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Nach dem Hurrikan: Amerikas Autofahrer zittern vor Benzinpreis-Krise

Rund 65 Cent kostet in den USA jetzt ein Liter Benzin - für die Menschen dort ein Schock. Schuld an der Preissteigerung von mehr als 30 Prozent ist der Hurrikan "Katrina".

New York (01.09.2005, 14:48 Uhr) - Diese Bilder hatte man in den USA seit dem arabischen Öl-Embargo der frühen siebziger Jahre nicht mehr gesehen: In einigen Teilen des Landes bildeten sich an den Tankstellen lange Schlangen. Schuld sind die drastischen Benzinverknappungen, nachdem Hurrikan «Katrina» zu Wochenbeginn über die US- Ölindustrieregion am Golf von Mexiko hinweggefegt ist. Die Benzinpreise sind in dieser Woche um mehr als 30 Prozent gestiegen.

Präsident George W. Bush kündigte an, dass die Ölkonzerne sich bei der staatlichen strategischen Ölreserve, die 700 Millionen Barrel Rohöl enthält, bei Bedarf Öl «leihen» können, um Produktionsausfälle im Golf von Mexiko wettzumachen. Die Regierung lockerte auch die Umweltvorschriften für Benzin und Diesel, so dass die Raffinerien kurzfristig mehr, aber schmutzigere Treibstoffe produzieren und anbieten können.

Die Benzinpreise liegen inzwischen fast überall deutlich oberhalb der noch vor wenigen Tagen als astronomisch geltenden Preisschwelle von drei Dollar je Gallone (3,8 Liter). Das sind umgerechnet 0,65 Euro je Liter. Amerikas Autofahrer zittern jetzt vor weiteren drastischen Preissteigerungen. Auch lange Wartezeiten an den Zapfsäulen sind zu befürchten. Ein Anstieg auf vier Dollar je Gallone ist durchaus denkbar, falls die sturmbedingten Schließungen von acht riesigen Raffinerien im Katastrophengebiet noch längere Zeit andauern sollten.

Die Preise an den US-Tankstellen sind viel niedriger als in Europa. Das liegt an den geringeren amerikanischen Treibstoffsteuern. Die Großhandelspreise sind jedoch deutlich höher als auf dem alten Kontinent. Deshalb werden jetzt hier in großem Stil Treibstoffe hinzugekauft.

Mit zu den steigenden Versorgungsproblemen an den Tankstellen trug der Ausfall zweier riesiger Pipelines, die die Ballungsgebiete im Nordosten und Mittleren Westen der USA mit Treibstoffen versorgen. Es fehlt der Nachschub wegen des Raffinerieausfalls am Golf von Mexiko. Die Leitungen können am Ausgangspunkt auch nicht betrieben werden, weil der Strom fast komplett ausgefallen ist.

Die Rohölproduktion im Golf von Mexiko ist momentan nach Angaben der staatlichen Behörde MMS noch zu 91,5 Prozent unterbrochen, die Erdgasförderung zu 83,5 Prozent. Das Gebiet steuert nach Darstellung der US-Behörde EIA normalerweise 28,5 Prozent der gesamten US- Ölproduktion bei und ist damit das mit Abstand wichtigste Fördergebiet.

Über die zum großen Teil geschlossenen Golfhäfen laufen 60,4 Prozent der US-Rohöleinfuhren von insgesamt 10,8 Millionen Barrel pro Tag. Die dortigen Raffinerien haben eine Gesamtkapazität von 8,1 Millionen Barrel pro Tag. Das sind 47,4 Prozent der Gesamtkapazität. Im Golf von Mexiko sind nach Angaben der Küstenwache 20 Bohrinseln gesunken, zerstört oder treiben im Meer herum.

Die Produktionsaufnahme in den Raffinerien ist nach Darstellung von Red Cavaney, dem Präsidenten des American Petroleum Institute, sehr kompliziert. Zuerst müsste das Wasser verschwinden. Dann müsse die Stromversorgung hergestellt und die Raffinerien genau getestet werden.

Das gleiche gilt auch für mehrere tausend Bohrinseln und Bohrtürme im Golf von Mexiko, von denen fast 1000 bemannt waren und evakuiert werden mussten. Noch viel langwieriger wird die Untersuchung des tausende von Kilometer großen Pipelinenetzes auf dem Meeresboden. Die Leitungen dürften wahrscheinlich teilweise schwer beschädigt sein. (Von Peter Bauer, dpa)

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