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Mit Turbinen des britischen Motorenherstellers Rolls-Royce soll ab 2017 der Airbus A350-1000 angetrieben werden.

© promo

Neuer Schub: Rolls-Royce baut Standort Dahlewitz aus

Rolls-Royce testet in Brandenburg bald auch große Triebwerke. Ministerpräsident Woidke lobt die Entwicklung des Standorts. Dabei macht die aktuelle Wirtschaftslage den Briten zu schaffen.

Dahlewitz steigt auf. Ab Anfang kommenden Jahres testet Rolls-Royce an seinem brandenburgischen Standort die Triebwerke des neuen Airbus A350-1000. Im Konzern ist der am Donnerstag eröffnete Teststand der derzeit modernste. Und durch die Investition von 90 Millionen Euro – die größte dort seit 15 Jahren – rückt Dahlewitz in der Hierarchie des Unternehmens vor.

Karsten Mühlenfeld, Deutschland-Geschäftsführer Engineering, sprach von einem „Meilenstein in der Weiterentwicklung unseres Brandenburger Standortes“. Bisher galt Dahlewitz als Kompetenzzentrum für kleinere Antriebe, überwiegend von Geschäftsreiseflugzeugen. Seit einigen Jahren kommt auch die Hälfte aller V2500-Triebwerke für die Airbus-A320-Familie von dort. 2014 werde die Produktion in etwa auf dem Vorjahresniveau liegen, wo 666 Triebwerke ausgeliefert wurden, sagte Mühlenfeld.

Die Kraft von 950 Autos

Für den neuen, dritten Prüfstand wurden eine Million Kilogramm Armierungsstahl und 1330 Kubikmeter Beton verbaut. Mit ihm können in Dahlewitz jetzt erstmals auch Großtriebwerke mit einer bis zu viermal größeren Schubleistung von maximal 1470 Newton getestet werden. Beim Trent XWB-97K für den 2017 erscheinenden neuen Langstrecken-Airbus muss die Anlage dabei einer Belastung standhalten, die der Kraft von 950 Mittelklasseautos entspricht.

In bis zu 2000 Testlaufstunden muss ein einzelnes Triebwerk seine Zuverlässigkeit unter Beweis stellen. Bis zu 2000 Parameter können dabei gleichzeitig erfasst werden. Absorber reduzieren den Lärm, der außerhalb des Gebäudes leiser ist als die Fahrzeuggeräusche von der benachbarten Autobahn.

Dahlewitz-Ausbau als Zeichen des Vertrauens

Rund 2300 der 3500 Mitarbeiter von Rolls-Royce Deutschland sind in Dahlewitz beschäftigt. 2013 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 1,76 Milliarden Euro. Kürzlich hatten die Briten allerdings eine Gewinnwarnung herausgegeben und angekündigt, in den kommenden anderthalb Jahren 2600 Stellen abbauen zu wollen. Für die schwächer erwarteten Erträge machen sie die Russland-Sanktionen der EU im Zuge der Ukraine-Krise verantwortlich.

Am Donnerstag betonte Mühlenfeld aber, der kontinuierliche Ausbau des Standortes Dahlewitz sei ein Zeichen des Vertrauens in die Fähigkeiten der deutschen Ingenieure. Dank der BTU Cottbus, der TU Berlin und der vielen Fachhochschulen bekomme man mehr fähige Mitarbeiter direkt aus der Region. Zugleich greife der Konzern auf sein internationales Netzwerk zurück – in Dahlewitz arbeiten Menschen aus 50 Ländern.

Neues Gebäude für 400 Mitarbeiter entsteht

Mühlenfeld betonte die Bedeutung der Forschung und Entwicklung und deren Förderung durch Bund und Land. Deutschland sei auf diesem Gebiet führend, andere Länder wie Frankreich und Großbritannien würden jetzt versuchen, entsprechende Förderprogramme zu kopieren. „Das, was heute angestoßen wird, kommt erst in zehn Jahren in die Anwendertriebwerke.“

So baut man weiter in Dahlewitz. Derzeit entsteht ein neues Gebäude für 400 Mitarbeiter, die ihre Büros bisher in Containern haben. Und 2016 wird ein neuer Prüfstand für Reduktionshauptgetriebe künftiger Triebwerksgenerationen in Betrieb gehen.

„Wir investieren gerne in Deutschland“, sagte der Präsident von Rolls- Royce Aerospace, Tony Wood, und würdigte die gute Zusammenarbeit mit den Behörden. In keinem anderen Land außer in seiner britischen Heimat beschäftige man mehr Mitarbeiter. Mit dem Erwerb der jetzt als Rolls-Royce Power Systems firmierenden Firma Tognum in Friedrichshafen habe der Konzern in diesem Jahr eine der größten Investitionen seiner Geschichte getätigt.

In Brandenburg arbeiten 17.000 Menschen in der Luftfahrt

Seit 1993 hat Rolls-Royce den damals noch gemeinsam mit BMW gegründeten Standort kontinuierlich ausgebaut. „Vor 25 Jahren war das hier noch eine Weide, auf der Kühe und andere Nutztiere unterwegs waren“, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Zu einem Zeitpunkt, als nach der Vereinigung im Osten Deutschlands viele industrielle Arbeitsplätze wegbrachen, sei die Entscheidung für Dahlewitz „alles andere als eine Selbstverständlichkeit“ gewesen und habe ein „weltweites Signal“ gesetzt. Rolls-Royce sei auch der Grundstein gewesen für die Entstehung der brandenburgischen Luft- und Raumfahrtindustrie, die heute rund 17.000 Menschen Lohn und Arbeit in hoch qualifizierten Tätigkeiten biete.

Dahlewitz sei ein Aushängeschild auch für den Standort Deutschland, betonte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium und Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer, Iris Gleicke. Sie sprach von einer „deutsch-britischen Erfolgsgeschichte“, Rolls-Royce habe 25 Jahre nach dem Mauerfall im Osten Deutschlands „tiefe und starke Wurzeln geschlagen“.

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