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Wirtschaft: Neue Aktien für alte Freunde

FRANKFURT (MAIN) .Die Liste der Firmen, die noch in diesem Jahr an die Börse gehen wollen ist lang.

FRANKFURT (MAIN) .Die Liste der Firmen, die noch in diesem Jahr an die Börse gehen wollen ist lang.Gerade Kleinanleger haben häufig die Qual der Wahl.Haben sie sich für einen interessanten Börsenneuling entschieden, kommt es manchmal zur herben Enttäuschung: Kleinaktionäre haben es schwer, bei der Zuteilung von Aktienpaketen überhaupt zum Zuge zu kommen.Das gilt besonders für Neuemissionen am Neuen Markt, dem Börsensegment für innovative und wachstumsstarke Firmen.Von den stattlichen Kurssprüngen am ersten Tag des Börsenhandels profitieren die Kleinanleger in diesem Segment wenig.Die Banken bevorzugen für diese Bonbons häufig ihre Stammkunden.

Wenn eine Firma gemeinsam mit der oder den beauftragten Banken ihren geplanten Gang zur Börse - die Emission - offiziell ankündigt, nennt sie eine Zeichungsfrist und eine Spanne für den endgültigen Emissionspreis der Aktie.Damit beginnt das sogenannte "Bookbuildung": Quasi in einem Buch werden die eingehenden Zeichnungsaufträge festgehalten.Am Ende der Frist besteht Klarheit über die Nachfrage, dann legen Firma und Banken gemeinsam den endgültigen Emissionspreis fest.

Für den interessierten Anleger heißt das: Er geht während der Zeichnungsfrist zu seiner Bank oder Sparkasse und ordert je 50, 100, vielleicht auch 200 oder noch mehr der begehrten Papiere.Ob er wirklich zum Zuge kommt ist, damit noch nicht klar.In der Regel sind die Emissionen deutlich, manchmal um das 30, 40 oder gar 100fache überzeichnet - die Nachfrage übersteigt das Angebot bei weitem.Da nicht jeder etwas bekommen - und damit von Kursgewinnen am ersten Handelstag profitieren - kann, wird zugeteilt.Und das sorgt immer wieder für Unmut.

Je nach Nachfrage beschreiten die Banken beim Zuteilungsverfahren drei Wege: Pro Zeichungsauftrag wird entweder eine feste Zahl von Aktien zugeteilt oder es gibt einen prozentual ausgerichteten Anteil.Am häufigsten aber entscheidet wegen der meist riesigen Orderflut das Los: Jeder 10.oder vielleicht auch jeder 23.bekommt die begehrten Aktien.Daß sich da Kunden beschweren, die möglicherweise permanent leer ausgehen, ist verständlich.

Das Zuteilungsverfahren sorgt aber noch aus einem anderen Grund für Ärger: Bevor viele Firmen überhaupt an die potentiellen Aktionäre denken, bedienen sie erst einmal Geschäftsfreunde oder -partner.Oder sie legen fest, daß ohnehin der dickste Batzen, manchmal bis zu 80 Prozent, der Emission an institutionelle Investoren, Fonds oder Versicherungen, gehen soll - ohne es publik zu machen.Damit sinken die Chancen von Kleinanlegern auf ein Minimum.Und manche Banken denken bei der Zuteilung ganz besonders an langjährige Kunden.Einige Sparkassen und Volksbanken agieren dabei, wie Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) weiß, besonders dreist: Sie knöpfen ihren Kunden bis 30 DM ab, sogar dann, wenn sie bei der Emission gar nicht zum Zuge gekommen sind.

Die Proteste der Schutzgemeinschaft und anderer Anlegerschützer haben zumindest einige Banken zum Handeln verleitet.Die DG Bank, die noch bis Mitte vergangenen Jahres besondere Kunden besonders bedient hat, legt mittlerweile bei jedem von ihr organisierten Börsengang haarrklein offen, wie die Nachfrage ausgesehen hat und wie die Zuteilung geregelt wurde.Bei der Easy Software AG etwa hatten Mitte April Privatanleger 32,7 Mill.Aktien und institutionelle Anleger 37,2 Mill.Aktien nachgefragt.Allerdings wurden nur 1,18 Mill.Aktien plaziert.Am Ende bekamen die Kleinanleger nur 535 000 Stück, jedes 23.Depot erhielt 100 der begehrten Aktien.Durch diese Erläuterungen herrscht zumindest im Nachhinein Klarheit.Die Deutsche Bank agiert jetzt ähnlich.

Noch besser wäre es allerdings nicht nur nach Ansicht von SdK-Sprecherin Keitel, wenn die Transparenz schon mit der Ankündigung des Börsenganges einsetzen würde: Wieviele Aktien bekommen Freunde und Kunden, wieviele die institutionellen Anleger? Das Zuteilungsverfahren ist jedenfalls so umstritten, daß sich auch das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) in Frankfurt Gedanken macht, gemeinsam mit den Handelsteilnehmern an der Börse.Bislang heißt es nur: "Das Zuteilungsverfahren muß transparent sein".Diese Vorschrift soll jetzt konkretisiert werden.

Klar ist allerdings: Die Praxis der Zuteilung können die Wertpapieraufseher nicht ändern."Grundsätzlich gilt, daß jeder seinen Börsengang gestalten kann, wie er will", heißt es beim BAWe.Freunde und besondere Kunden werden auch in Zukunft bei Emissionen besonders bedient, nur vielleicht ein bißchen transparenter."Die gerechte Lösung finden Sie nicht", räumt auch Heike Sinkel, Sprecherin der BHF-Bank ein.Trotzdem: Mit Fairneß hat die derzeitige Zuteilungspraxis häufig nur wenig zu tun.Ein Gütesiegel des Finanzplatzes Frankfurt ist sie nicht.Im Gegenteil."Wer an die Börse will, soll das breite Publikum ansprechen und nicht nur einige Auserwählte, ", heißt es bei der SdK.

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