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Kein Währungskrieg! Die Statue der Kriegsgöttin Athene im Zentrum Athens ist eines von vielen Wahreichen der griechischen Hauptstadt.

© dapd

Griechenland: Neue Geschäftsgrundlage

Der Euro und die Aktienkurse steigen, die Ratingagentur Fitch spricht von einem „beschränkten Kreditausfall“ und will Griechenland wie angekündigt nur für kurze Zeit herabstufen.

Aufatmen an den Finanzmärkten: Das in Brüssel verabschiedete Rettungspaket für Griechenland hat Anleger am Freitag an den Aktien- und Devisenmarkt gelockt. Die Nervosität an den Märkten nahm messbar ab, die Investoren zeigten sich wieder risikofreudiger. Der Euro-Kurs stieg auf den höchsten Stand seit zwei Wochen: Die Gemeinschaftswährung legte auf bis zu 1,4423 Dollar zu, tendierte im Verlauf des Handels dann aber wieder etwas niedriger. Der Deutsche Aktienindex stieg zeitweise um knapp ein Prozent bis auf 7351 Punkte. Insbesondere Banken- und Versicherungstitel waren gefragt. Der europäische Bankenindex kletterte ebenfalls. Auch die Anleihen von hoch verschuldeten Ländern der Euro-Zone wurden wieder gekauft. Die Preise für Bonds mit zehnjähriger Laufzeit aus Griechenland, Irland und Portugal legten zu, die Renditen gaben entsprechend nach. Auch die Kosten zur Absicherung von Krediten aus den Schuldenländern gingen zurück. Zugleich wurden die in unsicheren Zeiten gesuchten deutschen Bundesanleihen gemieden.

Ungeachtet aller Bemühungen will die Ratingagentur Fitch griechische Staatsanleihen wie angekündigt für kurze Zeit herabstufen und kurzfristig von einem „beschränkten Kreditausfall“ ausgehen. Fitch begründete den geplanten Schritt mit der in Brüssel beschlossenen Beteiligung privater Gläubiger an der Griechenland-Rettung. Man werde jedoch nach dem Anleihentausch das Rating eines „beschränkten Kreditausfalls“ wieder aufheben und die Bewertung verbessern. Mit der Beteiligung des privaten Sektors sei eine neue Geschäftsgrundlage geschaffen worden, schrieb die Ratingagentur.

„Ich glaube, es ist verkraftbar“, bewertete Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, die Belastungen für die deutschen Banken. „Ich glaube, dass die Krise damit eingedämmt ist“, betonte er. Wichtig sei, dass das Modell auf Griechenland beschränkt bleibe und nicht Blaupause für andere Krisenfälle werde. Auch andere Bankenverbände und die Bundesvereinigung der Arbeitgeber äußerten sich positiv.

Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer hat der Krisengipfel ein größeres Hilfspaket geschnürt als erwartet. „Mit den gestrigen Beschlüssen dürfte die Staatsschuldenkrise zunächst abebben“, schrieb er. Die Gefahr sei aber nicht komplett gebannt, weil der Abbau der Staatsverschuldung in vielen Ländern nicht so schnell vorankomme wie versprochen. Im Gegensatz zu anderen Ökonomen hält Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise einen Erfolg der griechischen Rettungsbemühungen für wahrscheinlich. „Die Reformen werden sich auszahlen“, sagte er. Wenn das Wachstum zurückkomme und die Arbeitslosigkeit sinke, werde sich auch der Blick der Finanzmärkte ändern.

Banken und Versicherungen sehen ihren freiwilligen Beitrag an dem Hilfspaket als Opfer. „Ja, das trifft uns hart“, sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Er hatte als Vorsitzender des internationalen Bankenverbands IIF an dem Treffen in Brüssel teilgenommen. Die Abschreibungen, die die Banken auf griechische Positionen vornehmen, belaufen sich nach seinen Worten auf 21 Prozent. Nach Einschätzung von Bankenprofessor Martin Faust kommt Europas Finanzbranche bei der Rettung Griechenlands mit einem blauen Auge davon. „Bei dem Rettungspaket verzichten die Banken zwar auf Milliarden, aber bei einem Verkauf ihrer Staatsanleihen am Markt hätten sie noch viel mehr verloren“, sagte der Experte der Frankfurt School of Finance & Management.

Dirk Müller-Tronnier, Bankenprüfer bei Ernst & Young, sagte: „Die Beträge sind spürbar, aber sie dürften keine Bank aus der Bahn werfen.“ In Deutschland ist längst ein Großteil der zuletzt fast unverkäuflichen Papiere des Krisenstaates bei den „Bad Banks“ von Hypo Real Estate (7,4 Milliarden Euro griechische Staatsanleihen) und WestLB (1,1 Milliarden Euro) geparkt, für die letztlich der Steuerzahler einsteht. Experten erwarten vor allem bei der Commerzbank Abschreibungen. Die Bank bezifferte ihr Griechenland-Portfolio auf 2,9 Milliarden Euro. Deutsche Banken – inklusive der staatlichen Bad Banks – halten insgesamt rund 16 Milliarden Euro an griechischen Staatspapieren, die Versicherer drei Milliarden Euro. Aus Deutschland unterstützen das Brüsseler Modell neben Deutscher Bank unter anderem auch Commerzbank, Allianz, Münchener Rück und die BayernLB. Laut IIF sollen am Ende 90 Prozent der Investoren mitmachen.

Das Rettungspaket sei keine „Mogelpackung“, sondern ein substanzieller Beitrag, sagte Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding. Er erwarte aber auch keine so große Belastung für den Finanzsektor, „dass dadurch die Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen oder der Barwert der Lebensversicherungen der Bürger substanziell beeinträchtigt“ werde. (mit dpa)

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