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Wirtschaft: Neue Beraterverträge bringen Gerster in Bedrängnis

Chef der Bundesagentur für Arbeit hat Aufträge rechtswidrig vergeben – lehnt einen Rücktritt aber weiterhin ab

Berlin (huh/HB/Tsp). Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Florian Gerster, muss um seinen Posten fürchten. Die Innenrevision der BA hat drei neue Beraterverträge entdeckt, die ohne Ausschreibung und damit rechtswidrig vergeben worden sind. Nach Informationen des Handelsblatts handelt es sich um Aufträge an die Firmen Roland Berger und IBM in Millionenhöhe. In Kreisen der rotgrünen Koalition und des Verwaltungsrats der Bundesagentur hieß es, nach diesen neuen Enthüllungen sei Gerster vermutlich nicht mehr zu halten.

Der BA-Chef lehnte einen Rücktritt jedoch ab. „Solange ich das Vertrauen der Bundesregierung habe, bleibe ich an Bord“, sagte Gerster. Zwei der drei Aufträge ohne Ausschreibung gingen an Roland Berger. Der erste wurde am 22. April 2003 vergeben und hat ein Volumen von 625000 Euro, ein Folgeauftrag über 398000 Euro datiert vom 18. Juli. Gegenstand sind Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktinspektion und der Auszahlung des Kindergelds. Der Vertrag mit IBM hat ein Volumen von 640000 Euro und betrifft ein Servicecenter für IT-Leistungen. Alle Aufträge seien von der Fachebene und nicht vom Vorstand vergeben worden, hieß es aus BA-Kreisen. Allerdings sei im Fall Roland Berger nicht auszuschließen, dass die Ausschreibung bewusst umgangen worden sei.

Zuvor hatten Bundesregierung und Arbeitgeber dem umstrittenen Manager noch den Rücken gestärkt. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement sagte am Dienstag in Berlin: „Ich habe nicht die Absicht, über einen Vorstand den Stab zu brechen, der sehr gute Arbeit leistet.“ Es gebe nicht viele Leute, die so gut seien wie Gerster, sagte Clement. Dennoch müssten die Vorwürfe geklärt werden.

Die „Rheinische Post“ hatte in ihrer Dienstagausgabe berichtet, Gerster habe in der Berater-Affäre um die Beratungsfirma WMP nachträglich entlastende Akten anfertigen lassen. Und in der „Bild“-Zeitung hieß es, bei einem überraschenden Kontrollbesuch des BA-Verwaltungsratschefs Peter Clever seien am Montag neue Unregelmäßigkeiten entdeckt worden.

Die BA sei dabei, diese Vorgänge zu klären, sagte Minister Clement. Ein Ergebnis soll nach Angaben der BA Ende der Woche vorliegen. Dann will sich auch Clement dazu äußern. Der BA-Vorstand arbeite unter enormem Zeitdruck, sagte Clement. Unter diesen Umständen seien bei der Vergabe von Beraterverträgen „vermutlich auch Fehler passiert“. Gerster selbst sagte: „Wir sind unverändert überzeugt, dass die Eilbedürftigkeit des damaligen Auftrages an WMP subjektiv begründet war. Nach objektiven Kriterien hätten wir sicherlich damals anders handeln sollen“, erklärte er. „Ich will gerne diese Arbeit fortsetzen, und so lange ich das Vertrauen der Regierung habe, mache ich das auch“, sagte Gerster. Er habe erst am Sonntag mit Clement gesprochen.

Hinter Gerster stellte sich auch die Spitze der Arbeitgeberverbände. Zugleich verlangte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt aber eine schnelle Aufklärung aller Vorwürfe. „Da muss jeder Verdacht einer Beziehungspflege und Unter-der-Hand-Vergabe ausgeschlossen werden“, sagte er in Berlin.

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