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Anshu Jain (li.), Vorstandsmitglied der Deutschen Bank und Jürgen Fitschen, Head of Global Markets und Mitglied des Deutsche Bank Group ExecutiveCommittee.

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Update

Nachfolge geklärt: Deutsche Bank: Auf Ackermann folgt Doppelspitze

Der Investmentbanker Anshu Jain und Deutschland-Chef Jürgen Fitschen sollen im Mai 2012 den Vorstandsvorsitz der Deutschen Bank übernehmen. Josef Ackermann könnte dann in den Aufsichtsrat wechseln.

Nach jahrelangem Gerangel hat die Deutsche Bank die Nachfolge ihres Chefs Josef Ackermann geklärt. Top-Investmentbanker Anshu Jain und Deutschland-Chef Jürgen Fitschen sollen dem Schweizer im nächsten Jahr an die Vorstandsspitze folgen, wie das größte deutsche Geldhaus am Montagabend nach einer Sitzung des Aufsichtsrats mitteilte. Ackermann bleibt der Bank erhalten: Nach zehn Jahren als Konzernchef soll der 63-Jährige auf der nächsten Hauptversammlung im Mai 2012 in den Aufsichtsrat gewählt werden und den Vorsitz von Amtsinhaber Clemens Börsig übernehmen. Besonders die Arbeitnehmervertreter im Kontrollgremium hatten sich dafür stark gemacht, da sie unter Jain ein Übergewicht des riskanten Investmentbankings befürchteten. Ackermann selbst hatte einen solchen Wechsel wiederholt abgelehnt.

“Die Entscheidungen sorgen für Erneuerung und sichern zugleich die Kontinuität“, erklärte Börsig. Mit dem laut Bank einvernehmlich gefassten Beschluss des Aufsichtsrats ist die derzeit wohl spannendste Führungsfrage in der deutschen Wirtschaft beantwortet. Vor zwei Jahren konnte Börsig keinen mehrheitsfähigen Nachfolger für Ackermann präsentieren, so dass letztlich der Vertrag des Vorstandschefs noch einmal verlängert wurde. Am gebürtigen Inder Jain führte zuletzt kein Weg mehr vorbei, da der Bereich des 48-Jährigen regelmäßig mehr als 80 Prozent der Gewinne des Bankkonzerns beisteuert und er daher aus Sicht der Investoren gesetzt war.

Niemand wollte riskieren, dass Jain die Bank verlässt. Dem bekennenden Cricket-Fan Jain, der sein Team aus Händlern und Beratern von London aus steuert, fehlen allerdings die Drähte ins politische Berlin. Daher stellt ihm der Aufsichtsrat mit Deutschland-Chef Fitschen einen erfahrenen und gut vernetzten Banker zur Seite. Der Niedersachse wird indes bald 63 Jahre alt und ist daher wohl nur eine Übergangslösung. Insider rechnen damit, dass Jain in einigen Jahren alleine das Ruder in der Hand haben dürfte.

Ein Signal hierfür gab es bereits am Montag: Jains Vertrag wurde um fünf Jahre bis Ende März 2017 verlängert, Fitschens Kontrakt nur um drei Jahre bis 2015. Dass der 100-prozentige Investmentbanker Jain wie Ackermann heute auf internationalen Konferenzen Rettungspakete für strauchelnde Euro-Länder mitverhandelt, bezweifeln Kritiker. Diese Rolle sollen Fitschen und der künftige Aufsichtsratschef Ackermann wahrnehmen. Hierfür müssen ihn Aktionäre vorschlagen, die zusammen mehr als 25 Prozent der Stimmrechte haben. Das dürfte reine Formsache sein, da allein die Investmentbanker aus dem eigenen Haus schon auf 20 Prozent kommen und der Schweizer hohes Ansehen bei den Anteilseignern genießt. Ackermann, der auch dem Weltbankenverband IIF vorsitzt, gilt international als der Repräsentant der deutschen Wirtschaft schlechthin. Selbst seine Kritiker räumen ein, dass sein Verhandlungsgeschick und seine Expertise in Finanzfragen ihresgleichen suchen.

Bankintern hat Ackermann eine Brücke zwischen den rivalisierenden Lagern der Investmentbanker in London und der Privatkundenbanker in Frankfurt geschlagen. Als Aufsichtsratschef soll Ackermann auch dafür sorgen, dass sein Kurs einer gesunden Balance zwischen dem Investmentbanking und dem stabileren Privatkundengeschäft gewahrt bleibt. Sein erklärtes Ziel ist es, dass das riskante Kapitalmarktgeschäft mittelfristig nur noch 50 bis 60 Prozent der Gewinne beisteuert - auch deshalb hat er die Postbank gekauft und so den Heimatmarkt gestärkt.

Der Personalentscheidung ging ein monatelanger zäher Streit hinter den Kulissen voraus. Ackermann hatte sich für den früheren Bundesbank-Präsidenten Axel Weber stark gemacht, was aber bei Börsig nicht auf große Begeisterung stieß. Weber geht nun zur Schweizer UBS - was das Verhältnis Ackermanns zu Börsig weiter belastet. Die Wunschkombination des Aufsichtsratschefs wiederum war das Tandem Jain/Fitschen. Um eine Mehrheit für dieses Modell zu bekommen, erklärte sich Börsig letztlich bereit, den Weg freizumachen und sein Amt im nächsten Jahr niederzulegen, wie Insider berichteten. Nach Bankangaben bleibt er als Berater dem Institut erhalten.

Seinen Nachfolgern hat Ackermann vor einigen Monaten bereits ehrgeizige Ziele ins Stammbuch geschrieben. Die Bank soll in den nächsten Jahren zweistellige Milliardengewinne schreiben. Für dieses Jahr peilt er bereits vor Steuern ein Rekordergebnis von zehn Milliarden Euro an - ohne Berücksichtigung von Sonderfaktoren. Sollte Ackermann dies erreichen, dürfte er sich dafür von den Aktionären auf der Hauptversammlung nochmal feiern lassen. Wie weit er von dem Ziel noch weg ist, zeigt sich am Dienstag, wenn die Bank ihre Zahlen zum zweiten Quartal vorlegt. (Reuters)

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