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© dpa

Neue Regeln: Gegen die Gier

Die Große Koalition will die Gehälter von Vorständen begrenzen und den Aufsichtsräten mehr Macht geben.

Arm dran ist Wendelin Wiedeking wahrlich nicht. Der Porsche- Chef soll 2007 bis zu 60 Millionen Euro verdient haben, für 2008 wird sein Einkommen gar auf 100 Millionen Euro geschätzt. Damit ist er Spitzenverdiener der Nation und stets im Rampenlicht, wenn über die Höhe von Managergehältern gestritten wird.

Weniger emotional als an Stammtischen tut das auch die Große Koalition. Seit vergangenem Sommer beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit dem Thema, vor kurzem stellten deren Vorsitzende Otto Bernhard (CDU) und Joachim Poß (SPD) die Ergebnisse vor, mit denen, so Poß, „falsche Vergütungsanreize korrigiert“ werden sollen. Am 4. März entscheidet darüber der Koalitionsausschuss, noch vor der Bundestagswahl im September will man die ersten Gesetze beschließen.

Optionen. Nach dem Willen der Koalition soll sich ein Managergehalt mehr am langfristigen Erfolg eines Unternehmens orientieren als am Börsenkurs. Das Problem: Häufig erhält ein Top-Manager einen Großteil seines Einkommens durch Aktienoptionen und kann so versucht sein, sein Gehalt kurzfristig in die Höhe zu treiben – etwa durch Stellenstreichungen. Um dies zu erschweren, wird man künftig erst nach vier statt bisher zwei Jahren Optionen in Aktien einlösen können. Über eine Änderung des Aktiengesetzes sind sich die Koalitionäre einig.

Managergehälter. Damit will man auch dafür sorgen, dass der variable Teil der Bezahlung, der häufig über Aktienoptionen erfolgt, zurückgeht. Solche Boni (siehe Kasten) machen in Extremfällen bis zu 90 Prozent der Gesamtvergütung eines Managers aus. Eine feste Vorschrift für die Relation von fixem und variablem Einkommen plant der Gesetzgeber nicht. Auch die Gewerkschaften sehen die Unternehmen selbst in der Verantwortung. „Aufsichtsräte müssen die variablen Teile der Vergütungen begrenzen“, sagte Dietmar Hexel aus dem Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) dem Tagesspiegel. Der variable Betrag dürfe nicht höher sein als das Doppelte des fixen Gehaltes. Eine gesetzliche Obergrenze für Managergehälter befürworten weder die Koalitionsparteien noch der DGB. Hexel schlägt jedoch einen Richtwert vor: „500 000 Euro sind ein Jahresgehalt, das Sorgenfreiheit garantiert.“

Aufsichtsräte. Der Aufsichtsrat soll seiner Funktion besser nachkommen, er soll die Gehälter der Vorstände angemessen festlegen und unabhängig beurteilen. Dafür einigte sich die Arbeitsgruppe auf zwei zentrale Punkte. Zum einen soll das Aktiengesetz künftig vorschreiben, dass der gesamte Aufsichtsrat über die Vorstandsgehälter bestimmt und nicht nur ein dafür zuständiger Ausschuss. Im Moment ist dies dem DGB zufolge überwiegend der Fall. Zudem seien diese Ausschüsse anders als der gesamte Aufsichtsrat oftmals nicht paritätisch auch mit Vertretern der Arbeitnehmerseite besetzt.

Nach einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin, die von der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung gefördert wurde, sind Managergehälter bei Unternehmen mit einem paritätisch besetzten Ausschuss mehr als zehn Prozent niedriger. Auf den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen habe dies keinen Einfluss.

Eine weitere Änderung betrifft den Wechsel zwischen den Gremien. Ein Manager soll in Zukunft erst drei Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Vorstand den Vorsitz des Aufsichtsrates übernehmen dürfen. Bisher empfiehlt der Corporate Governance Kodex lediglich, dass ein solcher Wechsel nicht die Regel sein sollte. Das ist auch die Sichtweise beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). „Eine solche Empfehlung ist ausreichend und geeigneter als ein gesetzlicher Zwang“, sagt der Leiter der BDI-Rechtsabteilung, Heiko Willems. Manchmal könne ein Wechsel in den Aufsichtsrat sinnvoll sein, um Kenntnisse eines Vorstandsmitglieds im Unternehmen zu halten.

Haftung. Außerdem will es die Koalition dem Aufsichtsrat erleichtern, Managergehälter in einer Krise zu senken. Gleichzeitig soll die Haftung für den Aufsichtsrat verschärft werden. Nicht einigen konnte sich die Arbeitsgruppe bei dem Vorhaben, die Zahl der persönlichen Aufsichtsratsmandate zu begrenzen oder Kontrollgremien zu verkleinern.

Eine verbindliche Selbstbeteiligung bei Haftpflichtversicherungen für Manager wird wohl ebenfalls nicht kommen. Solche Versicherungen sind in der Wirtschaft weit verbreitet, um ein Unternehmen vor fahrlässigem Verhalten der Führungskräfte zu schützen. Aber: Die kompletten Beiträge für die Versicherung zahlen in aller Regel die Unternehmen.

Allgemeinwohl. Nach wie vor umstritten ist die Forderung von SPD und Gewerkschaften, die Führung eines Unternehmens gesetzlich auf das Allgemeinwohl zu verpflichten. Die Union stimmte gegen den Vorschlag. Der BDI hält ihn für nicht praktikabel. „Man kann unternehmerische Entscheidungen nicht völlig verrechtlichen“, sagte Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf. DGB- Vorstand Hexel geht es dagegen um ein Zeichen der Politik: „Die Maßstäbe für richtiges Management müssen radikal geändert werden.“

Steuer. Auch bei einem weiteren Schritt konnte sich die SPD nicht durchsetzen. Sie hatte vorgeschlagen, dass Unternehmen Managergehälter nur noch bis zu einer Million Euro vollständig steuerlich absetzen können und alles, was darüber hinausgeht, nur noch zu 50 Prozent. Die Union hat rechtliche Bedenken.

David Lerch

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