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Der analoge Weg. Mitglieder des Berliner Unternehmerverbandes BNI treffen sich zum Frühstücken - und Geschäftemachen.

© Mathis Beutel/Promo

Netzwerken für den Job: Willkommen im Club

Was man beruflich davon hat, Mitglied in einem Verband zu werden – und persönlich Kontakte zu knüpfen. Ein Ratgeber.

An jedem Donnerstag beginnt der Arbeitstag von Ralf Leuthäuser um 7 Uhr im Fanrestaurant des Berliner Olympiastadions. Dort lässt sich der Sanitär- und Heizungsinstallateur mit anderen Mitgliedern von Business Network International (BNI) ein Frühstück schmecken. Dabei geht es aber nicht vorrangig ums leibliche Wohl, es geht ums Geschäft.

Das BNI ist ein Netzwerk von Unternehmern. Mitglied kann werden, wer Referenzen vorweist – oder von einem Mitglied eingeladen wird.

Der Ablauf eines BNI-Treffens ist streng getaktet: Laut Tagesordnung, die von Singapur bis New York die gleiche ist, hat jedes Mitglied eine Minute Zeit, um Werbung in eigener Sache zu machen und die anderen von seiner Dienstleistung zu überzeugen. Anschließend bedanken sich Mitglieder für Geschäfte, die durch Empfehlungen aus dem Netzwerk zustande kamen.

Seit zehn Jahren ist Ralf Leuthäuser jetzt dabei. Und es rechnet sich. Allein in diesem Jahr machte er bereits 240 000 Euro Umsatz durch Empfehlungen aus dem BNI. Das weiß er deshalb so genau, weil jeder aus dem Netzwerk generierte Umsatz dokumentiert wird. „Es ist eben nicht nur der tropfende Wasserhahn, es sind auch größere Aufträge, die durch den Kontakt mit Architekten zustande kommen oder von Hausverwaltungen vergeben werden“, sagt der Tempelhofer Innungsmeister.

Man trifft sich, teilt gemeinsame Interessen

Nicht nur im Internet, auch in der analogen Welt gibt es zahlreiche Möglichkeiten, sich in Organisationen zu vernetzen. Manche Verbände sind beruflich orientiert, andere interessengeleitet, bei wieder anderen geht es, wie beim BNI, ums Geschäft. Es gibt den Verein Deutscher Techniker, der sich für die Belange der Berufsgruppe einsetzt, das Frauennetzwerk Business and Professional Women Germany, das Frauen aller Hierarchieebenen und Branchen bei der beruflichen Entwicklung unterstützt und den Tagesspiegel Wirtschaftsclub, in dem Berliner Unternehmer einmal im Monat zu Vortrag und Diskussion zusammenkommen. Es gibt das Business-Netzwerk Young Presidents Organisation, das Geschäftsführer und Top-Manager aus aller Welt zusammenbringt und die Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, die Forscher aufnimmt, die sich für die Verantwortung der Wissenschaft engagieren.

Welcher Verband für wen der Richtige ist, hängt davon ab, mit welchem Ziel man Kontakte knüpfen will.

Für Mark Lutter vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln sind analoge Businessnetzwerke ein Stück gelebter Netzwerktheorie. „Wir unterscheiden in der Soziologie eng- und weitmaschige Netzwerke“, erklärt er. Enge Kontakte sind Freunde, direkte Kollegen oder Familie. Zum weiter gefassten Netzwerk gehören auch Menschen aus anderen Berufsgruppen, anderer sozialer oder geografischer Herkunft. Studien belegen, dass ein weiter gefasstes Netzwerk berufliche Vorteile bringt: Es sorgt für vielfältigere Informationen und eine Risikodiversifizierung, das heißt, sollten bestimmte Kontakte wegbrechen, etwa weil sie die Branche wechseln, trägt das Netzwerk trotzdem weiterhin, sagt Lutter.

Extrem wichtig sind breit gestreute Kontakte vor allem für kreative Berufe und Beschäftigte wissensbasierter Branchen wie der High-Tech-Industrie. Deshalb ist es laut Gesellschaftsforscher Lutter für viele Start-ups sinnvoll, sich im Silicon Valley niederzulassen, weil sie dort von Personen und Firmen umgeben sind, die technisch immer auf dem neusten Stand sind und unter denen es einen regen Austausch gibt.

Klüngeln ist eine Kunst, die beruflich voranbringt

Zum Glück erkennen auch immer mehr Frauen mittlerweile, dass Netzwerken und gegenseitige Empfehlungen sich lohnen, sagt Anni Hausladen. Sie ist als Coach tätig und hat das Buch „Die Kunst des Klüngelns – Erfolgsstrategien für Frauen“ geschrieben. „Es gibt inzwischen viele Frauennetzwerke, zum Teil mit ganz konkreten Zielen wie zum Beispiel: mehr Frauen in Aufsichtsräte bringen.“

Viele Frauen musste sie schon dazu ermutigen, einen Vortrag nicht wegen des Inhalts zu besuchen, sondern um vor- und nachher mit Leuten ins Gespräch zu kommen und Visitenkarten auszutauschen. Wer dabei gehemmt ist, dem bringt Hausladen in Seminaren die Kunst des Smalltalks bei. „Es ist wichtig, das Netzwerken locker zu betrachten. Was eine Bekannte aus meiner Empfehlung macht, liegt ganz bei ihr. Ich muss auch nicht für jede Empfehlung meine Hand ins Feuer legen, denn oft ist nicht klar, welche konkreten Kompetenzen gefragt sind, sagt die „Klüngel-Trainerin“.

Der Jurist und Betriebswirtschaftler Thomas Jäger hat das Netzwerk BNI in Großbritannien kennengelernt und vor elf Jahren das erste „Chapter“, die erste Gruppe, in Berlin gegründet. Für Jäger geht es nicht nur darum, untereinander Empfehlungen auszusprechen, sondern auch das eigene Adressbuch für die anderen zu öffnen. „Wenn 40 Gruppenmitglieder jeweils 100 Kontakte mitbringen, dann sind das insgesamt 4000 Kontakte“, rechnet er vor. Damit sich daraus gute Geschäfte ergeben, ist Vertrauen in die anderen Gruppenmitglieder wichtig. Im Schnitt 20 Prozent seines Umsatzes verdanke jeder einzelne der Mitgliedschaft im BNI.

Doch nicht nur um Umsatz geht es dem früheren TUI-Vorstandsmitglied. Bei den wöchentlichen Treffen trainieren die Teilnehmer auch ihre rhetorischen Fähigkeiten. Wer möchte, kann dazu Seminare besuchen, die im jährlichen Mitgliedsbeitrag von 870 Euro enthalten sind. Fürs Frühstück und die Aufnahme in eine Gruppe fallen Extra-Kosten an. Ein noch größeres Investment dürfte für viele aber die Zeit sein: Eineinhalb Stunden pro Woche fürs gemeinsame Frühstück sind das Minimum. Wer nicht kann, muss einen Freund, Kollegen oder ein Familienmitglied schicken. Einmal im Quartal gibt es ein berlinweites Netzwerktreffen und in einigen Gruppen monatlich gemeinsame Abendessen.

Auch Ralf Leuthäuser geht entspannt mit den Empfehlungen im BNI um. Dass sich ein Kunde auch bei der Konkurrenz ein Angebot einholt, ist für ihn selbstverständlich. So funktioniert das Geschäft. „Durch die BNI-Empfehlung habe ich aber schon einmal einen Fuß in der Tür.“

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