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Nach der Pleite des Mutterkonzerns muss auch die Praktiker-Tochter Max Bahr Insolvenz anmelden, wie am Donnerstag bekannt wurde.

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Nach der Max-Bahr-Insolvenz: Wie es mit der Baumarktkette Praktiker weitergeht

Max Bahr galt als Perle von Praktiker - auch nach der Insolvenz des Mutterkonzerns. Doch nun geriet die Baumarktkette in den Sog der Krise. Die Gewerkschaft Verdi befürchtet eine Zerschlagung des Unternehmens - und den Verlust der Arbeitsplätze. Der Insolvenzverwalter sucht indes weiter nach Käufern.

Auf der Internetseite der Baumarktkette Max Bahr werden die Kunden direkt gewarnt: „Aufgrund des Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, können wir derzeit keine vollständige Warenversorgung garantieren“, schreibt das Unternehmen. Seit am späten Donnerstagabend bekannt wurde, dass die Praktiker-Tochter nun ebenfalls in die Insolvenz rutscht, weil sie überschuldet und zahlungsunfähig ist, herrscht dort Schockstarre.
Auslöser war offenbar der Rückzug des Warenkreditversicherers Coface, der laut der Nachrichtenagentur Reuters die Vorfinanzierung der Lieferanten der Kette eingestellt haben soll.
Die Zahlungsunfähigkeit kommt überraschend, Max Bahr war in den Sanierungsplänen von Praktiker das Herzstück. Unter dem Namen der ertragsstarken Tochter mit dem höherwertigeren Image sollte Praktiker überleben – mit seinen 168 deutschen Märkten oder zumindest einem Teil davon.

Am Freitag wurde der Hamburger Anwalt Jens-Sören Schröder als vorläufiger Insolvenzverwalter für die 78 Max-Bahr- Märkte ernannt, die Praktiker 2007 übernommen hatte. Die 54 Filialen, die kürzlich auf Max Bahr umgeflaggt wurden, werden vom Praktiker-Verwalter betreut. „Jetzt geht es darum, das Geschäft zu stabilisieren“, sagt Max-Bahr-Sprecherin Simone Naujoks. Zu einzelnen Standorten und der Zukunft der 6800 Mitarbeiter (5100 Vollzeitstellen) könne man derzeit keine Auskunft geben. „Aber bei uns geht jetzt nicht das Licht aus, die 132 Märkte bleiben geöffnet.“ Warum der Warenkreditversicherer seine Zusagen zurückgezogen hat, konnte Naujoks nicht sagen. „Die Begründung kennen wir nicht.“ Coface wollte sich am Freitag nicht zu dem Fall äußern. „Aber wir sehen uns grundsätzlich nicht als Auslöser für eine Insolvenz“, sagte ein Sprecher des Versicherers . Wenn ein Unternehmen seine Rechnungen bezahle, seien die Lieferanten auch nicht auf eine Versicherung angewiesen.

Die Suche nach Investoren geht indes weiter. „Durch die Max-Bahr-Insolvenz ändert sich an der bisherigen Strategie nichts“, sagte ein Sprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters der Praktiker-Gruppe am Freitag. Die Gespräche mit den Gläubigern liefen gut.

Konkrete Angebote – für den gesamten Konzern oder einzelne Standorte – gibt es aber noch nicht. Die größte Gläubigergruppe, die eine 250 Millionen Euro schwere Praktiker-Anleihe hält, stellte sich am Freitag aber hinter das Unternehmen. „Wir versuchen, aus dem gleichen Kreis eine Investorengruppe auf die Beine zu stellen“, sagte deren Vertreter Ingo Scholz.

Findet sich kein Investor – ein internationaler oder nationaler Wettbewerber oder auch ein Hedgefonds –, der die ganze Gruppe übernehmen will, ist auch ein Teilverkauf von Filialen denkbar. Die Konkurrenten Obi und Hagebau hatten bereits Interesse an einzelnen Standorten bekundet, ohne dies genau zu beziffern. Findet sich überhaupt kein Interessent, droht – wie im Fall der Schlecker-Insolvenz – die Zerschlagung der Gruppe mit deutschlandweit 11 000 Vollzeitstellen. Dann könnten womöglich nur einzelne Märkte veräußert werden, ein Großteil müsste schließen. Für die Gläubiger – Vermieter, Lieferanten, Mitarbeiter, Banken – wäre dies die schlechteste Variante, weil in diesen Fällen häufig nur wenig Insolvenzmasse übrig bleibt.

„Eine Zerschlagung des Konzerns muss unbedingt verhindert werden“, sagte Stefanie Nutzenberger, Bundesvorstandsmitglied der Gewerkschaft Verdi, am Freitag und erhob zugleich Vorwürfe gegen Coface. Es sei skandalös, dass ein einzelner Warenkreditversicherer aus kurzfristigem Profitinteresse die Fortführung des Unternehmens gefährde, erklärte Nutzenberger.

„Max Bahr arbeitet solide“, sagt auch Verdi-Sprecher Christoph Schmitz. Man sei überzeugt, dass mit der Marke als Kern auch ehemalige Praktiker-Strandorte wirtschaftlich zu betreiben seien.

Auch Experten sind zuversichtlich für Max Bahr. „Die Tochter ist die Marke in der Gruppe mit den größten Chancen“, sagt Niklas Reinecke vom Handelsinformationsdienst Planet Retail. Die Insolvenz sei daher „keine Katastrophe“ für Max Bahr. Ein Erhalt eines Großteils der Praktiker-Filialen werde dadurch aber schwieriger. Es sei möglich, dass Max Bahr statt der geplanten 200 nur mit seinem jetzigen Stamm von 132 Märkten überlebe.

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