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Engpass Tegel. Die verzögerte Fertigstellung des BER macht der Fluggesellschaft zu schaffen. Berlin bleibt aber als größte Basis auch für die Langstrecke von zentraler Bedeutung für Air Berlin.

© Wolfgang Kumm/dpa

Nach dem Rekordverlust: Wie Air Berlin schnell wieder Profite machen will

Air Berlin hat einen Rekordverlust eingeflogen, der Wettbewerb setzt der Airline zu. Ein Drei-Stufen-Plan soll schnell Gewinn bringen. Der neue Vorstandsvorsitzende Stefan Pichler, seit Februar auf dem Chefsessel am Saatwinkler Damm, gibt sich optimistisch.

Die Titelseite des Jahresberichts für 2014, den Air Berlin am Mittwoch veröffentlichte, ziert eine per Hand gezeichnete Anzeigetafel, auf der die Zahlen und Buchstaben etwas wackelig erscheinen. Wohl symptomatisch für die Tatsache, dass die zweitgrößte deutsche Luftverkehrsgesellschaft trotz aller Restrukturierungsbemühungen im vergangenen Jahr mit 377 Millionen Euro den höchsten Verlust ihrer Geschichte eingeflogen hat.

Der neue Vorstandsvorsitzende Stefan Pichler, seit Februar auf dem Chefsessel am Saatwinkler Damm, gibt sich dennoch ungebrochen optimistisch. „Wir tun alles in unser Macht stehende um Air Berlin auf eine solide finanzielle Basis zu stellen“, versichert er in dem Bericht. „Klares Ziel: Profitabilität in den nächsten zwei Jahren.“ Doch bis dahin scheint es ein weiter Weg.

Trotz des Abbaus von 465 Arbeitsplätzen – Ende 2014 waren 8440 Mitarbeiter beschäftigt – und der Reduzierung des Streckennetzes von 171 auf 147 Städte war die Auslastung der 149 Flugzeuge mit 83,46 Prozent leicht rückläufig und die Durchschnittseinnahmen pro Passagiere gingen um 90 Cent auf 120,10 Euro zurück. Die Zahl der Fluggäste stagnierte bei 31,7 Millionen, der Umsatz bei 4,16 Milliarden Euro. Das Konzern-Eigenkapital, das 2013 bereits mit 186,1 Millionen Euro im Minus gelegenen hatte, erreichte „aufgrund der unbefriedigenden Ertragslage sowie im Zuge der für das laufende Restrukturierungsprogramm angefallenen Einmalbelastungen und im Eigenkapital zu erfassenden Verlusten aus Sicherungsgeschäften“ einen neuen Negativ- Rekord von 415,6 Millionen Euro.

Sanierungsprogramm "Turbine" mit positiven Effekten

Das von Pichler-Vorgänger Wolfgang Prock-Schauer aufgelegte, 2014 abgeschlossene Sanierungsprogramm „Turbine“ hat zwar positive Ergebniseffekte von 400 Millionen Euro erzielt. Doch erhöhte der Wettbewerb durch die Billigflieger und die neuen Low-Cost-Töchter der Lufthansa und der International Airline Group (British Airways/Iberia) den Druck auf die Durchschnittserlöse.

So wurde 2014 ein neues Restrukturierungsprogramm gestartet. Es soll die vier Fluggesellschaften der Air Berlin- Gruppe – neben Air Berlin noch Belair (Schweiz), Niki (Österreich) und LGW (Betreiber der Turboprop-Flotte) – sowie die drei Geschäftssegmente Europaverkehr, Touristik und Langstrecke effizienter und wettbewerbsfähiger machen. Damit werde man die Gruppe sowohl intern als auch im Wettbewerb nach außen „grundsätzlich neu aufstellen, sagt Aufsichtsratschef Hans-Joachim Körber.

Dafür hielt der Aufsichtsrat den eher bedächtigen Prock-Schauer wohl nicht mehr für geeignet. Er verließ das Unternehmen Ende Februar mit einer Abfindung von 1,1 Millionen Euro. Den Dynamiker Pichler lässt man sich ebenfalls etwas kosten: 950 000 Euro beträgt sein jährliches Bruttogrundgehalt. Prock- Schauer bekam 800 000. Inklusive einer von der Erfüllung bestimmter Ziele abhängigen, variablen Vergütung kann sich Pichler über bis zu 1,425 Millionen Euro freuen. Ein Mindestzuschlag von 400 000 Euro im ersten und 200 000 Euro im zweiten Jahr wurde ihm schon vorab zugesichert.

Wie er das Unternehmen mit einem Drei-Stufen-Plan wieder auf Vordermann bringen will, hat Stefan Pichler bereits wenige Wochen nach einem Amtsantritt vorgestellt. Doch neben der Optimierung von Konzernstrukturen und Kapazität, der angekündigten Serviceoffensive, der Steigerung der Einnahmen pro Passagier sowie der Weiterentwicklung der Multi-Hub-Strategie und des Langstreckenangebotes bleiben noch weitere Baustellen. Eines der größten ungelösten Probleme ist die vom Bundesverkehrsministerium in Frage gestellte, weitere Genehmigung eines Teils der sogenannten Codeshare-Flüge, die auch unter Flugnummern der arabischen Partnergesellschaft Etihad angeboten werden, die mit 20 Prozent größter Anteilseigner von Air Berlin ist. Während diese Gemeinschaftsdienste Air Berlin jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag einbringen, kämpft die Mehrheit der europäischen Wettbewerber vehement dagegen, dass immer mehr Passagiere auf dem Weg nach Asien oder Australien lieber in den Golfstaaten umsteigen. So ist Air Berlin erst kürzlich im Zorn aus dem europäischen Airline-Verband AEA ausgetreten.

Führungskarussell dreht sich weiter

Aber auch die verzögerte Fertigstellung des BER und die Engpässe in Tegel machen der Fluggesellschaft zu schaffen. Berlin bleibe als größte Basis auch für die Langstrecke von zentraler Bedeutung, heißt es im Jahresbericht: „Die weitere Verzögerung der Eröffnung des Flughafens oder Schwierigkeiten beim Betrieb des Flughafens können einen zusätzlichen, erheblichen nachteiligen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit und die operative Performance der Air Berlin Group haben.“

Auch das Führungskarussell bei Air Berlin dreht sich weiter. Nach Finanzchef Ulf Hüttmeyer wechselt zum Beispiel zum 1. Juni auch Vertriebsvorstand Götz Ahmelmann zum „großen Bruder“ Etihad nach Abu Dhabi. Ihre Posten übernehmen der frühere Lufthanseat Arnd Schwierholz und Julio Rodriguez, der vom spanischen Billigflieger Vueling kommt. An der Spitze der österreichischen Tochter Niki, in der Pichler besondere Potenziale als kostengünstige Plattform sieht, wurde Christian Lesjak durch Thomas Suritsch abgelöst.

„Wichtige Schlüsselpositionen werden internationaler und die Teamstruktur eindeutig entlang der Wertschöpfungskette ausgerichtet, das erhöht unsere operative Schlagkraft“, schreibt Pichler im Jahresbericht. „Unsere neue Roadmap ist ehrgeizig, aber realistisch. Und damit werden wir 2015 die negative Performancespirale der vergangenen Jahr durchbrechen.“

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