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Wirtschaft: Neuer Markt: Die Nerven liegen blank

Die Kurse an den europäischen Börsen sind am Donnerstag zunächst deutlich eingebrochen. Ursache waren zwei Gewinnwarnungen von Unternehmen aus dem Hochtechnologiebereich.

Die Kurse an den europäischen Börsen sind am Donnerstag zunächst deutlich eingebrochen. Ursache waren zwei Gewinnwarnungen von Unternehmen aus dem Hochtechnologiebereich. Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank, die Zinsen unverändert zu lassen, hatten hingegen keinen Einfluss. Erst im Tagesverlauf setzte sich bei den Standortwerten wieder eine positive Grundstimmung durch.

Deutlich gedrückt blieben die Technologietitel. Das Kursbarometer für den Neuen Markt, der Nemax 50, notierte gegen 17 Uhr bei 1288 Punkten und damit 4,7 Prozent unter dem Vortagsstand. Der Dax, der die 30 wichtigsten deutschen Titel widerspiegelt, lag mit 6006 Zählern hingegen nur noch 0,2Prozent im Minus.

Zunächst sah es nach einem Gemetzel insbesondere unter den Technologiewerten aus. Nachdem am späten Mittwochabend der britische Telekom-Ausrüster Marconi gewarnt hatte, sein Gewinn werde sich halbieren, brach auch der Aktienkurs um rund die Hälfte ein. Die zweite Warnung kam von dem niederländischen Halbleiterhersteller ASM Lithography. Beide Meldungen wurden begierig am Neuen Markt in Frankfurt (Main) aufgenommen. Der Nemax 50 fiel zunächst unter die 1300-Punkte-Marke und zwischenzeitlich sogar um gut fünf Prozent. Ein neues Jahrestief verzeichnete der im Januar 1998 auf Basis von 1000 Punkten eingeführte Nemax-All-Share, der zwischenzeitlich rund drei Prozent auf 1379 Punkte verlor.

Nach Einschätzung von Michael Busse, Analyst bei Helaba Trust Investment Consulting, waren die vor einiger Zeit aufgekommenen Hoffnungen auf eine Branchen-Erholung und die damit verbundenen Kurssteigerungen an der Börse verfrüht. "Es gab im April erstmals diese Hoffnung, dass im dritten oder Anfang des vierten Quartals eine Erholung eintritt, doch davon ist im Moment noch nichts zu sehen", sagte Busse. Indikatoren für diesen Sektor würden derzeit noch nicht ins Positive drehen. "Das wurde leider von den entsprechenden Nachrichten untermauert und sobald die Marktteilnehmer erkannt haben, dass das Szenario nicht aufrecht zu erhalten ist, gehen die Kurse runter." Jörg Pluta, einer der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) erklärte: "Am Neuen Markt herrscht die absolute Verzweiflung - sowohl seitens der Anleger als auch der Marktteilnehmer".

Auswirkungen hatte dies zunächst auch auf die Standardwerte. Am deutschen Markt drückten die Technologiewerte den Dax gegen Mittag um 0,7 Prozent auf 5973 Punkte und damit unter die psychologisch wichtige Marke von 6000 Zählern. Im Dax verbuchten die Aktien von Infineon Abschläge von zwischenzeitlich rund fünf Prozent. Epcos fielen um mehr als 4,5 Prozent auf unter 60 Euro. Die Aktien von Siemens büßten bis 17 Uhr 3,9 Prozent auf 68,50 Euro ein.

Auch die anderen europäischen Börsen wurden in Mitleidenschaft gezogen. Der Dow-Jones-Stoxx-Index für europäische Technologiewerte verlor um mehr als sechs Prozent. In London verbuchte der FTSE-Index ein Minus von 1,3 Prozent, in Amsterdam gab der AEX um 1,2 Prozent nach.

Die Europäische Zentralbank ließ ihre Zinsen hingegen erwartungsgemäß unverändert. Der europäische Leitzins liegt damit weiterhin bei 4,5 Prozent. Schon zu Beginn der Woche hatte EZB-Präsident Wim Duisenberg signalisiert, dass die EZB nicht auf die Konjunkturabkühlung reagieren werde. Für die Währungshüter steht die Inflationsbekämpfung derzeit an erster Stelle. Für die nächsten Monate erwartet die Europäische Zentralbank allerdings wieder rückläufige Teuerungsraten. Deshalb rechnen die meisten Großbanken erst für Anfang August mit einer Senkung der Leitzinsen im Euroraum.

Still verhielt sich auch die Bank von England. Sie hat den Leitzins am Donnerstag unverändert bei 5,25 Prozent gelassen. Dies teilte der währungspolitische Ausschuss der Bank nach einer zweitägigen Sitzung in London mit. Die Entscheidung war in der City erwartet worden, nachdem die Bank in diesem Jahr bereits drei Mal den Leitzinssatz gesenkt und damit auf die weltweite Abkühlung der Konjunktur reagiert hatte.

Dem Euro tat diese Nicht-Entscheidung nicht gut. Er sackte zeitweise auf ein neues Sieben-Monatstief von knapp unter 84 Cent, erholte sich aber schnell wieder. Der Referenzkurs wurde mit 84,22 Cent festgesetzt, nach 84,53 Cent am Vortag. Unterstützung fand die europäische Gemeinschaftswährung durch die Meldung, dass die Auftragseingänge in Deutschland deutlich gestiegen seien.

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