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Wirtschaft: Neuer Streit um den Stabilitätspakt

Berlin (asi). Beim Treffen der EU-Finanzminister am heutigen Freitag in Brüssel wird es zu Auseinandersetzungen über den Stabilitätspakt der Union kommen.

Berlin (asi). Beim Treffen der EU-Finanzminister am heutigen Freitag in Brüssel wird es zu Auseinandersetzungen über den Stabilitätspakt der Union kommen. Hintergrund dafür sind die drohende Verschuldung einzelner Mitgliedsländer und umstrittene Reformvorschläge der EU-Kommission. Im Berliner Finanzministerium hieß es, eine Aufweichung der Stabilitätsvereinbarung werde es mit Deutschland nicht geben. „Da sind wir päpstlicher als der Papst.“

Vor allem das hohe Etatdefizit Portugals im vergangenen Jahr und die Ankündigung Italiens, den Staatshaushalt ein Jahr später als ursprünglich geplant nahezu auszugleichen, soll nach Informationen aus Kommissionskreisen beim Treffen der Finanz-Staatssekretäre der Euro-Gruppe zur Sprache kommen. Die Euro-Gruppe trifft sich bereits am Vorabend des Ecofinrates. Erwartet wird, dass sich Länder wie die Niederlande und Österreich für ein so genanntes „early warning“ für Portugal stark machen werden. Dies vor allem, weil sich herausgestellt hat, dass Portugal die Defizitgrenzen 2001 nicht einhalten konnte und womöglich dennoch keine Bußgeldzahlungen oder sonstige Rügen von der EU-Kommission zu erwarten hat. Denn dies ist voraussichtlich rückwirkend gar nicht möglich.

Klare Signale gefordert

Man erwarte „klare Signale“ von der Kommission, hieß es auch im Berliner Finanzministerium, das im Frühjahr gemeinsam mit Portugal einen so genannten „blauen Brief“ abwehren konnte. Dass die tatsächliche Haushaltslage in Portugal im vergangenen Jahr zu keinen Reaktionen der Kommission geführt und Italien seine Sanierungsziele gerade verschoben hat, veranlasste Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) bereits in der vergangenen Woche dazu, in Berlin vor „Aufweichungstendenzen des Stabilitätspaktes“ zu warnen. Ein allzu bestimmtes Auftreten der Deutschen in Brüssel wird für Freitag allerdings nicht erwartet.

Der Grund: Nur mit massivem diplomatischen Einsatz konnte Deutschland im Frühjahr den „blauen Brief“ für sich selbst und damit mittelbar auch für Portugal verhindern. Dass sich die Verschuldungssituation der Portugiesen seit dem dramatisch verändert hat, bringt die Deutschen in eine Zwickmühle. Denn hätte Deutschland im Frühjahr den „blauen Brief“ hingenommen, wäre auch Portugal an der Warnung nicht vorbeigekommen.

Politisch brisant in diesem Zusammenhang wird die Diskussion der Finanzminister über einen eher technischen Sachverhalt: Die geplante Veränderung des Berechnungsmodus für das strukturelle Haushaltsdefizit.

Ursprünglich hatte die Kommission neben der gängigen „Zeitreihenanalyse“ die so genannte Produktionsfunktionsmethode einführen wollen. Nun sollen die EU-Mitglieder allerdings über die völlige Ablösung der althergebrachten Zeitreihenanalyse beschließen. Weil das Deutsche Finanzministerium die neue Berechnungsmethode jedoch für manipulierbar hält, werde Deutschland zu Protokoll geben, dass es in Zukunft beide Berechnungsmethoden anwenden wird, hieß es im Finanzministerium. Gerade im Hinblick auf das portugiesische Defizit im vergangenen Jahr wolle man für eine Verbesserung der Mechanismen bei der Defizitberechnung und auch bei der Einhaltung der Kriterien des Stabilitätspaktes eintreten.

Zu Kontroversen in der Euro-Gruppe wird es auch wegen der geplanten Zentralisierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Union kommen. Dies ist ein Anliegen von EU-Währungskommissar Pedro Solbes, das in mehreren Staaten der Europäischen Union kritisiert wird.

Konkret geht es darum, dass Solbes bei nationalen Entscheidungen mehr Mitspracherecht für Brüssel erreichen möchte, um einen größeren Grad der Harmonisierung in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen zu erreichen. „Grundsätzlich“ stehe auch Deutschland zu einer größeren Harmonisierung, hieß es dazu. Dazu gehörten Standardisierungen oder rascherer Informationsaustausch in Defizitfragen.

Eingriffe der EU-Kommission, etwa in die Strukturierung der Haushalte, werde man hingegen zurückweisen. „Die nationale Souveränität muss erhalten bleiben".

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