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Zu wenig Kunden. Die Umsätze sind im Geschäftsjahr 2012/2013 weiter gesunken.

© C. Dobberke

Nach dem Eigentümerwechsel: Karstadt kommt nicht zur Ruhe

Warten auf Benko: Die Karstadt-Zahlen sind weiter schlecht, die Aufsichtsratssitzung ist verschoben, mit Kai-Uwe Weitz geht der nächste Geschäftsführer. Bringt der neue Eigentümer die Wende?

Von Maris Hubschmid

Berlin - Die Nachrichten aus dem Hause Karstadt reißen nicht ab, doch in der Sache bewegt sich wenig. Nach dem Eigentümerwechsel warten die rund 17 000 Mitarbeiter des Traditionsunternehmens weiter auf Lösungsansätze. Neue Zahlen, die jetzt im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden, zeigen, dass der Konzern weiter immense Verluste macht: Im Geschäftsjahr 2012/2013 wurde ein Minus von 131 Millionen Euro angehäuft, beim reinen Betriebsergebnis betrug der Fehlbetrag 124 Millionen Euro nach nur 30 Millionen Euro imVorjahr. Auch für das laufende Jahr werde ein Verlust in dreistelliger Millionenhöhe erwartet.

Die für Donnerstag geplante Aufsichtsratssitzung, auf der über ein Sanierungskonzept beraten werden sollte, wurde zum zweiten Mal verschoben. Noch sei nicht alles für den Eigentümerwechsel geregelt, begründete Karstadt die Absage am Dienstag. Ein neuer Termin könne „erst nach der Freigabe der Übernahme durch das Bundeskartellamt und der Neuwahl der Anteilseigner-Vertreter festgelegt werden“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Stephan Fanderl. Derweil hat der Essener Konzern ein weiteres Mitglied verloren: Kai-Uwe Weitz, der die Geschäfte seit dem überraschenden Abgang der Schwedin Eva-Lotta Sjöstedt führte, verlässt das Unternehmen.

Sein Abgang ist ein "gutes Zeichen"

Laut Karstadt trennt man sich in beidseitigem Einverständnis. Weitz hatte bereits vor dem kurzen Auftritt von Sjöstedt als Interimschef fungiert und war seit Jahren Arbeitsdirektor im Konzern. Er zeichnete verantwortlich dafür, dass Karstadt aus dem Tarifvertrag ausstieg und war es auch, der immer wieder betonte, dass kein Standort „sicher“ sei. Unter den Angestellten dürfte sich die Bestürzung über seinen Abschied daher in Grenzen halten. Hellmut Patzelt, Vorsitzender des Betriebsrats, sagte dem Tagesspiegel, er warte gespannt darauf, die Gründe für die Entscheidung zu erfahren. Arno Peukes, Mitglied des Aufsichtsrats und Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, wertete die Trennung tendenziell positiv: Das sei „erstmal ein gutes Zeichen, dass trotz der Verschiebung der Aufsichtsratssitzung der Umbau durch Signa begonnen wird“, sagte er dem Tagesspiegel. Die Signa-Gruppe des österreichischen Investors René Benko, die Ende vergangener Woche Karstadt von Nicolas Berggruen übernommen hatte, gibt sich zwei Jahre Zeit, den Konzern zu sanieren.

Auf einer Schließungsliste wird keine Berliner Filiale genannt

Die Aufgaben von Kai-Uwe Weitz soll nun vorläufig Miguel Müllenbach übernehmen, der Weitz bei seinem zweiten Einsatz an der Karstadt-Spitze bereits als Finanzchef zur Seite gestanden hatte. Im Unternehmen wie auch bei Verdi hofft man, dass bald ein echter Nachfolger für Eva-Lotta Sjöstedt gefunden wird. Erst bei der letzten Aufsichtsratssitzung war die Schwedin vorgestellt worden: „Sie hatte den Warenhäusern im demografischen Wandel eine große Bedeutung beigemessen und den regionalen Bezug der Standorte stärken wollen“, sagt Peukes. „Das hatte sich gut angehört.“ Sjöstedt ging, weil Berggruen ihre Pläne aus ihrer Sicht nicht zur Genüge unterstützte – vor allem finanziell nicht. „Investitionen sind dringend notwendig. Ich halte alle Schließungspläne für falsch“, sagt Peukes.

Laut Fanderl überdenkt das Unternehmen aktuell die Zukunft von 20 unprofitablen Häusern. Das Fachblatt „Immobilien-Zeitung“ hält nach einer Analyse keinen Berliner Standort für konkret gefährdet. In der Hauptstadt betreibt der Konzern noch sieben klassische Warenhäuser. Schließungskandidaten seien dagegen kleinere Filialen in Bayreuth, Mönchengladbach, Siegen und am Stadtrand Hamburgs. Genannt werden in der Übersicht allerdings nur elf Standorte. Und Arbeitnehmervertreter Patzelt sagt: „Die Filiale in Mönchengladbach wird gerade aufwendig renoviert. Dies zum Wahrheitsgehalt solcher Listen.“

Benko zahlt einen Euro und bekommt 300 Millionen zurück

In der Branche vermutet man, dass Benko einige Häuser in Einkaufszentren umwandeln will. Bezahlt haben soll er für Karstadt wie einst Berggruen nur einen symbolischen Euro. Für die 28 Sportgeschäfte sowie die Premiumhäuser KaDeWe in Berlin, Oberpollinger in München und Alsterhaus in Hamburg hatte er 2013 dagegen 300 Millionen Euro hingelegt. Die hat er nun, da er Gesamteigentümer ist, aber quasi an sich selbst gezahlt. Nicolas Berggruen hatte sich an den 300 Millionen Euro direkt nicht bedient, ließ sich aber die Nutzung der Namensrechte von Karstadt bezahlen. Wie viel Geld tatsächlich geflossen ist, ist umstritten. Fest steht aber wohl: „Herr Berggruen hat mehr aus dem Unternehmen herausgezogen als hineingesteckt“, wie Peukes sagt. Gute Geschäfte lassen sich mit Karstadt also durchaus noch machen – aus Sicht der Investoren.

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