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Wirtschaft: Neue Jobs für Nokia-Ingenieure Superbenzin knapp unter Rekordpreis Steuerzahlerbund: Staat soll sich zurückhalten Goldene Zeiten für die Bahnindustrie

RIM eröffnet in Bochum ein Forschungszentrum Hersteller verzeichnen so viele Aufträge wie noch nie – die Zahl der Beschäftigten steigt auf Rekordhöhe

Düsseldorf - Die Kulisse passte zur Botschaft. Hoch oben im 16. Stockwerk des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums mit Blick auf den in der Sonne funkelnden Rhein überbrachte Thorsten Heins, Vizepräsident der kanadischen Firma Research In Motion (RIM), am Mittwoch die gute Aussicht: Der Hersteller des Mini-Computers Blackberry eröffnet ein Forschungszentrum auf dem Gelände der Ruhr-Universität in Bochum. Ab Juli 2008 sollen zunächst zwischen 140 und 180 Mitarbeiter die Arbeit aufnehmen, in den kommenden Jahren rechnet RIM mit bis zu 500 Beschäftigten. Im ersten Jahr will das Unternehmen, das weltweit mehr als 7000 Mitarbeiter beschäftigt, 45 Millionen Dollar (rund 28 Millionen Euro) in Bochum investieren.

Der Großteil der neuen Arbeitsplätze wird mit Ingenieuren des finnischen Handyherstellers Nokia besetzt, die nach der Schließung des Bochumer Werks Ende Juni verfügbar sind. „Etwa 60 bis 70 Prozent unserer neuen Mitarbeiter werden ehemalige Nokia-Leute sein“, sagte Heins. Man sei mittendrin in den Bewerbungsgesprächen.

Das wurde aus Kreisen der Nokia-Belegschaft in Bochum bestätigt. Wie der Tagesspiegel erfuhr, haben sich viele Mitarbeiter bei RIM beworben und auch einige bereits eine Zusage erhalten. Für diese Kollegen sei es wie ein Sechser im Lotto, äußerte sich ein Vertreter des Betriebsrates. Sie gingen direkt aus dem alten in den neuen Job und bekämen dazu noch eine Abfindung.

Damit gibt es zwei Monate vor der Schließung des Nokia-Werks mit 2300 Mitarbeitern eine erste Zusage für Ersatzarbeitsplätze – allerdings nur für gut ausgebildete Ingenieure. Denn RIM plant keine Produktionsstätte. „Was in Bochum entwickelt wird, soll an anderen Orten hergestellt werden“, betonte Heins. Derzeit produziert RIM in Kanada, Mexiko und Ungarn. Laut Heins habe die Entscheidung für Bochum nichts mit Nokia zu tun gehabt. Wichtig seien die Nähe zur Universität und zu den Kunden Vodafone und T-Mobile gewesen. Subventionen erhalte RIM nicht. dcl

Berlin - Das teure Öl hat den Benzinpreis in die Nähe seines historischen Hochs getrieben. Ein Liter Super koste nun im Bundesdurchschnitt 1,446 Euro, zwei Cent mehr als vor einer Woche, teilte der Autoklub ADAC am Mittwoch mit. Diesel liege im Schnitt bei 1,36 Euro, das sind 0,1 Cent mehr als in der Vorwoche. Der Rekord bei Superbenzin datiert vom 9. November 2007 bei 1,456 Euro. Es sei mit einem weiteren Anstieg zu rechnen, prognostizierte der ADAC.

Der Preis für Rohöl war am Dienstag in New York auf bis zu 119,90 Dollar gestiegen – am Mittwoch fiel er wieder unter 118 Dollar. „Das ist allein von den Finanzmärkten getrieben“, sagte Heino Elfert, Herausgeber des Energie-Informationsdienstes EID. Seriöse Prognosen über den weiteren Verlauf seien kaum möglich. Blieben aber Biotreibstoffe angesichts der Lebensmittelnot in der Kritik, „dann werden die Preise weiter angeheizt“.

Der steigende Spritpreis sorgt für höhere Steuereinnahmen. Wer mit dem Auto 20 000 Kilometer im Jahr fährt und acht Liter auf 100 Kilometer verbraucht, zahlt 2008 nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler allein 24 Euro mehr Mehrwertsteuer als im vergangenen Jahr. „Der Staat darf die Mobilität der Bürger nicht durch eine überhöhte Besteuerung einschränken“, sagte dazu Karl Heinz Däke, Präsident des Verbandes, dieser Zeitung. „ Es ist an der Zeit, die im Rahmen der ökologischen Steuerreform vorgenommene Erhöhung der Energiesteuer wieder rückgängig zu machen.“ Dadurch würde ein Liter Benzin etwa 18 Cent pro Liter weniger kosten, sagte Däke. brö

Berlin - Der deutschen Bahnindustrie geht es so gut wie lange nicht mehr. Und sie rechnet mit noch besseren Geschäften in diesem Jahr. „Die Hersteller verfügen über Aufträge im Wert von 10,7 Milliarden Euro, das bedeutet ein neues Allzeithoch“, sagte Friedrich Smaxwil, Präsident des Verbandes der Bahnindustrie (VDB), am Mittwoch in Berlin. „Wir gehen voller Optimismus in die nächsten zwölf Monate.“ Er hoffe vor allem auf Großaufträge der noch immer marktbeherrschenden Deutschen Bahn. Man peile die Schwelle von zehn Milliarden Euro Umsatz als Ziel an.

Die Hersteller von Loks, Zügen, Gleisen und Leittechnik profitieren von der Renaissance der Schiene: Um das Klima zu schützen, bauen viele Städte und Länder ihre Bahnnetze für den Personen- und den Güterverkehr aus. Zudem sorgen die gute Konjunktur und das teure Öl für einen Schub. Das zeigen die Umsatzzahlen der 114 VDB-Firmen für das vergangene Jahr: Sie nahmen 9,6 Milliarden Euro ein, 5,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Dabei hatte das Exportgeschäft ein leichtes Übergewicht. „Das zeigt, dass die deutschen Hersteller weltweit wettbewerbsfähig sind“, sagte Smaxwil, der auch Vorstandsmitglied bei der Siemens-Bahnsparte ist. Die Aufträge aus dem Ausland waren allerdings leicht rückläufig.

Dank der guten Geschäfte schuf die Branche 2500 neue Arbeitsplätze, derzeit arbeiten dort 40 900 Menschen. Hinzu kommen noch etwa 3000 Leiharbeiter. In Berlin und Brandenburg sind die Bahn-Firmen wichtige Arbeitgeber – etwa das Bombardier-Werk in Hennigsdorf oder die Fabrik von Stadler Pankow, in der Nahverkehrszüge entstehen. VDB-Präsident Smaxwil rechnet damit, dass die Firmen weiter Personal einstellen werden. Allerdings fehlten wie überall in der Industrie Fachkräfte – Smaxwil bezifferte die Zahl der offenen Ingenieursstellen auf 1200.

Unzufrieden war Smaxwil dagegen mit den Investitionen des deutschen Staates in den Verkehrsträger Bahn. „Das Neu- und Ausbautempo des Schienennetzes bleibt deutlich hinter dem prognostizierten Verkehrswachstum zurück.“ Die Auslastung der Gleise sei bereits jetzt höher als die der Straße und werde in den kommenden Jahren weiter ansteigen. Nötig seien höhere Investitionen, pro Jahr fehle mindestens eine Milliarde Euro. Allerdings ließen „die aktuellen Diskussionen um den Bundeshaushalt hier nichts Gutes erahnen“, befürchtete Smaxwil. Von der Privatisierung der Deutschen Bahn habe er sich mehr erhofft. Wenn nur 24,9 Prozent der Transportsparte verkauft würden, könne auch weniger Geld in den Ausbau der Infrastruktur fließen. Die SPD hatte sich kürzlich auf diese Obergrenze geeinigt, Details werden im Koalitionsausschuss am kommenden Montag besprochen.

Neben mehr Geld forderte der Verband von der Politik, mehr für die Verlagerung des Personen- und des Güterverkehrs auf die Schiene zu tun. So sollten alle Lastwagen mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht „so schnell wie möglich“ auf Fernstraßen Maut bezahlen, schlug VDB-Hauptgeschäftsführer Ronald Pörner vor. Auf diese Weise ließe sich der Marktanteil der Schiene von derzeit 17,3 Prozent binnen weniger Jahre auf 20 Prozent steigern. Dies sei angesichts der Klimaveränderung auch nötig, befand Pörner. Carsten Brönstrup

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