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Das KaDeWe hat nach Gewerkschaftsangaben ein Viertel seiner Flächen anderen Händlern überlassen.

© dpa

Nach dem Verkauf an Signa: Entfremdung vom KaDeWe

Kunden und Mitarbeiter sind verunsichert. Bleibt das Traditionshaus den Berlinern erhalten oder setzt sich der schleichende Ausverkauf fort? Eine Ortstermin im KaDeWe.

Niemand hält die Tür auf. Wo ist der Portier geblieben, der polyglotte Mann im grauen Anzug, mit Zylinder, Einstecktuch und kerzengerader Haltung? „In Rente gegangen“, sagt eine Pressedame, schon vor ihrer Zeit. Jetzt drückt sich ein schwarz gekleideter Wachschützer vor den Schaufenstern des KaDeWe herum. Der Empfang ist drinnen, mit Tresen, Etagenplänen und lächelnder Dame im Kostüm. Wie in jedem besseren Shoppingcenter.

Verliert das KaDeWe langsam seine Aura und Unverwechselbarkeit? Was bedeutet der Verkauf an die österreichische Signa- Gruppe?

Am Dienstagmorgen öffnet der Kaufhaustempel verspätet. Wegen einer Betriebsversammlung. Dort habe man die Belegschaft um Geduld gebeten. „Die Konsequenzen des Verkaufs sind noch nicht erkennbar“, sagt Verdi-Handelsexpertin Erika Ritter, die an der Versammlung teilnahm. Die KaDeWe-Geschäftsführung habe versichert, dass die Identität des Hauses erhalten und weiterentwickelt werden solle. Sorgen machten sich viele Mitarbeiter wegen der zunehmenden Vergabe von Verkaufsfläche an Fremdfirmen, nach dem sogenannten Shop-in-Shop-Prinzip. Inzwischen sei mehr als ein Viertel der Flächen davon betroffen. Im Gegenzug seien Abteilungen geschlossen worden, etwa Multimedia, und die Stammbelegschaft schrumpfe.

Nach der Versammlung beginnt das normale Tagesgeschäft, doch bei den Mitarbeitern kreisen die Gedanken weiter um die Abspaltung von Karstadt. Nur sagen dürfen sie nichts. „Das könnte mich den Job kosten“, entschuldigt sich eine Verkäuferin in der Herrenabteilung. Wo nicht viel los ist, stecken Mitarbeiter die Köpfe zusammen und erzählen von Karstadt-Häusern, die ums Überleben kämpfen, mit kräftezehrenden Rabattschlachten. Davon scheint das KaDeWe noch nicht betroffen zu sein. In der Nische für Hochprozentiges philosophiert ein junger Vertreter über „Spirituosen als Wertanlage“. Sein Tipp: Japan. Die japanischen Whiskydestillen hätten mit den schottischen längst gleichgezogen.

Eine Angestellte erzählt überraschend offen, dass sie nach 25 Jahren im KaDeWe „nichts mehr schocken“ könne. Früher verkaufte sie Fernseher und Computer, dann musste sie umschulen. Sie lächelt. Ihr Optimismus scheint sattelfest. Oben in der Gourmetabteilung nimmt ein älteres Ehepaar aus Dahlem ein verspätetes Frühstück ein. Seit 30 Jahren sind sie dem KaDeWe verbunden, aber mit zunehmendem Unbehagen. Von den mit viel Glanzlack und breiten Lettern inszenierten Edelmarken im Erdgeschoss fühlen sie sich nicht angesprochen. Und wenn er mal ganz konkret Schuhe kaufen möchte, sagt der Dahlemer, lasse das Personal ihn alleine. Da sei er bei Leiser besser aufgehoben.

Den Verkauf durch Berggruen beschreibt er als „neue Beliebigkeit“, die auch andere Berliner Institutionen erschüttere. Ein wenig alarmiert ist er deswegen schon: „Ohne das KaDeWe ist Berlin doch nur noch die Hälfte wert.“ Das mit dem Verkauf würde ihn nicht wundern, sagt ein IT-Manager, Mitte 40, und überlegt, was ihm am KaDeWe missfällt. „Zu viel Premium, zu wenig Mittelklasse.“

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