik von Kommunen und aus der Wirtschaft wollen die Koalitionsspitzen aber in jedem Fall an ihren Gesetzesplänen festhalten. Das Gesetz werde „auf jeden Fall kommen“, sagte Grünen-Fraktionchefin Krista Sager dem „Handelsblatt“. Ob dann die Abgabe tatsächlich nötig werde, „hat die Wirtschaft nach wie vor in der Hand“. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass eine Umlage dann erhoben werden kann, wenn im Herbst das Angebot an Lehrstellen die Zahl der unversorgten Bewerber um weniger als 15 Prozent übertrifft.

Mit dem Beharren der Koalition auf dem Druckmittel einer gesetzlichen Regelung wird zugleich ein Gipfeltreffen mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften unwahrscheinlicher. Müntefering hatte ein solches Gespräch vorgeschlagen, bei dem über eine „Konzertierte Aktion“ für mehr Ausbildungsplätze beraten werden solle. Doch der Deutsche Industrie-und Handelskammertag sowie das Handwerk hatten signalisiert, ein Treffen mache nur dann Sinn, wenn die Koalition zuvor das Gesetzesprojekt zurückstelle.

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