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Wirtschaft: Neue Finanzkriese: Tschische Handelsbank CSOB übernimmt IPB

In Tschechien entsteht durch die Blitzübernahme der zahlungsunfähigen tschechischen Investitions- und Postbank IPB durch die Handelsbank CSOB derzeit ein örtlicher Finanzriese mit einer Bilanzsumme von 630 Milliarden Kronen (rund 35 Milliarden Mark). Sowohl die bislang größte, demnächst zu privatisierende Kommerzbank KB als auch die kürzlich von der österreichischen Ersten Bank gekaufte tschechische Sparkasse CS verloren mit einem Schlag ihre bisherige Dominanz auf dem Markt.

In Tschechien entsteht durch die Blitzübernahme der zahlungsunfähigen tschechischen Investitions- und Postbank IPB durch die Handelsbank CSOB derzeit ein örtlicher Finanzriese mit einer Bilanzsumme von 630 Milliarden Kronen (rund 35 Milliarden Mark). Sowohl die bislang größte, demnächst zu privatisierende Kommerzbank KB als auch die kürzlich von der österreichischen Ersten Bank gekaufte tschechische Sparkasse CS verloren mit einem Schlag ihre bisherige Dominanz auf dem Markt. Die Rechnung dafür wird demnächst jedoch dem tschechischen Steuerzahler präsentiert werden, denn die sozialdemokratische Minderheitsregierung verkaufte die von der Zentralbank unter Zwangsverwaltung gestellte IPB an CSOB buchstäblich über Nacht und mit voller Deckung der faulen Kredite. Wie groß diese sein werden, vermag im Moment niemand in Prag zu sagen, denn die IPB war ganz offensichtlich keine gewöhnliche Bank.

Dieses Bankhaus ist mit mindestens einem Drittel, möglicherweise mit der Hälfte der Tschechischen Republik eng verflochten. Ein Aufstieg, wie ihn das Institut hinter sich hat, wäre ohne eine enge Bindung, ja Verfilzung mit Parteien und Wirtschaft kaum möglich gewesen. Finanzminister Mertlik hat den Schaden, der entstanden wäre, wenn die IPB-Bank fallen gelassen worden wäre, auf zwei bis vier Prozent des tschechischen Bruttosozialprodukts geschätzt.

Während die Regierung und der Präsident nun von einem Neubeginn im tschechischen Banksektor sprachen, bezeichnete der frühere tschechische Regierungschef Vaclav Klaus den Blitzverkauf von IPB als "Bankraub" und kündigte eine parlamentarische Untersuchung an.

Die vom Staat eingeleitete Rettungsaktion betraf in der Tat keine faulen Früchte einer verschleppter Privatisierung, sondern zwei bereits private Finanzinstitute. CSOB ist seit einem Jahr im Besitz der belgischen Bank- und Versicherungsgruppe KBC. Der Kauf, bei dem damals die Deutsche Bank als größter Konkurrent leer ausging, galt seinerzeit als Glückstreffer: CSOB konzentrierte sich seit der Wende vornehmlich auf Exportfinanzierungen und beteiligte sich im Inland nur wenig an der Vergabe von Krediten an marode Unternehmen. Die Belgier, die sich ebenfalls in der polnischen Kredyt Bank und in der ungarischen Kereskedelmi es Hitelbank engagieren, besitzen heute mehr als 80 Prozent der CSOB-Aktien. Sie haben angekündigt, dass sie in Tschechien verstärkt ins klassische Bankgeschäft einsteigen wollen. Mit der Übernahme der IPB wurden diese Pläne nun Wirklichkeit, denn IPB hat etwa 3 Millionen Kunden. An der IPB wird KBC allerdings noch zu schlucken haben: Die internationale Ratingagentur Fitch IBCA stufte die KBC-Gruppe wegen der IPB-Übernahme in der Beurteilung von B auf B/C zurück. Andere Agenturen wollen mit einer eventuellen Änderung des Ratings von KBC noch abwarten. In der IPB-Bank wurde 1998 die japanische Gruppe Nomura Secuirities zum Hauptaktionär, nachdem sie 36 Prozent vom tschechischen Staat übernommen hatte. Doch Numura ließ jetzt mitteilen, man habe niemals die Absicht gehabt, die tschechische Bank zu leiten.

Die weitere Stabilität des tschechischen Finanzsektors hängt nun davon ab, ob es gelingt, Korruption und Parteienverfilzung abzuschaffen und endlich eine funktionierende Bankaufsicht zu etablieren. Für dessen Bankensanierung mussten die tschechischen Regierungen im vergangenen Jahrzehnt bereits 250 Milliarden Kronen aus der Staatskasse aufwenden. Das ist fast die Hälfte des diesjährigen Staatshaushaltes.

Die künftigen Kosten für IPB schätzt man in Tschechien auf mehrere Dutzend Milliarden. Damit ist aber für die tschechischen Steuerpflichtigen noch lange nicht Schluss: Die österreichische Erste Bank bestand während ihrer Übernahme der tschechischen Sparkasse auf einer Regierungsgarantie für allenfalls versteckte Verlustposten. Viele Leichen aus der Zeit der Kuponprivatisierung vermutet man auch im Keller von Komercni banka, dem letzten tschechischen Bankhaus mit staatlicher Beteiligung, das demnächst verkauft werden soll. Für die Staatskasse wird diese Transaktion daher sicherlich nicht gewinnbringend. In Prag hofft man heute, zumindest nicht zweimal bezahlen zu müssen.

Ludmila Rakusan

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