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Wirtschaft: Neue Attacke auf die Buchpreisbindung

Österreichischer Konzern beschwert sich in Brüssel BRÜSSEL.Nach der Sitzung der EU-Kulturminister, die sich nachdrücklich für die Beibehaltung der Buchpreisbindung ausgesprochen haben, ist die österreichische Buchhandelskette Libro mehr denn je entschlossen, die festen Ladenpreise auf juristischem Wege zu Fall zu bringen.

Österreichischer Konzern beschwert sich in Brüssel

BRÜSSEL.Nach der Sitzung der EU-Kulturminister, die sich nachdrücklich für die Beibehaltung der Buchpreisbindung ausgesprochen haben, ist die österreichische Buchhandelskette Libro mehr denn je entschlossen, die festen Ladenpreise auf juristischem Wege zu Fall zu bringen."Egal wie die EU-Kommission entscheiden wird ­ wir werden auf alle Fälle gegen die Verletzung des Wettbewerbsrechts gerichtlich vorgehen und die Verlage zur Aufhebung der Buchpreisbindung zwingen," erklärte Andre Rettberg, Vorstandsvorsitzender von Libro. "Der größte österreichische Medienkonzern, der auf dem heimatlichen Markt einen Anteil von 15 Prozent hält, hatte schon vor über einem Jahr bei der EU-Kommission Beschwerde gegen die in Deutschland wie Österreich geltende Buchpreisbindung eingelegt.Die Festlegung der Ladenpreise von Büchern, so argumentiert die stark expandierende Handelskette, verstoße gegen den Artikel 85 des EG-Vertrags, der "wettbewerbshindernde Vereinbarungen und Beschlüsse" in der EU verbietet.Aus den Beweggründen für sein ungewöhnliches Engagement in Brüssel macht Libro-Chef Rettberg kein Geheimnis: Die "Librodisk Handels-AG", die in Österreich mit 220 Filialen, in Deutschland aber nur auf drei Testmärkten in Bayern vertreten ist, will aggressiv auf den deutschen Markt vorstoßen.Um sich dort durchzusetzen, wolle er "alle Möglichkeiten eines offensiven und modernen Marketings einsetzen", sagt Rettberg.Dazu gehöre aber vor allem das "Marketinginstrument Preis". Bisher steht dieser aggressiven Marktstrategie die traditionelle Buchpreisbindung entgegen, die mit wenigen Ausnahmen in fast allen EU-Mitgliedstaaten respektiert wird.Frankreich hat nach einer kurzen Zeit der Preisfreigabe, in der ein rapides Buchhandelssterben einsetzte, die Buchpreisbindung wieder eingeführt.Lediglich Schweden und Großbritannien halten an der Preisliberalisierung fest.Das Ergebnis ist dort in den Augen der europäischen Kulturminister jedoch eher abschreckend: Die weitere Konzentration des Buchandels auf wenige große Anbieter, billigere Bestseller-Lockangebote, aber eher steigende Preise beim weitaus größten Teil der Bücher.Die EU-Kulturminister haben deshalb der Brüsseler Kommission, die über den fairen Wettbewerb in der EU wachen muß, den Auftrag erteilt, eine allseits tolerierbare Ausnahmeregelung zu suchen, die auch den "kulturellen Aspekten" Rechnung trägt, wie das der Maastrichter Vertrag vorschreibt. Die EU-Kommission hat schon in den vergangenen Jahren klargestellt, daß die Buchpreisbindung in den Mitgliedstaaten Angelegenheit der nationalen Gesetzgebung sei und deshalb von Brüssel nicht in Frage gestellt werde.Zur Debatte stehe deshalb lediglich die Preisbindung beim grenzüberschreitenden Handel.Hier neigte der zuständige EU-Wettbewerbskommissar Karel Van Miert bisher jedoch dazu, der Beschwerde stattzugeben und die allgemein geltenden Wettbewerbsregeln durchzusetzen.In Brüssel ist man sich jedoch bewußt, daß die Liberalisierung des grenzüberschreitenden Buchhandels, die das Schlupfloch der sogenannten Reimporte öffnet, auch auf den nationalen Märkten die festen Preise zu Fall bringen würde.Ein Streit zwischen Van Miert und den EU-Kulturministern scheint unvermeidlich zu sein. Als Kompromiß schlug der Libro-Vorstandsvorsitzende jetzt vor, die Preise nach einer gewissen Schonfrist, die sich an der Lizenzerteilung an Buchklubs richten solle, auch für den Buchhandel freizugeben.Bestseller, Schul- und Lehrbücher sollten, so forderte Rettberg, von Anfang an aus der Buchpreisbindung ausgenommen werden."Auch ohne die Aufhebung der Buchpreisbindung wird in den nächsten fünf Jahren eine Marktbereinigung stattfinden", meint der Handelsketten-Chef."Das Sterben der kleinen Buchandlungen ist unvermeidlich".THOMAS GACK

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