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Wirtschaft: Nach 135 Jahren droht dem Stammwerk von Edscha das Aus

Bei dem Autozulieferer will die Carlyle Group Personalkosten radikal senken / Die IG Metall nennt die Pläne eiskalt und asozial

Berlin - Die Tage des Autozulieferers Edscha am Heimatstandort Remscheid, wo das Unternehmen 1870 gegründet wurde, sind gezählt. Das Unternehmen, mehrheitlich im Besitz des Beteiligungsfonds Carlyle Group, verlangt von seinen gut 300 Mitarbeitern Einsparungen von 20 Prozent der Personalkosten. „Wenn die 20 Prozent nicht geschafft werden, müssen wir in den sauren Apfel beißen“, sagte Firmensprecherin Christiane Nadol auf Anfrage.

Dagegen empörte sich der Remscheider IG-Metall-Chef Michael Mahlke. „Wir haben miterlebt, wie eiskalt die vorgehen. Das ist asozial.“ Der Gewerkschafter erinnerte an einen früheren Sanierungstarifvertrag für rund 200 Mitarbeiter in der Produktion in Remscheid. Die Beschäftigten arbeiteten über einen Zeitraum von zwei Jahren fünf Stunden länger – ohne die Mehrarbeit bezahlt zu bekommen. Nach Ablauf des so genannten Sanierungstarifvertrags wurde das Werk dann doch geschlossen. Auf Grund dieser Erfahrung ist auch die Betriebsratsvorsitzende Bettina Reckert skeptisch, was die Sicherheit der Arbeitsplätze in der Zentrale anbelangt. „Wir fühlen uns verarscht.“ Der Edscha-Vorstandsvorsitzende Manfred Puhlmann hatte am Wochenende angekündigt, von den weltweit 6400 Arbeitsplätzen rund 500 streichen zu wollen. Betroffen sind Werke in England, Frankreich, Portugal und Kanada. In den zwei deutschen Werken im ehemaligen bayerischen Zonenrandgebiet, die dort in den 60er und 80er Jahren wegen der Zonenrandförderung aufgebaut wurden, soll keine Beschäftigung abgebaut werden. Allerdings will der Vorstand von den dortigen rund 1300 Beschäftigten zehn Millionen Euro; das entspricht Einbußen von rund zehn Prozent.

Edscha war 1870 durch den 26-jährigen Eduard Scharwächter, aus dessen Namenskürzeln sich der Firmenname zusammensetzt, gegründet worden. Das wichtigste Produkt von damals bis heute sind Scharniere. In den vergangenen Jahren bekamen Cabrio-Dachsysteme zunehmend Bedeutung, weshalb auch der Private Equity Fonds Carlyle einstieg. „Bei Edscha wollen wir den Wachstumsbereich Cabrioverdecke nachhaltig stärken und weiter ausbauen“, sagte der Managing Director von Carlyle, Heiner Rutt, Ende vergangenen Jahres. Rutt fungiert bei Edscha als Aufsichtsratsvorsitzender. Vom Gesamtumsatz (985 Millionen Euro) entfielen zuletzt 220 Millionen auf Cabrio-Systeme und knapp 580 Millionen auf Scharniere. Der Rest verteilt sich auf die Bereiche Fahrzeugentwicklung, Betätigungssysteme und Lkw-Schiebeverdecke. Der Jahresüberschuss betrug zwölf Millionen Euro.

Gute Erfahrungen mit den Finanzinvestoren von Carlyle hat der sauerländische Autozulieferer Honsel gemacht. „Die Kapitalspritzen haben der Firma gut getan, und die Investoren haben sich nicht ins operative Geschäft eingemischt“, sagte der dortige IG-Metall-Chef, Wolfgang Werth, auf Anfrage. „Es wurde viel erreicht für das ganze Unternehmen und die Region.“ Nach fünf Jahren verkaufte Carlyle Honsel an einen anderen Investor. Im Anschluss an den Rückzug von Carlyle ging auch Honsel-Chef Engelbert Heimes – und sitzt nun im Aufsichtsrat von Edscha. Vielleicht macht die Erfahrung der Sauerländer den Arbeitnehmervertretern in Remscheid und in den bayerischen Edscha-Werken Hoffnung. „Aus Sicht der Arbeitnehmer hat Herr Heimes hier einen guten Job gemacht“, sagt Gewerkschafter Werth.

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