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Musiklabel: Schlager auf Schlager

Jack White klagt gegen den Rauswurf aus der von ihm gegründeten Musikfirma und wirft Nachfolger Thomas Stein Unfähigkeit vor. Die Affäre beschäftigt jetzt die Gerichte.

Berlin - Schrille Töne beim Berliner Musikproduzenten Jack White: Schlagerlegende Jack White will sich vor Gericht gegen den Rauswurf aus der von ihm gegründeten Firma wehren. „Ich werde in den nächsten Tagen Klage einreichen“, sagte White am Dienstag dem Tagesspiegel. In der vergangenen Woche hatte die börsennotierte Jack White Productions AG (JWP) White mit sofortiger Wirkung als Chef der Tochter White Records abberufen. Auch sein Beratervertrag wurde gekündigt. „Die Kündigung ist unwirksam. Mir stehen nach vorläufigen Berechnungen 3,7 Millionen Euro zu“, sagte White („Fußball ist unser Leben“, „Gloria“), der mit bürgerlichem Namen Horst Nussbaum heißt. Bereits Ende Januar war der 66-Jährige aus dem Vorstand des Unternehmens ausgeschieden.

Die von seinem Nachfolger Thomas Stein gegebene Begründung für den Rauswurf, White habe dem Unternehmen durch „parallele unternehmerische Aktivitäten“ Konkurrenz gemacht, wies der Produzent zurück. „Ich kann nicht verstehen, dass sich Thomas Stein mit mir derart anlegt. Ich habe mit meinen Künstlern und dem Jack-White-Katalog mehr als 90 Prozent des Umsatzes der JWP AG gemacht.“ Stein, der am Dienstag zu keiner Stellungnahme bereit war, war früher Musikmanager bei Bertelsmann und wurde als Jury-Mitglied („Onkel Stein“) der TV-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ bekannt. Jack White hatte den 58-jährigen Stein im Herbst 2005 in sein Unternehmen geholt, in der Hoffnung, dass der Manager „aus einem kleinen stabilen Unternehmen einen internationalen Player macht“, wie er sagt. „Das Gegenteil ist der Fall.“ Stattdessen streiten sich die beiden in die Jahre gekommenen Musikunternehmer nun vor Gericht.

Zum Hintergrund: Stein hatte unlängst den Verkauf des Transcontinent Musikverlages für 2,8 Millionen Euro angekündigt, in dem die Copyrights der von Firmengründer Jack White produzierten Lieder für Schlagerstars wie Hansi Hinterseer, Vicky Leandros oder Roland Kaiser liegen. Ein Käufer wurde nicht genannt. Jack White, der den Verkauf für „völlig irre“ hält, fühlt sich nicht nur in seiner Produzentenehre, sondern auch in seinen Rechten verletzt. Er verweist auf eine Wettbewerbsvereinbarung in seinem „lebenslangen“ Beratervertrag: „Ich habe rechtzeitig unter Zeugen klar gemacht, dass ich für den Fall des Verkaufs einen eigenen Verlag gründen werde, weil auch meine neuen Lieder einen Verlag brauchen, der sie pflegt“, sagte er im Gespräch mit dieser Zeitung. Anfang des Jahres hatte White den Gloriella Musikverlag Horst Nussbaum gegründet. Den von Stein angekündigten Verkauf seines alten Verlages an einen offenbar nicht aus der Branche stammenden Käufer will er rückgängig machen. Es gebe ein Rückrufsrecht für seine Copyrights, sagte White, „von dem ich nach Feststellung der Unzumutbarkeit des Übertrages auf den Käufer Gebrauch machen werde“. Außerdem habe er bis zum 13. August ein Vorkaufsrecht für den Verlag. „Das wird dem Käufer, um den ein Riesengeheimnis gemacht wird, sicher nicht gefallen.“

Für das mittelständische Unternehmen JWP könnte die Auseinandersetzung teuer werden. Die einst am Neuen Markt gefeierte Gesellschaft ist ohnehin in Schwierigkeiten. 2006 war JWP nach einer Halbierung des Umsatzes auf 11,7 Millionen Euro mit acht Millionen Euro in die roten Zahlen gerutscht. Absatzprobleme und Abschreibungsbedarf im US-Geschäft sowie Einbußen auf dem deutschen Musikmarkt setzten der Traditionsfirma schwer zu. Über die 51-Prozent-Beteiligung an der Managementfirma 313 Music versuchte JWP zuletzt, vom Erfolg des „Superstars“-Gewinners Mark Medlock zu profitieren.

Die Prognose von Thomas Stein, JWP werde sich bald erholen und könne in absehbarer Zeit einen Umsatz von 60 Millionen Euro machen, kommentierte White so: „Schreiben Sie: Jack White hat laut gelacht.“ Die Halbjahreszahlen, die Ende des Monats vorgelegt würden, „sprechen die Wahrheit“, sagte White. „Stein hat massiv Geld verbrannt. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass die JWP AG aktuelle Liquiditätsprobleme hat.“ An der Börse waren JWP-Aktien, von denen Jack White nach eigener Auskunft noch ein „paar hundert“ besitzt, in der vergangenen Woche nach dem Rauswurf des Gründers abgestürzt. Am Dienstag kostete das Papier 1,22 Euro. Am Neuen Markt war die Aktie für bis zu 53 Euro gehandelt worden.

Um seine eigene berufliche Zukunft macht sich Jack White unterdessen keine Sorgen: „Ich schließe nicht aus, dass ich ein neues Label machen werde. Die Majors reißen sich schon um den Vertrieb; es gibt ein reges Interesse an einer Zusammenarbeit mit mir“, sagte er. Sollte es dazu kommen, glaube er nicht, „dass ein einziger meiner Künstler bei JWP bleiben wird. Das gleiche gilt auch für mein Team“.

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