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Nepal: Straße gegen die Armut

Ein Bergdorf in Nepal hat eine Straße gebaut und sich damit ein bisschen Sicherheit für die Zukunft verschafft.

Man Kumari Roka hat Nudeln mit Tomatensoße gekocht, vielleicht das letzte Mal für viele Wochen. „Tomaten sind gerade rar“, sagt die 25-Jährige. Nachschub kommt nur selten in das abgelegene Dorf auf 1500 Metern Höhe. Denn auf dem in die Hänge getriebenen Feldweg nach Phuliban kommt ohne Allrad-Antrieb kein Fahrzeug voran. Und wo Phuliban anfängt, hört der Feldweg auf.

Doch die Straße, so holprig sie sein mag, ist für viele hier Grund zur Hoffnung. Erstmals schafft sie eine halbwegs schnelle Verbindung ins Tal. Bis vor Kurzem trotzten die bitterarmen Menschen dem Boden hier nur das Lebensnotwendige ab: Mais, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Weizen. Nun können sie Handel treiben. Dilmata Budhathoki etwa fährt jetzt öfter auf den Markt in Solichour und verkauft Kohl, Kartoffeln oder Bohnen. „Ohne die Straße“, sagt sie, „wäre das nicht möglich.“

Infrastruktur ist von großer Bedeutung in Nepal – einem Land das mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 470 Dollar pro Jahr zu den ärmsten der Welt gehört. Die Straße nach Phuliban ist mit Hilfe der deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) gebaut worden. Seit 2004 bekämpft die GTZ im Auftrag des Entwicklungshilfeministeriums (BMZ) in Nepal mit vielen kleinen Vorhaben und Initiativen Hunger und Armut und fördert die Wiedereingliederung ehemaliger Kämpfer der maoistischen Rebellenarmee PLA.

Das Bemerkenswerte an der 31 Kilometer langen Verbindung zwischen Phuliban und dem Provinzstädtchen Solichour: Den Bau haben die Menschen hier selbst gestemmt. Und das ohne eine einzige große Maschine. „Nahrung und Bares“ war das Motto der GTZ in Absprache mit Vertretern der Ex-Rebellen und der Regierung. Zwei Kilo Reis, 250 Gramm Hülsenfrüchte und 60 Rupees (etwa 65 Euro-Cent) – das war der Lohn für einen Tag Arbeit an der Straße. Und die, die an ihr mitgebaut haben, sind inzwischen mächtig stolz.

Denn für die Menschen hier steht die neue Straße für viel mehr als nur schnelleres Fortkommen. Sie steht für Ausbildung, für Reintegration, für bessere Schulen und eine bessere Trinkwasserversorgung. GTZ-Mitarbeiter machen Bauern in mehrtägigen, manchmal auch mehrwöchigen Kursen mit neuen und verbesserten Anbaumethoden auch für Gemüse vertraut. Sie geben ihr Wissen in den Dörfern weiter. Wer kein Land hat, kann sich weiterbilden, als Maurer, als Bienenzüchter, als Nudelmacherin, als Weber oder als Möbelmacher.

Die ersten Erfolge sind sichtbar. „45 000 Menschen sind nicht mehr vom Hunger bedroht“, sagt GTZ-Projektleiterin Claudia Maier. Krankheiten, Kinder- und Müttersterblichkeit gehen zurück. Und die Einkommen steigen. Es ist nicht lange her, da ging es allein um das tägliche Überleben. Heute reichen die Nahrungsmittelvorräte schon neun Monate. Und das habe die Bevölkerung vor allem der neuen Straße zu verdanken, sagt Claudia Maier. „Sie ist das Rückgrat der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Region.“

Das haben die Bewohner der Bergdörfer längst erkannt. Sie haben eine Mautstelle eingerichtet, um Geld für den Erhalt der Route zu sammeln. „40 Rupees muss jeder zahlen, der hier mit dem Auto durch will“, sagt Khogendra Pun, Leiter des Straßenunterhaltungskomitees. „Es ist schade, dass die GTZ geht“, sagt er. „Aber wir halten die Straße selbst in Ordnung.“

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