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Deutlich höher und wuchtiger als das aktuelle DGB-Haus ist der Neubau an der Kleist-/Ecke Keithstraße in Schöneberg. Der Blick geht gen Westen, hinten links ist das KaDeWe zu sehen.

© promo

Neubau des DGB am KaDeWe: Bezirk und Bund in einem Haus

Der Deutsche Gewerkschaftsbund verlässt die Bundeszentrale am Hackeschen Markt und zieht nach Schöneberg. Das neue Gebäude soll 2020 bezugsfertig sein.

Das waren erschütternde Zeiten, als der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seine „unverbrüchliche Verbundenheit mit dem Schicksal der deutschen Hauptstadt und ihrer tapfereren Bevölkerung“ erklärte. Der DGB entschied im Sommer 1961, als die Mauer gebaut wurde, ein neues Gewerkschaftshaus in West-Berlin zu bauen. Die Mauer machte es möglich, denn noch Ende der 1950er Jahre hatte der in Düsseldorf ansässige DGB-Vorstand die Bitte der West-Berliner Gewerkschaften abgelehnt; auf „absehbare Zeit“ sei ein Neubau finanziell für den Dachverband der Gewerkschaften nicht zu stemmen.

Sechs Millionen D-Mark kostete das Haus

Am 23. August 1961, zehn Tage nach dem Mauerbau, wurde symbolisch der Grundstein gelegt an der Kleiststraße, Ecke Keithstraße (Schöneberg), und der Regierende Bürgermeister Willy Brandt bedankte sich bei den Gewerkschaften für ihr Vertrauen in die Zukunft Berlins. Erst ein Jahr später, „anlässlich des Jahrestags der Errichtung der Schandmauer“ (DGB) am 13.8.1962 beschloss der DGB-Vorstand, sechs Millionen D-Mark für den Neubau bereitzustellen, der dann flott hochgezogen und knapp zwei Jahre später eingeweiht wurde. „Das ist ein besonderes Haus, eine Stätte freien und unerschrockenen Menschentums“, sagte der damalige DGB-Vorsitzende Ludwig Rosenberg im Mai 1964.

Das neue Haus ist deutlich höher

Mehr als 50 Jahre später sind die Tage des Gebäudes gezählt. Für die 50 Mitarbeiter des Landesbezirks Berlin-Brandenburg, die IG BAU, diverse Projektgesellschaften und die Beratungsstelle für Migranten wurde ein Ausweichquartier am Kurt-Schumacher-Platz gefunden. Anfang nächsten Jahres kommt die Abrissbirne und anschließend beginnen die Vorbereitungen für den Neubau. Der soll Anfang der 20er Jahre fertig sein und einen prominenten Bewohner bekommen: Neben dem Landesbezirk Berlin-Brandenburg zieht auch der Bundesvorstand des DGB in das neue Haus. Derzeit sitzen DGB-Chef Reiner Hoffmann und die rund 170 Mitarbeiter der Hauptverwaltung am Hackeschen Markt. Das ist ein teures Pflaster, der Quadratmeter kostet mehr als 20 Euro. Da der Grund und Boden in der Nähe des Wittenbergplatzes dem DGB gehört, rechnet sich ein eigenes Gebäude in der teurer werdenden Stadt. Bis zu 80 Millionen Euro veranschlagen Gewerkschafter für das neue Haus, das vom Berliner Architektenbüro Ortner und Ortner entworfen wurde und mit bis zu 14 Geschossen deutlich höher ist und entsprechend mehr Platz bietet als der Altbau.

Die Büchergilde Gutenberg ist auch im Neubau

Anfang der 1960er Jahre gingen Bauherr und Architekten (Wunsch und Mollenhauer aus Hamburg) noch relativ verschwenderisch mit dem Platz um. Neben dem neungeschossigen Hochbau entstand ein zweigeschossiger, „schwebender“ Nebenbau und ein eingeschossiger Flachbau mit Jugendzentrum, Saal und Handelsflächen. Die Büchergilde Gutenberg soll auch im neuen Haus einen Platz bekommen und zieht für die Übergangszeit um die Ecke an die Welserstraße.

Offen soll das neue Gebäude sein, ein „Haus der Begegnung“, wie DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagt. Das gegenwärtige Domizil am Hackeschen Markt gibt sich tatsächlich eher als verschlossener Bürobunker, und dem Haus in Schöneberg sieht man das halbe Jahrhundert an. Vermutlich werden nicht einmal dem historischen und holzgetäfelten Wilhelm-Leuschner-Saal – benannt nach dem Sozialdemokraten und Gewerkschafter, der 1944 von den Nazis in Plötzensee ermordet wurde – viele Tränen nachgeweint. Die Zeit des historischen Baus aus der Hochzeit des Kalten Kriegs ist schlicht abgelaufen, Brandschutzvorschriften sind kaum noch einzuhalten.

Wenn alles gut geht – und das ist wegen der benachbarten U-Bahn nicht leicht zu gewährleisten – weiht der jetzige DGB-Vorsitzende das neue Haus in ein paar Jahren ein. Im Mai 2018 wird er vermutlich wiedergewählt, die Amtszeit läuft bis 2022. Hoffmann ist dann zwar fast 67 Jahre alt, doch die Rente mit 65 gilt inzwischen auch in den Gewerkschaften nicht mehr.

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