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Vier Bertelsmänner und eine Frau. Vorstandschef Thomas Rabe (Mitte) mit Immanuel Hermreck (Personal), Markus Dohle (Penguin Random House), Anke Schaeferkordt (RTL) and Fernando Carro Arvato) am Dienstag in Berlin.

© REUTERS

Neue Geschäfte, höhere Ziele: Bertelsmann stellt sich breiter auf

Der Gütersloher Medienkonzern verdient erstmals mehr als eine Milliarde Euro und will künftig in acht statt fünf Geschäftsfeldern wachsen.

Jeden Tag verkauft der Verlag Penguin Random House zwei Millionen Bücher in mehr als 100 Ländern. Die in Berlin ansässige BMG besitzt oder verwaltet mehr als 2,5 Millionen Songrechte. 105 Milliarden Mal wurden 2015 bei RTL Onlinevideos abgerufen. Die Investment-Sparte ist weltweit an mehr als 100 Start-ups beteiligt. – Der Bertelsmann- Konzern, das zeigen die am Dienstag in Berlin präsentierten Zahlen, hat seine Medienmacht im vergangenen Geschäftsjahr ausgebaut und damit – ohne Firmenverkäufe – so viel Geld verdient wie noch nie: mehr als eine Milliarde Euro.
„2015 war ein sehr gutes Jahr für Bertelsmann“, freute sich Konzernchef Thomas Rabe. Und so soll es weitergehen. „Weder mir noch meinen Kollegen wird in den kommenden Jahren langweilig“, sagte der 50-Jährige, der seit Anfang 2012 an der Bertelsmann-Spitze steht. Die Pflanzen, die man in den vergangenen Jahren gesetzt habe, müssten nun begossen werden. Es blieb das einzig schiefe Bild, das der fünfköpfige Vorstand vom traditionsreichen Bertelsmann-Konzern zeichnete, der auf eine 180-jährige Verlagsgeschichte zurückblicken kann.
In einer breiteren Struktur will das Gütersloher Unternehmen schneller wachsen und digitaler werden. „Das neue Bertelsmann umfasst künftig nicht mehr fünf, sondern acht Unternehmensbereiche“, sagte Rabe. Neben den Medieninhalten, die von RTL, Penguin Random House, Gruner + Jahr sowie BMG stammen, sind dies Dienstleistungen von Arvato und den Druckereien, das Bildungsgeschäft und die neue Sparte Investments.

RTL hat den größten Anteil am Konzerngewinn

Was nach Umbau klingt, ist eigentlich der Abschluss einer jahrelangen Neuorientierung und -organisation. „Die Umsetzung unserer Strategie zeigt Wirkung“, sagte Rabe, dessen Vertrag im Januar um weitere fünf Jahre bis 2021 verlängert wurde. Im vergangenen Jahr sprang der Gewinn um mehr als 90 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um 2,8 Prozent auf 17,1 Milliarden Euro. Den größten Anteil am Ergebnis steuerte die RTL Group mit einem Gewinnzuwachs um 21 Prozent auf 789 Millionen Euro bei. Das Plus fiel auch deswegen so kräftig aus, weil ein Jahr zuvor Sonderbelastungen den Bertelsmann-Gewinn gedrückt hatten. Auch im operativen Geschäft legte das Medienunternehmen deutlich zu: Der Betriebsgewinn kletterte 2015 um 4,7 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro.

Auch in das laufende Jahr blickt Thomas Rabe „mit einiger Zuversicht“. Der Umsatz soll 2016 steigen, die operative Profitabilität hoch bleiben. 2015 kam Bertelsmann auf eine operative Gewinnmarge von 14,5 Prozent. „Darüber hinaus streben wir erneut ein Konzernergebnis von mehr als einer Milliarde Euro an“, sagte der Vorstandsvorsitzende. Rabes langfristiges Ziel: Ein Gewinn von drei Milliarden Euro bei einem Umsatz von 20 Milliarden Euro. „Dann wäre der Konzern dauerhaft finanziell unabhängig“, glaubt der Bertelsmann- Chef. „Das passt zu einem Unternehmen, das sich im Eigentum einer Stiftung und einer Familie befindet.“ Bertelsmann ist nicht börsennotiert, Aktionäre sind die Bertelsmann-Stiftung und die Familie Mohn. Das Unternehmen beschäftigt weltweit etwa 117 000 Mitarbeiter. Zur Jahrtausendwende hatte der Streit zwischen dem früheren Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff und der Familie über einen Börsengang das Unternehmen in Turbulenzen gestürzt.

Neue Geschäfte: Bildung, Start-ups, Finanzdienstleistungen

Seit seinem Amtsantritt treibt Rabe den Umbau voran. Von vielen nicht mehr profitablen Druckgeschäften hat man sich getrennt, ebenso von den traditionsreichen, aber nicht mehr lukrativen Buchclubs. Der Anteil von rückläufigen Geschäften sei von 16 auf fünf zurückgegangen, rechnet Rabe vor. Stattdessen investiert der Konzern in digitale Start-ups weltweit und hat für die etablierten Geschäfte digitale Strategien entwickelt. Mit Investitionen in Online-Hochschulen und E-Learning-Anbietern setzt Bertelsmann zudem auf das wachsende Geschäft mit Online-Kursen und der Weiterbildung im Netz.
„Wir haben eine völlig neue Geisteshaltung in Sachen Digitalisierung entwickelt“, berichtet Rabe. So kaufte Gruner + Jahr Internet-Foren und Webshops. Die Dienstleistungstochter Arvato ist erfolgreich mit Komplettlösungen für Online- Modeshops und digitalen Finanzservices. Doch die Kerngeschäfte – Bücher, Zeitschriften, TV, und Druck – sind weiter Umsatzbringer. Beispiel RTL: Mit einer halben Milliarde machten 2015 die Digitalumsätze dort beispielsweise gerade einmal ein Zwölftel aus. Gruner + Jahr brachte neue Zeitschriften-Titel an den Markt. An 20 Standorten bedruckte Bertelsmann 1,6 Millionen Tonnen Papier.

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