zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Neuer Angriff auf die Bewag

BERLIN (hej/jn/sil). Während von der Liberalisierung des Strommarktes bisher vorwiegend Firmenkunden profitiert haben, sollen nun auch Privathaushalte in den Genuß billigeren Stroms kommen.

BERLIN (hej/jn/sil). Während von der Liberalisierung des Strommarktes bisher vorwiegend Firmenkunden profitiert haben, sollen nun auch Privathaushalte in den Genuß billigeren Stroms kommen. Nach der Berliner Ares will jetzt auch der Stromhändler Kawatt Berlinern Strom verkaufen, der deutlich unter den Tarifen der Bewag liegen soll. Im September soll es so weit sein. Noch weigert sich der Berliner Energieversorger, fremden Strom durch sein Netz zu leiten. Ob zu Recht, wird das Bundeskartellamt demnächst entscheiden.Die Kölner Kawatt AG will als erster überregionaler Händler billigeren Strom für Privatkunden liefern. Der Kunde schließt dafür einen Vertrag mit der Kawatt ab, die im Namen der Privatkunden mit den Stromlieferanten über einen neuen Preis verhandelt. "Wir rechnen bundesweit mit einer Preissenkung von rund 15 Prozent für jeden Tarifkunden", sagte der Kawatt-Vorsitzende Robert Kyrion in Berlin. Kyrion will zusammen mit dem Verbrauchermagazin "Guter Rat" einen Strompool initiieren und die Kunden regional bündeln. Flächendeckend werde Kawatt den Strombezug, die Durchleitung und die Abrechnung sicherstellen und vorrangig selbst als Händler auftreten. "Für eine solide Verhandlungsbasis brauchen wir in Berlin und Brandenburg 1000 bis 2000 Anträge", so Kyrion. Komme diese Zahl nicht zusammen, werde trotzdem verhandelt - dann bundesweit. Angebote wie das des Konkurrenten Ares seien hingegen regional begrenzt.Die Berliner Ares Energie AG ist seit 1994 bundesweit am Markt und verspricht ihren Kunden Ersparnisse von bis zu 20 Prozent durch einen Kilowattpreis von 28,5 Pfennig pro Stunde. Zum Vergleich: Die Bewag nimmt 34 Pfennig. Vier Wochen nach Vertragsunterzeichnung erhält der Kunde erstmals Strom zu Ares-Konditionen - und kann den Bezug jederzeit mit einer Frist von einem Monat kündigen. "Die Resonanz ist überwältigend", so Ares-Marketingchefin Oda Dridi-Dörffel, "innerhalb von zwei Wochen haben wir deutschlandweit 5000 neue Kunden gewonnen." Bis zum Jahresende will die Ares AG 100 000 Haushalte zu ihren Kunden zählen. Zielgruppe des Unternehmens sind Privathaushalte und kleinere Gewerbeunternehmen.Mit der Wegert-Gruppe hat Ares in diesem Jahr darüber hinaus einen gewichtigen Vertriebspartner gewonnen: Seit Juni können Kunden in 60 Filialen der Elektronik-Ketten ProMarkt und MakroMarkt Verträge über den Strombezug via Ares unterzeichnen. Für seine Kunden übernimmt der Berliner Strom-Pionier auch die Kündigung beim früheren Versorger. Deshalb steht er derzeit mit 70 Gebietsversorgern in Durchleitungsverhandlungen. "Die Gespräche verlaufen überwiegend positiv", so Dridi-Dörffel.Konkurrent Kawatt geht davon aus, innerhalb von sechs Wochen einen billigeren Anbieter zu finden. Interesse hätten bereits Versorger aus den Niederlanden und Skandinavien signalisiert. In Berlin soll das Angebot des Kölner Brokers im September starten, dann will auch Ares in der Hauptstadt Billigstrom vertreiben.Bisher gehen die Berliner Kunden noch leer aus. Denn der Berliner Energieversorger Bewag weigert sich mit Verweis auf seine angeblich unzureichenden Leitungskapazitäten, günstigeren Strom seiner Wettbewerber durchzuleiten. Ob sich die Bewag noch lange auf diese Position zurückziehen kann, ist fraglich. Denn wegen ihrer Weigerung, ihre Netze für die Konkurrenz zu öffnen, hat das Bundeskartellamt die Bewag bereits abgemahnt. Eine endgültige Entscheidung steht bevor. Sollte die Wettbewerbsbehörde die Bewag zur Durchleitung zwingen, soll dieser Spruch unmittelbare Wirkung entfalten. Um Verzögerungen durch jahrelange gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, will das Amt die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung anordnen, betonte Kartellamts-Sprecher Sacksofsky am Mittwoch.Widerstände gibt auch in den neuen Bundesländern. Dort berufen sich die Stromversorger auf das Braunkohleverstromungsgesetz. Zwar hat sich der sächsische Wirtschaftsminister Kajo Schommer bereits auf die Seite der Strompool-Initiatoren geschlagen, doch vor einer Durchleitung hat vor allem die Veag noch ein Wörtchen mitzureden. "Im Zweifelsfall werden wir prozessieren", sagt Kawatt-Chef Kyrion. Um die Position der Händler und Broker zu stärken, haben sich in der vergangenen Woche fünf Gründungsmitglieder zum Verband der Energie-Händler und -Broker zusammengeschlossen (VEHB).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false