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Wirtschaft: Nach einem Wechselbad der Gefühle siegten am Ende die Optimisten

Für Aktienanleger begann das neue Jahr mit einem Schrecken. Eigentlich hätte es die beste aller möglichen Börsenwelten werden können.

Für Aktienanleger begann das neue Jahr mit einem Schrecken. Eigentlich hätte es die beste aller möglichen Börsenwelten werden können. Der Jahrtausendwechsel verlief ohne die befürchteten Computerabstürze, Liquidität ist im Januar, wenn die institutionellen Investoren wieder ihre Bücher öffnen, traditionell reichlich vorhanden und die Konjunkturaussichten in Euroland und speziell in Deutschland sind glänzend. Doch wie so oft an der Börse: Es kam anders als alle dachten. Statt Champagnerlaune herrschte bereits am ersten Handelstag des neuen Jahres Katerstimmung. Die Marke von 7000 Punkten touchierte der Dax nur kurz, dann ging es bergab - und zwar kräftig. Innerhalb von nur vier Tagen rasselte das deutsche Börsenbarometer in den Keller, um erst bei rund 6300 Punkten seine Talfahrt zu stoppen.Chronische Pessimisten sahen den Index schon ins Bodenlose stürzen. Doch soweit kam dann doch nicht.

Schließlich gilt der Januar als sehr robuster Börsenmonat. Nach der ersten Handelswoche gewannen die Optimisten wieder die Oberhand. Die guten Gewinnperspektiven der Unternehmen traten wieder stärker in den Vordergrund der Anlageüberlegungen - angeregt durch die Aussicht auf weitere Steuerentlastungen. So fiel es dem Dax nicht schwer, Mitte des Monats ein neues historisches Rekordhoch mit fast 7300 Punkten zu markieren. Eine heilsame Lehre für die Anleger war der Durchhänger allemal. Denn nach der starken Jahresendrallye drohten die Kurse schon den Bodenkontakt zu verlieren. So ist es fast wohltuend, dass zum Ende des Monats die nahenden Sitzungen der US-amerikanischen und Europäischen Zentralbank wieder in den Blickpunkt der Börsen rückten und die lange Zeit vernachlässigten Zinsängste wieder aufflammten. Dass die amerikanische Notenbank die Zinsen anheben würde galt unter Börsianern schnell als beschlossene Sache.

Der Dax beschloss den Januar mit gut 6800 Punkten - ein Minus von knapp zwei Prozent. Das erscheint nicht weiter dramatisch, trotzdem sehen Experten die Entwicklung des wichtigsten deutschen Aktienindex zunehmend mit Unbehagen. "Seit Monaten wird der Dax von der überdurchschnittlich gute Entwicklung einer Hand voll Titel getragen", erklärt Achim Matzke. Der Analyst bei der Commerzbank hatte auf dieses Phänomen bereits im November hingewiesen. "Im Januar hat sich dieser Trend aber noch verstärkt." In der Tat weisen mit SAP (Kursplus 30,8 Prozent), Mannesmann (15,8 Prozent) und Siemens (9,5 Prozent) bekannten Top-Performer aus dem Jahr 1999 die beste Monatsbilanz auf. Dazu kommen mit Münchner Rück und Allianz gerade zwei Werte, die noch einen Kurszuwachs vorzuweisen haben. Der Rest des Feldes - angeführt von der Deutschen Telekom (minus 2,2 Prozent) - bescherte den Anlegern Verluste. Bedenklich daran ist vor allem, dass bei zwei Dritteln der Dax-Mitglieder das Minus zweistellig ausfiel.

Größter Verlierer war die BMW-Aktie, die fast ein Viertel ihres Wertes einbüßte. Hier drückten die Probleme bei der Sanierung der englischen Tochter Rover auf die Stimmung. Deren Absatzprobleme hinterließen deutliche Bremsspuren in den ansonsten guten Geschäftszahlen der bayerischen Automarke. "Der hohe Pfundkurs, noch offene Subventionszahlungen und schwache Testberichte über die neuen Modelle werden dafür sorgen, dass Rover noch einige Zeit bis zur Besserung braucht", glaubt Klaus Weihermann, Aktienanalyst bei der WGZ-Bank. Ebenso wie bei Weihermann geht deshalb bei vielen Analysten zurzeit der Daumen runter, wenn es um die BMW-Aktie geht.

Dem Automobilkonzern dicht auf den Fersen war in puncto rote Laterne Adidas (minus22,9 Prozent). Der Sportartikelhersteller schockte die Börse mit der Warnung, dass im laufenden Jahr der Gewinn wohl um rund 20 Prozent niedriger ausfallen wird - worauf die Aktie ihre bereits im letzten Jahr begonnene Talfahrt noch einmal beschleunigte. Sportaktien sind bei Anlegern im Moment nicht besonders angesagt. Vor allem in den USA, dem weltweit wichtigsten Markt, läuft die Konjunktur für Freizeitartikel schlecht. Darunter leidet die gesamte Branche. Adidas muss zudem mit millionenschweren Investitionen Produktion und Absatz auf Vordermann bringen. "Konkurrent Nike ist zum Beispiel wesentlich weiter bei Verkauf via Internet", beobachtet Petra Horn von Sal. Oppenheim. Die Analystin glaubt dennoch, dass der Kurs auf dem jetzigen Niveau nicht mehr sehr viel nachgeben wird. "Im Sportartikelmarkt hat das Unternehmen eine gute Position und die Großereignisse Fußball-EM und olympische Spiele werden dafür sorgen, dass die Marke wieder präsent ist - auch wenn sich das vielleicht nicht unmittelbar auf die Zahlen auswirkt."

Vielleicht steht dem Papier bei Anlegern und Analysten im Sommer ein Comeback bevor, wie es SAP im Januar eindrucksvoll feierte. Bereits im Dezember legte der SAP-Kurs um 50 Prozent zu. Anfang des Jahres dann sorgten die Walldorfer mit überdurchschnittlich guten Quartalszahlen erneut für positive Nachrichten. Reihenweise mußten Analysten ihre Gewinnschätzungen über Bord werfen - was wieder einmal beweist, dass auch die Experten nur mit Wasser kochen.

Peter Hein

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