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Neue Ausstattung: Neue Zähne für den Leo-Panzer

Vor 30 Jahren wurde der Panzer Leopard 2 in Dienst genommen. Mit neuer Technik soll er auch für den Guerillakrieg gerüstet sein.

Berlin – Ein Zwölfzylinder-Dieselmotor mit 47 Liter Hubraum erzeugt 1500 PS und bewegt: 62 Tonnen Stahl, vier Mann, eine 120-Millimeter-Kanone und zwei Maschinengewehre. Mindestens. Der Leopard 2 ist der Mercedes unter den Panzern, ein Meisterwerk der Ingenieurskunst, der wohl größte Exportschlager der deutschen Rüstungsindustrie – und eine todbringende Waffe. In 30 Jahren hat die Münchner Schmiede Krauss-Maffei Wegmann (KMW) gut 3500 Stück hergestellt, den heute mindestens 15 nationale Armeen von Chile bis Singapur einsetzen. Jetzt arbeitet der Hersteller noch einen Großauftrag aus Griechenland ab. Weitere Bestellungen liegen nicht mehr vor.

Ein friedliebender Mensch wird dieser Kriegsmaschine keine Träne nachweinen. Gleichwohl spiegelt die wirtschaftliche Geschichte dieses Panzers den Wandel in den internationalen Beziehungen. Dass Streitkräfte seit Jahren immer weniger furchteinflößende Riesen mit rasselnden Ketten ordern, dafür um so mehr kleine wendige Radfahrzeuge, ist Folge und empirischer Beleg für die von Konfliktforschern beschriebene Asymmetrie des Krieges: nationale Truppen stehen kaum noch Armeen feindlicher Staaten gegenüber, sondern immer häufiger Guerillakämpfern. Um die zu bekämpfen, müssen Streitkräfte heute eher wie Polizeitruppen kämpfen: Sie sickern mit leichtem Gerät in bewohnte Städte ein, statt eine offene Feldschlacht zu suchen.

Als der Hersteller Krauss-Maffei (dessen Rüstungssparte 1999 mit dem Kasseler Unternehmen Wegmann zu KMW verschmolz) den ersten seriengefertigten Leopard 2 im Oktober 1979 an die Bundeswehr übergab, herrschte Kalter Krieg. Wo sich West und Ost gegenüberstanden, rechneten Militärstrategen mit möglichen Panzerschlachten, vor allem in der norddeutschen Tiefebene. Dafür wurde der Leo 2 entwickelt – aber mehr als 20 Jahre nicht in Kampfhandlungen verwickelt. Das geschah erstmals 2001 in Afghanistan.

„Weitläufige Flächen sind der natürliche Lebensraum des Kampfpanzers. Hier kann er seine überragende Kombination aus Feuerkraft, Schutz und Mobilität optimal ausspielen und das Schlachtfeld dominieren“, heißt es in einer Produktbeschreibung von KMW. „In Ortschaften und Städten fühlt er sich dagegen eher unwohl, hier bekommt er schnell Platzangst.“

Die ungeliebte Rüstungsbranche bedient sich oft der Waidmannssprache, das entspricht der deutschen Militärtradition. Schon im Zweiten Weltkrieg hatten die Fahrzeuge der Wehrmacht Tiernamen, die auf Funktionen und Aussehen schließen ließen: Etwa den Panzerkampfwagen „Tiger“, die Feldhaubitzen „Hummel“ und „Wespe“ und den sehr schwerfälligen Panzerjäger „Elefant“. 1943 erteilte Hitler dem Konstrukteur Ferdinand Porsche den Auftrag zum Bau der „Maus“. Das allerdings war ein Deckname für das Projekt „Mammut“: Mit 188 Tonnen war die „Maus“ drei mal so schwer wie der Leopard 2. Bei Fahrten im Gelände schluckte sie 25 Liter Sprit. Auf 1000 Meter. Zwei Prototypen wurden bei der Firma Alkett in Berlin gebaut. Dann starb die „Maus“ aus.

Heute also steht der Leopard 2 auf der Roten Liste bedrohter Kettenfahrzeuge, daher konzentriert sich der Hersteller auf sein Sortiment leichter Panzer wie den Spürpanzer Fuchs, den Spähpanzer Fennek und die Mehrzweck-Transporter Dingo und Mungo. KMW-Chef Frank Haun sagte vor einem Monat bei der Vorlage des Jahresberichts: „Wir merken bereits, dass Kunden Stückzahlen reduzieren und Entscheidungen in die Länge ziehen.“ Daher werde man die Produktpalette erweitern, auch um die Abhängigkeit vom Leopard 2 weiter zu reduzieren. KMW arbeite derzeit an fünf neuen Fahrzeugkonzepten, sagte er.

Das Geschäft läuft auch ohne Leopard gut: 2008 steigerte die Firma, die zu 51 Prozent in Familienbesitz ist und zu 49 Prozent Siemens gehört, ihren Umsatz um zwölf Prozent auf 1,43 Milliarden Euro. Der Umsatz werde 2009 aber zurückgehen, sagte Haun, weil die Griechen KMW noch 300 Millionen Euro für die schon gelieferten Leoparden schulden.

Der Hersteller gibt den Leo 2 nicht auf, sondern macht ihn nach eigenen Angaben „technisch fit für das 21. Jahrhundert“. Schließlich ist so ein Panzer 30 bis 40 Jahre im Dienst, da muss er für neue Aufgaben umgerüstet werden. Die Antwort lautet: Leopard 2 PSO. Das steht für „Peace Support Operations“, was freundlich klingt, aber bedeutet: KMW motzt Wanne und den Geschützturm des Leoparden auf für die Fahrt durch die Stadtgasse. „Ein potenziell unterlegener Gegner findet hier Deckung und Verstecke und kann gepanzerte Einheiten mit Panzerabwehrhandwaffen auf kurze Distanz angreifen, ohne dass er rechtzeitig entdeckt und bekämpft werden kann“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung.

Dieser neue Leopard erhält also eine ferngesteuerte, horizontal rundum schwenkbare Waffenstation mit integrierten Nachtsichtgeräten, MGs oder einem Granatwerfer, den man auch mit Tränengas laden kann. Dazu einen hydraulischen Räumschild, um Barrikaden wegzuschieben, Wärmebildkameras, eine Lautsprecheranlage und Suchscheinwerfer – alles um Aufstände unter Kontrolle zu bringen. Von 2011 bis 2018 will die Bundeswehr bis zu 200 ihrer 350 Leoparden mit dieser Technik nachrüsten.

1990, als der Kalte Krieg zu Ende ging, hielt sich das deutsche Heer noch sechs mal so viele Leoparden wie heute. Dass der alte Panzer mit neuem Gebiss für den Nahkampf überleben wird, ist aber gut möglich.

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