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Wirtschaft: Neuer Rückschlag für Schering

Studienergebnisse für neues Krebsmittel enttäuschen – der Konzern erwägt jetzt einen Strategiewechsel

Berlin - Neue Studienergebnisse haben frühere schlechte Prognosen für Scherings Krebsmittel PTK/ZK bestätigt. Nach dem erneuten Rückschlag will das Berliner Pharmaunternehmen seine Zulassungsstrategie für das Mittel nun „neu bewerten“, wie das Unternehmen am Donnerstag bekannt gab. „Auf Basis dieser Erkenntnisse werden wir unsere Entwicklungsstrategie für PTK/ZK überdenken und das Potenzial von PTK/ZK weiter untersuchen“, sagte Forschungsvorstand Marc Rubin. Analysten befürchten, dass das Medikament, das lange als größter Hoffnungsträger des Konzerns galt, überhaupt nicht mehr auf den Markt kommen könnte.Der Kurs der Schering- Aktie gab am Donnerstag um mehr als zwei Prozent auf 52,00 Euro nach und gehörte damit in einem freundlichen Gesamtmarkt zu den schwächsten Werten im Dax.

Derartig schlechte Nachrichten aus der Forschungspipeline eines Pharmaunternehmens werden an der Börse normalerweise noch schlimmer abgestraft. Der Kurs brach nur deshalb nicht stärker ein, weil Schering bereits im März negative Studienergebnisse bei dem Krebsmittel PTK/ZK berichtet hatte. Die Studien hatten ergeben, dass sich bei Darmkrebspatienten, die das Mittel in Kombination mit üblichen Chemotherapiemitteln erhielten, das Risiko für ein Fortschreiten der Krankheit kaum verringert. Daraufhin verschob Schering die Einreichung der Zulassung für das gemeinsam mit Novartis entwickelte Mittel auf 2007. Ursprünglich sollte die Zulassung Ende 2005 oder Anfang 2006 beantragt werden. Für die Börse war das ein Schock: Der Kurs der Schering-Aktie brach um mehr als 15 Prozent ein. Die meisten Analysten haben schon damals ihre Erwartungen an das neue Mittel, das das Tumorwachstum und die Metastasenbildung hemmen und den Patienten dadurch längere Überlebenschancen ermöglichen soll, deutlich zurückgeschraubt.

„Die neuen Nachrichten bestätigen nur die negativen Einschätzungen vom März“, sagte Matthias Engelmayer, Pharmaanalyst von Independent Research, dem Tagesspiegel. „Die Euphorie, die man gehabt hat, ist verflogen.“ Schering werde sich von der Vorstellung verabschieden müssen, mit dem Krebsmittel Blockbusterstatus zu erreichen, also weltweit mehr als eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr zu erzielen. „Alles, was jetzt noch kommt, würde positiv überraschen“, sagte er.

Nach Angaben von Schering hat das Mittel PTK/ZK bei Patienten mit fortgeschrittenem Dickdarmkrebs nur einen geringen Überlebensvorteil gezeigt. Das habe eine Zwischenanalyse der klinischen Studie („Confirm 2“) ergeben. Die Daten sollen auf einem medizinischen Fachkongress vorgestellt werden, teilte das Unternehmen mit. Die Studie würden aber dennoch wie geplant fortgesetzt, sagte Schering-Sprecher Oliver Renner. Die Ergebnisse kündigte er für die zweite Jahreshälfte 2006 an.

Beobachter räumen dem Mittel aber keine großen Chancen mehr ein. „Das ist wahrscheinlich das Ende von PTK/ZK“, sagte Pharmaanalyst Alexander Groschke von der Landesbank Rheinland-Pfalz. Das Marktpotenzial sei annähernd null, wenn kein Vorteil durch das Medikament gezeigt werden könne.

Scherings Krebsmittel müsste sich auf dem Arzneimittelmarkt gegen starke Konkurrenz behaupten: Roche und Genentech haben mit Avastin ein lukratives Mittel im Angebot, Merck will die Zulassung für Erbitux Ende 2005 beantragen.

Wenn Scherings Kandidat überhaupt auf den Markt komme, dann nur in sehr eingeschränkter Anwendung, sagte ein Frankfurter Analyst. PTK/ZK wird neben der Anwendung auf Dickdarmkrebs auch auf die Behandlung von Lungenkrebs und Hirntumoren getestet. Sollte das Mittel floppen, hat Schering ein Problem, weil der Konzern für die Zukunft neue, umsatzstarke Medikamente braucht.

Schering-Sprecher Renner sagte, es sei noch zu früh, endgültige Aussagen über das Medikament zu machen. Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens werde der erneute Rückschlag bei dem Krebsmittel nicht haben. „Für das geplante Wachstum 2005 und 2006, aber auch für die Zeit danach ändert sich nichts“, sagte er.

Maren Peters

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